ADB:Kützing, Friedrich Traugott

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Artikel „Kützing, Friedrich Traugott“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 460–461, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:K%C3%BCtzing,_Friedrich_Traugott&oldid=- (Version vom 19. März 2024, 09:41 Uhr UTC)
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Kützing: Friedrich Traugott K., geboren in Ritteburg bei Artern am 8. December 1807, † zu Nordhausen am 9. September 1893, absolvirte als Pharmaceut seine Lehrzeit in den Officinen zu Artern und Aschersleben, seine Gehülfenzeit in Magdeburg, Schleusingen und zuletzt in Tennstädt in Thüringen. Während seiner Lehrjahre suchte er durch fleißiges Selbststudium nicht nur in den sprachlichen Fächern die Lücken seines Wissens, die ihm infolge mangelhafter Vorbildung geblieben waren, auszufüllen, er warf sich auch mit Eifer, einer inneren Neigung folgend, auf das Gebiet der Naturwissenschaften und machte sich mit der Flora und Fauna seiner Heimath vertraut, wobei er seine besondere Vorliebe den Kleinorganismen zuwandte. In Aschersleben förderten seine Studien der Botaniker Hornung, von Schleusingen aus pflegte er den Umgang mit tüchtigen Gelehrten wie v. Röpert in Meiningen und Martens in Stuttgart. In Schleusingen veröffentlichte er auch seine erste größere Arbeit, die „Monographia Callitricharum germanicarum“, der 20 Tafeln mit Abbildungen beigefügt waren und wurde durch den Reichthum an cryptogamen Pflanzenformen seines Wohngebietes zum speciellen Studium der Algen angeregt, ein Feld, auf welchem seine bedeutendsten wissenschaftlichen Leistungen liegen. Unter großen Entbehrungen erwarb er sich, nachdem er in Tennstädt nur kurze Zeit conditionirt hatte, endlich die Möglichkeit, im Sommer 1832 die Universität Halle zu besuchen. Hier verschaffte ihm die Gönnerschaft des Professor Schweigger-Seidel eine Assistentenstelle in dessen chemisch-pharmaceutischem Institut; außerdem schuf er sich durch Unterrichten, sowie durch die Herausgabe der Decaden der „Algae aquae dulcis“ ausreichende Existenzmittel. Allein schon gegen Ende 1833 ging das Schweigger’sche Institut ein und so sah sich K. genöthigt, wieder eine Stelle als Apothekergehülfe in Eilenburg anzunehmen. Inzwischen hatte er gelegentlich einer Untersuchung von Charen die Entdeckung des Kieselpanzers bei den Bacillarien gemacht, worüber er eine Abhandlung in Poggendorff’s Annalen veröffentlichte. Auf Grund derselben bewilligte ihm durch Fürsprache Alex. v. Humboldt’s die Berliner Akademie der Wissenschaften ein Stipendium zu einer Reise nach dem adriatischen und mittelländischen Meere. Gleichzeitig ließ K. in der Linnaea einen „Beitrag zur Kenntniß über die Entstehung und Metamorphose der niederen vegetabilischen Organismen“ erscheinen, worin er die damals noch allgemein angenommene generatio spontanea auf experimentellem Wege zu beweisen suchte. 1834 trat K. seine Reise nach Dalmatien und Italien an, welche 7½ Monate in Anspruch nahm und ihm reiche Ausbeute brachte. Bald nach seiner Rückkehr wurde er als Lehrer der Naturwissenschaften an die eben begründete Realschule nach Nordhausen berufen, wodurch er eine gesicherte Existenz und damit die Möglichkeit ruhigen wissenschaftlichen Arbeitens gewann. Seine Verdienste um die Botanik erkannte die Universität Gießen dadurch an, daß sie ihn 1837 zum Dr. phil. hon. c. promovirte; 1843 erhielt er den Professortitel. Bevor K. an die Bearbeitung des von seiner südeuropäischen Reise mitgebrachten Materials ging, unternahm er noch 1839 eine Reise nach der Nordsee. Seine hierbei gemachten Beobachtungen veranlaßten ihn zur [461] Veröffentlichung der Schrift: „Die Umwandlung niederer Algenformen in höhere“ (Haarlem 1839), wofür ihm ein Preis zuerkannt wurde. Obwol nun die darin ausgesprochene Ansicht, daß die einfachsten Algenzellen, wenn einmal durch Urzeugung entstanden, je nach Umständen die verschiedensten Algenformen, ja sogar Flechten und Moose aus sich entwickeln können, von einer späteren Forschung als irrig erkannt wurde, so hat doch seiner Zeit die Abhandlung anregend gewirkt und zu vielfachen Untersuchungen Anlaß gegeben. Kützing’s Hauptwerke jedoch waren die 1843 erschienene: „Phycologia generalis“ mit 80 farbig gedruckten Tafeln, deren Steinzeichnungen er selbst angefertigt hatte, ferner die: „Phycologia germanica“ (Nordhausen 1845) und vor allem die: „Species Algarum“ und die: „Tabulae phycologicae“, die von 1845–1871 in 19 Bänden mit 1900 Tafeln herauskamen. In diesen Werken wurde für die bis dahin noch wenig beachteten Kryptogamen die empirische Basis geschaffen, auf Grund deren man sich nunmehr über die gemeinten Formen verständigen konnte, indem man nur die betreffenden Namen oder Tafeln zu citiren brauchte. Außer diesen größeren Werken verfaßte K. noch einige specielle Algengattungen behandelnde Arbeiten in der Linnaea von 1832 und[WS 1] 1842 und mehrere Aufsätze pädagogischen und allgemein naturwissenschaftlichen Inhalts in den Programmen der Realschule zu Nordhausen von 1837–69. Im J. 1883 mußte K. infolge eines körperlichen Leidens seinen Lehrberuf aufgeben. Zehn Jahre später starb er, 86 Jahre alt, nachdem ihm zu seinem achtzigsten Geburtstage noch zahlreiche Ehrungen und Anerkennungen seitens der Fachgenossen zu Theil geworden waren.

Nachruf in Hedwigia 1893, Heft 6.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: ud