ADB:Käpler, Wilhelm Heinrich
Melchior Christians, ebenfalls Forstmann, geb. 1740 zu Ostheim v. d. Rhön, † am 11. Januar 1805 ebendaselbst. Nachdem er den ersten Schulunterricht genossen hatte, wurde er von seinem Vater im praktischen Forstwesen herangebildet und in die Mysterien der Jagdkunst eingeweiht. Hierauf bereiste er, behufs weiterer praktischer Ausbildung und Erweiterung seiner Kenntnisse, im 18. Lebensjahre die Forsten Thüringens, den Westerwald, Würtemberg, die Schweiz, den Elsaß und andere forstlich interessante Gegenden. Von einer guten Grundlage unterstützt und mit einem hellen Verstande ausgestattet, gewann er durch diese Reisen und den Aufenthalt in einigen wegen ihrer kostbaren Jagden damals berühmten Residenzen an Wissen und Erfahrung, wie er in seinem späteren Wirkungskreis bethätigte. 1764 wurde er vom Herzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach seinem Vater als Assistent beigegeben und ihm die Nachfolge im Dienste zugesichert. 1769 wurde er Oberförster, 1779 Wildmeister in Ostheim (entweder neben oder unter seinem Vater), 1804 sogar Forstmeister. Er trat in Bezug auf Wirthschaft und Schriftstellerei ganz in die Fußtapfen seines um die dortigen Waldungen verdienten Vaters. Eifrig und unermüdlich im Dienste, war sein Streben unablässig auf Verbesserung des Zustandes der ihm anvertrauten Forsten gerichtet. Wie sehr der Herzog dies anerkannte, davon geben wiederholte Gehaltszulagen und Belobungsschreiben Zeugniß. K. machte sogar schon allerlei Versuche im Forstculturwesen. Er legte eine Plantage mit exotischen Hölzern an, beschäftigte sich namentlich mit dem Anbau der damals so hoch gepriesenen Akazie, säete und pflanzte neben vielen einheimischen Holzgewächsen auch Lärchen, kurz er ließ fast nichts unversucht, was in das Gebiet der Holzzucht einschlägt. Auch er war, wie sein Vater, ein Anhänger des Ueberhaltens von Laßreisern (36–40 Stück pro Acker) in den Laubholzschlägen und ein energischer Vertheidiger des Safthiebes im Niederwald. Um dessen Zweckmäßigkeit durch das Experiment zu beweisen, richtete er 12 kleine, deutlich abgegrenzte Stockschläge ein, von welchen in jedem Monat einer gehauen werden sollte, allein schon nach Führung des ersten Hiebes (im Winter) raffte ihn eine Lungenentzündung hinweg, so daß er seinen Versuch nicht mehr zu Ende führen konnte. K. hatte daneben fast ununterbrochen Forstlehrlinge neben sich und empfing häufig den Besuch auswärtiger Forstmännner von Ansehen (u. A. auch Laurop), welche den Ort seiner Wirksamkeit nie ohne Anerkennung verließen. Der Drang, seinen Erfahrungen einen Ausdruck zu geben, verbunden mit dem Studium der damaligen forstlichen Litteratur, wozu er, ungeachtet seiner forstpraktischen Amtsführung, noch Zeit zu finden wußte, führte ihn im reiferen Lebensalter noch zur Schriftstellerei. Seine ersten Abhandlungen lieferte er in das Stuttgarter Forst-Magazin. Später ging er zu selbständigen Werken über: „Kleiner Forstkatechismus für junge Anfänger im Forstwesen“ (1785, 2. vermehrte und verbesserte Auflage 1789); „Die nöthigsten Vorkenntnisse der Forst- und Jagdwissenschaft, für angehende Forstschüler, welche ihre Zeit auf Instituten mit Nutzen zubringen wollen“ (1803); „Holzcultur durch [105] Erfahrung erprobt, nach Auswahl der vorzüglichsten Nutzhölzer, nebst Anhang einer kleinen Denkschrift über den Safthieb der Laubhölzer“ (1803); 2. Bändchen hierzu unter dem Titel: „Die Holzcultur d. E. e., oder die Vortheile des Schlagholzbetriebs verglichen mit dem Hochwaldsbetrieb als Resultat vieljähriger Erfahrungen bei dem Ostheimer und Melperser Revier“ (1805); „Der Safthieb nach seinen Wirkungen betrachtet“ (1804). Der Inhalt aller dieser Schriften war ausschließlich das Ergebniß eigener Erfahrungen, welche zwar als häufig irrig oder wenigstens einseitig nicht ohne Anfeindungen bleiben konnten, ihm aber doch die Aufnahme in mehrere gelehrte Gesellschaften (1799 in die Societät der Forst- und Jagdkunde zu Waltershausen, 1801 in die mineralogische Gesellschaft zu Jena) verschafften. Ein Blick in seine Schriften verschafft die Ueberzeugung, daß er sich, wol in Folge besserer Schulbildung etc., in litteris auf einem etwas höheren Standpunkt befindet, als sein Vater Melchior Christian. Die Irrthümer mehren sich jedoch in dem Maße, als der Verfasser in das forstbotanische Gebiet geräth. So soll sich z. B. nach ihm die keimende Eichel oberirdisch (?) in zwei Stücke theilen; die im Herbste gesäete Buchecker soll zum Theil schon im Herbste aufgehen; die junge Rothbuche könne den Schatten nicht vertragen (?); der Epheu soll das einzige wintergrüne Laubholz sein (?); die Weißbuche, Aspe und Salweide sollen Holzarten mit Zwitterblüthen sein (?) u. dgl. m. In der Hochwaldwirthschaft war K. offenbar weniger zu Hause, als in den Ausschlagholzbetrieben. Wohlthuend ist es, in seinen Schriften zu lesen, daß er – obschon selbst Empiriker und zur Jägerzunft gehörig – doch nicht die Jagd, sondern das Forstwesen als Hauptgeschäft des Jägers bezeichnet und gegen diejenigen eifert, welche lehren, daß Bücherjäger nichts taugen. Er empfiehlt vielmehr den Jägerlehrlingen und angehenden Jägern, anstatt ihre beste Zeit als Jagdlaquaien mit Tellern und Servietten oder mit Jagdgehen zu verbringen, lieber ein gutes forstliches Buch (seinen Forstkatechismus) mit in den Wald zu nehmen und hieraus, natürlich unter fortwährend offenem Blick für den Wald, zu lernen. Er betont außerdem in seinem „Forstkatechismus“ die Wichtigkeit des Studiums der Geometrie für junge Forstmänner als unentbehrlicher Grundlage zur Ausführung von Taxationen der Wälder.
Käpler: Wilhelm Heinrich K., Sohn- G. L. Hartig, Journal für das Forst-, Jagd- und Fischereiwesen, zur nützlichen und angenehmen Unterhaltung, 1806, I. Bd. S. 588. Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc. II. S. 92, Bemerkg. 29 u. S. 335, Bemerkg. 37.