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ADB:Kantzow, Thomas

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Artikel „Kantzow, Thomas“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 97–98, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kantzow,_Thomas&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 20:48 Uhr UTC)
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Kantzow: Thomas K., geb. um 1505, Geistlicher der caminer Diöcese und pommer’scher Chronist. Von seinen Eltern, seiner Jugend und seinem Bildungsgang ist nur bekannt, daß er aus Stralsund stammte und, nach einer Eintragung in der Rostocker Universitätsmatrikel, wahrscheinlich 1525 dort studirte. Im J. 1528 erscheint er als Secretär der beiden Herzoge Barnim XI. und Georg I. von Pommern, deren Wohlwollen er sich bald in solchem Grade zu erwerben wußte, daß dieselben seine Thätigkeit durch Präbenden und Vicarien an verschiedenen Kirchen belohnten. Als Herzog Barnim 1532 mit seinem jungen Neffen Philipp I., des verstorbenen Georg Sohn, das Land theilte, folgte K. dem letzteren nach Wolgast und zeigte von da an, ohne daß eine bestimmte Ursache bekannt ist, eine ausgesprochene Abneigung gegen die Regierung des Landes Stettin. Im J. 1538 begab er sich nach Wittenberg, um unter Melanchthon’s Anweisung, der damals gerade Rector war, weitere Studien zu treiben; doch scheint er in freundlichem Verkehr mit der Heimath geblieben zu sein. Leider sollte er dieselbe, an deren Geschichte er die besten Kräfte seines Lebens gewendet hatte, nur als ein Sterbender wieder betreten; in Wittenberg befiel ihn eine Krankheit, man wollte ihn nach Hause bringen, doch starb er unterwegs am 25. September 1542 in Stettin, der Stadt, wo er 14 Jahre zuvor seine geschäftliche Thätigkeit begonnen hatte. Er wurde in der Marienkirche daselbst begraben. – Seit K. in wolgastischem Dienst war, also von 1532 an, hatte er, unterstützt von geschichtskundigen Freunden wie Nic. v. Klempzen (s. d.) und anderen, die Muße seines Amtes zum Sammeln historischer Nachrichten über Pommern benutzt, wobei seine Stellung zur herzoglichen Kanzlei es ihm leicht machte, aus der reinsten Quelle, den Archiven, zu schöpfen. Auch der wissenschaftliche Aufschwung des Zeitalters begünstigte ihn, so daß er über den engeren Kreis seines Vorgängers auf diesem Gebiet, des Reformators Joh. Bugenhagen (s. d.), weit hinausgehen konnte und in der That immer einen Ehrenplatz in der deutschen Litteratur einnehmen wird als einer der besten Chronikanten des 16. Jahrhunderts. Als es an die Verarbeitung des gesammelten Stoffes ging, verfaßte K. zuerst seine „Niederdeutsche Chronik“, deren Titel: „Fragmenta der pomerischen geschichte“ etc. zwar alt, aber mißverständlich ist. Diese erste deutsche Chronik von Pommern reicht vom Anfang der pommerschen Geschichte bis zum Jahre 1536 und erzählt in einfacher, loser, oft redseliger Weise mit der Frische des Originals. Als jedoch in Folge der Reformation und mit dem Eindringen des Hochdeutschen die Ansprüche sich steigerten, fühlte auch K. den Drang, sein Werk zu vervollständigen. Er that dies, indem er noch vor der Wittenberger Reise, also vor dem Sommer 1538, jenes Erstlingswerk zu einer ausführlicheren „Hochdeutschen Chronik“ umschmolz, die aber nur bis zum Tode Herzogs Bogislav X. († 1523) reicht. Die früher als eine einzige Masse bestehende Erzählung ist in der Hochdeutschen Chronik in 11 Bücher vertheilt, in denen der Verfasser klar, übersichtlich und kurz, doch nicht ohne die nöthige Würze erzählt, dabei oft den ächten Ton antiker Commentarien treffend. Trotz der größeren Ausführlichkeit, wodurch diese Arbeit vor der Niederdeutschen Chronik sich auszeichnet, verschweigt der Verfasser doch hier klüglich manches aus der Zeitgeschichte, was an maßgebender Stelle Anstoß erregen konnte. Eine zweite Bearbeitung dieser Hochdeutschen Chronik hat K. aller Wahrscheinlichkeit nach während seines Aufenthaltes [98] in Wittenberg 1538–1542 verfaßt. Sie ist in einer schätzbaren, obgleich den Ansprüchen an die Herstellung eines ächten Textes nicht genügenden Abschrift des 18. Jahrhunderts erhalten. Aus Wittenberg stammen auch Kantzow’s letzte geschichtliche Arbeiten, welche fragmentarisch geblieben sind. Die sogenannte Kantzow’sche „Pomerania, Ursprunck, Aldtheitt und Geschicht der Volcker und Lande Pommern“ etc. ist eine jener Umschmelzungen der ächten Chroniken eines Geschichtschreibers, deren es in den Litteraturen alter und neuer Zeit auf dem Gebiete der Poesie und der Geschichte viele gibt. Die Frage nach dem oder den Compilatoren derselben ist nicht entschieden. Ueber die Originalhandschriften der Kantzow’schen Chroniken und deren Geschichte, sowie über die vorhandenen Abschriften, Ausgaben und Bearbeitungen vgl. Böhmer, Th. Kantzow’s Chronik von Pommern, Stettin 1835.