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ADB:Böhmer, Wilhelm (Philologe)

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Artikel „Böhmer, Wilhelm“ von Gottfried von Bülow in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 79–81, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:B%C3%B6hmer,_Wilhelm_(Philologe)&oldid=- (Version vom 2. November 2024, 11:18 Uhr UTC)
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Böhmer: Heinrich Wilhelm Ludwig B., Philologe, geboren am 30. November 1791 in Stettin als achtes Kind des Pupillenraths Gustav B. und der Wilhelmine Bourwieg, besuchte bis 1810 das Rathslyceum seiner Vaterstadt, studirte dann Philologie in Frankfurt (immatriculirt unter dem 5. Mai 1810), wo er Solger und Bredow (s. A. D. B. III, 282) hörte, begab sich aber schon nach zwei Semestern auf die neugegründete Universität nach Berlin, wo namentlich Wolf (s. A. D. B. XLIII, 737) und Boeckh (ebd. II, 770) seine Lehrer waren. Dem Ruf des Königs folgend trat er 1813 als Freiwilliger in das Gardejägerbataillon ein und nahm Theil an den Schlachten von Lützen, Bautzen, Dresden und Leipzig. Später auf eignen Wunsch in das in Holland stehende [80] Colberger Infanterieregiment versetzt, erhielt er im Januar 1814 bei Antwerpen eine gefährliche Verwundung und kehrte, mit dem Eisernen Kreuz geschmückt, nach Berlin zurück, um noch ein Jahr Theologie zu studiren. Nach kurzer Thätigkeit am Joachimsthal’schen Gymnasium daselbst wurde er 1817 als Lehrer an das Marienstiftsgymnasium nach Stettin berufen, dem er dann bis an sein Ende angehört hat. 1826 wurde er Professor, nachdem er 1824 in Greifswald als Dr. phil. promovirt hatte. Zwei Mal wurde versucht, ihn der Heimath zu entführen, indem ihm eine Stelle als Gymnasialdirector und vorher noch die eines Gesandtschaftspredigers in Rom angeboten wurde. Niebuhr (s. A. D. B. XXIII, 646) hatte sich ihn dazu ausersehen als geeignete Persönlichkeit, in Rom ein Auditorium von Künstlern und Gelehrten zusammenzuhalten und zugleich der damals ungemein eifrigen katholischen Proselytenmacherei mit christlicher Einfalt entgegenzutreten. Auch Nicolovius (s. A. D. B. XXIII, 635) schrieb in derselben Sache an B. als an einen, „der Festigkeit und Würde nicht erst zu erwerben hat“. Beide Berufungen lehnte B. ab. Von seinem religiösen Leben in dieser Zeit gibt ein von ihm verfaßtes, von Löwe (s. A. D. B. XIX, 300) componirtes Lied Kunde: Fuit tempus cum plorarem etc. Als Pädagog hatte er mit seinem leicht erregbaren Temperament zu kämpfen; dazu war er leberleidend, was beides nicht ohne Einfluß auf sein Verhältniß zu Collegen und Schülern sein konnte. Es darf aber nicht verschwiegen werden, daß, wenn auch Andere ihm schwer genügten, er sich selber am wenigsten genügte. Dagegen entwickelte er in der vom Oberpräsidenten Dr. Sack (s. A. D. B. XXX, 152) im Jahre 1824 begründeten Gesellschaft für pommersche Geschichte und Alterthumskunde eine hervorragende, lange nachwirkende Thätigkeit als Muster eifrigster Treue und aufopferndster bis ins kleinste peinlicher Arbeit. Von seinen Schriften sind zu nennen: „De Pomeranorum historia litteraria“ (1824, Promotionsschrift); „Bemerkungen über Pindar“ (Programm von 1829, von Böckh als das beste über Pindar’s poetischen Charakter hervorgehoben); „Die Belagerungen Stettins seit Anfang des 12. Jahrh.“ (Stettin 1832); „Th. Kantzow’s Chronik von Pommern in niederdeutscher Mundart“ (Stettin 1835, ein Werk, dessen scharfsinnige und gründliche Untersuchungen „für die Kantzow-Forschung bahnbrechend“ geworden sind). In den „Baltischen Studien“, dem Organ der Gesellschaft für pomm. Geschichte und Alterthumskunde erschien neben andern Abhandlungen und Jahresberichten eine „Uebersicht der allgemeinen Chroniken Pommerns seit Kantzow“ (1835); Anderes in den „Neuen Pommerschen Provinzialblättern“. Seine letzte Arbeit ist wol das Programm des Marienstiftsgymnasiums von 1841: „Ueber die gegenwärtige Stellung der Gymnasien“. Durch seine am 8. Juni 1824 vollzogene Heirath mit Ernestine Henriette Charlotte Louise Giesebrecht, geboren am 1. Juli 1796 in Mirow in Mecklenburg-Strelitz, † am 15. Juni 1861 in Halle, trat B., der selbst eine ausgebreitete Verwandtschaft besaß, in nahe Beziehungen zu mehreren in der ersten Hälfte des Jahrhunderts auf geistigem Gebiet eine hervorragende Stellung einnehmenden Männern: Ludwig Giesebrecht (s. A. D. B. IX, 159) und Hasselbach (ebd. X, 761) waren seine Collegen und zugleich seine Schwäger, der Bekanntschaft mit Löwe ist bereits gedacht. Bei seinem am 27. Februar 1842 erfolgenden Tode hinterließ B. außer seiner Wittwe zwei Söhne Karl Eduard Wilhelm, geboren am 24. Mai 1827, später Professor an der Universität Straßburg, Theodor Friedrich Wilhelm, geboren am 1. October 1829, Dr. med., und eine Tochter Agnes Elisabeth Wilhelmine, geboren am 19. April 1831, † am 28. September 1881 als Wittwe des Consistorialraths und Hofpredigers Heyde in Wernigerode.

[81] Nach Mittheilungen der Familie. – Vgl. den 17. und 36. Jahresbericht der Gesellschaft f. pomm. Geschichte und Alterthumskunde, 1842 und 1874. – Programm des Marienstiftsgymnasiums zu Stettin 1841/42. – F. Böhmer, Beiträge zur Geschichte meines Geschlechts. Stettin 1896.