ADB:Joseph Philipp Graf Spaur

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Artikel „Joseph Philipp Graf Spaur“ von Franz Ilwof in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 35 (1893), S. 72–73, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Joseph_Philipp_Graf_Spaur&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 21:16 Uhr UTC)
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Spaur: Joseph Philipp Graf S. in Pflaum und Valoer, Fürstbischof von Seckau in Steiermark und von Brixen in Tirol, aus dem schon im 12. Jahrhundert nachweisbaren tirolischen Adelsgeschlechte S. stammend, geboren am 23. September 1718 in Innsbruck, war der Sohn des Statthalters von Tirol Grafen Johann Franz Wilhelm und der Anna Maximiliane, geborenen Gräfin von Trapp; sein älterer Bruder war der Reichskammerrichter Graf Franz S.

Graf Joseph S. wendete sich den theologischen Studien zu, wurde Priester und durchmaß in der Hierarchie der katholischen Kirche eine glänzende Laufbahn. Er wurde 1749 Capitular von Salzburg und Brixen, am 1. Januar 1755 Consistorialpräsident, am 8. October 1763 Fürstbischof von Seckau und erhielt am 1. December 1763 Würde und Titel eines salzburgischen Geheimrathes. Fünfzehn Jahre lang verwaltete er die Diöcese Seckau; mit tiefer Trauer sahen ihn die Bewohner derselben scheiden, als er 1778 zum Fürstbischof von Brixen ernannt wurde, welche Stelle er wohl nur deshalb annahm, weil er dadurch nach Tirol, seiner Heimath, zurückkehren konnte. Dort in Brixen war es, wo S. im Jahre 1782 in seiner fürstlichen Residenz den Papst Pius VI. auf der Rückreise von Wien mit hohen Ehren empfing und auf das festlichste beherbergte. S. bekleidete auch die Stelle eines Vicarius generalis für Ober- und Untersteiermark und für den Wiener-Neustädter District, eines Propstes von Ehrenburg im Pusterthale, eines Kanzlers der Universität in Graz und eines Präses der k. k. Studiencommission.

Mit seinen kirchlichen Anschauungen stand er ganz auf dem Standpunkte jener Reformthätigkeit, von welchem schon Maria Theresia, namentlich aber Kaiser Joseph II. zur Regelung des Verhältnisses zwischen Staat und Kirche ausgegangen waren. Er war Josephiner durch und durch. Ein Beweis dafür liegt schon in dem Umstande, daß der entschiedene Josephiner und aufgeklärte Kirchenrechtslehrer Franz Xaver Gmeiner ihm drei Bände seiner „Institutiones juris ecclesiastici“ gewidmet hatte. Ein Zeitgenosse (Oesterreichische Biedermannschronik I., 226) charakterisirt ihn in folgender Weise: „Ein gutgesinnter eifriger [73] Oberhirt, der keineswegs zu den Anhängern der römischen Hofpartei gehört, der von der Wahrheit gänzlich überzeugt ist: daß der Staat nicht in der Kirche, sondern die Kirche im Staat ist, daß man dem Kaiser geben müsse, was des Kaisers ist und Gott was Gottes ist.“ - Daher war man bei der päpstlichen Curie in Rom mit ihm äußerst unzufrieden. „Als auf Josephs Befehl die Bulle Unigenitus im Jahre 1781 verboten wurde, schärfte dieser würdige Bischof seiner Geistlichkeit in einem Circularschreiben den strengsten Gehorsam und die pünktlichste Befolgung dieser Verordnung ein. Darauf erhielt er eine päpstliche Zuschrift, worin begehrt wurde, dieses Circular zu vertilgen, weil er sonst vor das Gericht des apostolischen Stuhles gezogen und schärfer geahndet werden würde.“ S. antwortete hierauf dem Papste, daß er mit Rücksicht auf seine Würde, seine Pflicht gegen den Monarchen, sowie nach seinen Grundsätzen und nach der Beschaffenheit der Sache diesem Befehle nicht nachkommen könne. Und von da an blieb er von Rom aus unbehelligt. – Wenn S. noch im Jahre 1782 dem Kloster Seefeld in Tirol das jus exorcizandi verlieh, also zu einer Zeit, zu welcher bereits in Deutschland Geisterbeschwörungen und Gespensterjagden von der hohen Geistlichkeit bei Strafe des Kerkers verboten waren, so ist das wohl nicht als ein Abfall von seinen aufgeklärten Gesinnungen, sondern höchstens als eine Concession an die in Tirol damals noch herrschenden Anschauungen zu betrachten.

S. war ein großer Freund der Wissenschaften, hochgebildet und ein eifriger Förderer von Bildung und Unterricht; er war selbst litterarisch thätig, indem er eine theologische Erbauungsschrift („Abhandlung von der Liebe Gottes und von dem christlichen Gebete.“ Salzburg 1766) aus dem Französischen ins Deutsche und Bossuet’s „Exposition de la doctrine de l’église catholique sur les matières de controverse“ ins Lateinische übersetzte. Er unterstützte die von Foginio in Rom veranstaltete Herausgabe der Werke des S. Agostino de Gratia durch ansehnliche Geldmittel und hinterließ eine große Bibliothek, in welcher man von ihm angefertigte Uebersetzungen mehrerer französischer theologischer Werke fand. Außerordentlich groß war sein Wohlthätigkeitssinn; als Fürstbischof von Seckau spendete er dem ihm unterthänigen Markte Leibnitz, oberhalb dessen sich das fürstbischöfliche Schloß Seckau erhebt, ein Stiftungscapital, mit dessen Zinsen für immerwährende Zeiten drei arme Bürger des genannten Marktes zu betheilen sind; dem Priesterhause in Graz schenkte er 10000 Gulden; zur Erbauung des Vicariatshauses zu Wald in Obersteiermark widmete er 1000 Gulden; 8000 Gulden verwendete er zur besseren Subsistenz der Seelsorger in den Pfarreien Preding, Hitzendorf und Mooskirchen südlich und westlich von Graz und endlich bestimmte er testamentarisch, daß sein ganzes Vermögen, welches er sich im Bisthume Seckau gesammelt habe, diesem und zwar zur besseren Dotation des Priesterhauses in Graz und armer Pfründen in Steiermark zufallen solle. Fürstbischof Graf S. starb zu Brixen am 26. Mai 1791 im Alter von 73 Jahren.

(De Luca), Das gelehrte Oesterreich. I. Band, 2. Stück S. 182. (Wien 1778). – Oesterreichische Biedermannschronik. (Freiheitsburg 1784) S. 226–227. – Katholischer Phantasten- und Prediger-Almanach auf das Jahr 1784. (Rom, Madrid und Lissabon) S. 79. – Leardi, Reihe aller bisherigen Erzbischöfe zu Salzburg, wie auch der Bischöfe zu Gurk, Seckau, Lavant und Leoben. Grätz 1818 S. 119. – Wurzbach, Biographisches Lexikon. (Wien 1877) XXXVI, 108–110. – Schmutz, historisch-topographisches Lexikon der Steiermark (Graz 1822) III, 575.