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ADB:Karl Friedrich (Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach)

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Artikel „Karl Friedrich, Großherzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach“ von Ernst Wülcker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 355–358, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Karl_Friedrich_(Gro%C3%9Fherzog_von_Sachsen-Weimar-Eisenach)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 01:20 Uhr UTC)
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Karl Friedrich, Großherzog zu Sachsen-Weimar-Eisenach, geb. am 2. Februar 1783 als ältester Sohn des Herzogs Karl August und der Herzogin Anna Amalia[1], † auf Schloß Belvedere am 8. Juli 1853. – Zu dem Knaben von mildem, gutmüthigem Wesen fühlte sich die Mutter vor Allem hingezogen, während dem Vater der energische Sinn Bernhards, des jüngeren Bruders mehr zusagte. Des Prinzen Jugend fällt in die glänzendste Periode Weimars; wie alle ernestinischen Herzoge erhielt er eine sorgfältige Erziehung, im J. 1802 treffen wir ihn in Paris, 1804 in Petersburg, wo er sich am 3. August 1804 mit Maria Paulowna, dem fünften Kinde des Zaaren Paul und der Maria Feodorowna, vermählte. Die angstvollen Tage der Schlacht bei Jena und die darauf folgenden Wochen hat K. F. nicht in Weimar verlebt, er selbst war nach Niedersachsen, seine Gemahlin, auf Wunsch Rußlands, nach Schleswig gereist. Dort blieb sie bis ins Jahr 1807, während der Prinz im November 1806 schon wieder nach Weimar zurückkehrte. Die Folgezeit bis zur Thronbesteigung verbrachte er theils in Weimar, theils in Petersburg, wo er vom November 1821 bis zum Juni 1822, dann vom October 1824 bis zum September 1825 verweilte; auch die Nachricht vom plötzlichen Tode Karl Augusts traf den Thronfolger in der russischen Hauptstadt. Von dort aus sandte er seinem Lande sofort die Versicherung zu, daß er in die Fußstapfen seines großen Vaters zu treten gedenke, daß er sich vor Allem bestreben wolle, was Letzterer angebahnt habe, treu festzuhalten und zeitgemäß fortzubilden. Der Fürst hat diese Zusicherung streng gehalten und zunächst dadurch seinen Ernst bewiesen, daß er die bisherigen Räthe der Krone beibehielt. Dies war aber um so wichtiger, als gerade damals sich Deutschland in einer schweren handelspolitischen Krise befand und die Einzelstaaten weittragende Beschlüsse zu fassen hatten. Ist es doch bekannt, daß damals Preußen mit Hessen-Darmstadt sich zu einem norddeutschen, Baiern mit Württemberg [356] zu einem süddeutschen Zollvereine zusammengeschlossen hatten. Von beiden Seiten war man bemüht gewesen, Sachsen-Weimar zu gewinnen und den Vorort Thüringens heranzuziehen. – Die Entscheidung hatte aber Karl August selber in den letzten Monaten seines Lebens getroffen. Er hatte sich nicht entschließen können, allein einer der großen Vereinigungen beizutreten. Er schrieb vielmehr noch kurz vor seinem Tode an General v. Müffling, der sich bemühte ihn für den preußischen Zollverein zu gewinnen: „hier werden wir uns gewiß lieber an Preußen anschließen als an Baiern; aber frühere provisorische Verabredungen mit den Nachbarn, die man unmöglich so geradezu von sich werfen und abschütteln kann und besonders unsere constitutionell landschaftlichen Verhältnisse lassen nicht zu, daß wir, wenn wir es auch wünschten, uns so schnell in die Zollverbindung mit Preußen einschieben sollten.“ Bei dem Glauben, daß vorläufig ein Nichteingehen auf Preußens Pläne und ein Aneinanderschließen der benachbarten Staaten das Beste sei, mußte man am meisten zu den Vorschlägen Sachsens sich hingezogen fühlen, welches die mitteldeutschen Regierungen in einem Vereine zu sammeln gedachte. Dieser Verein sollte zunächst nur negative Zwecke verfolgen: er sollte durch den Zusammenschluß der Einzelstaaten gegen die Uebermacht der großen Königreiche Halt und Stütze gewinnen und den Mitgliedern die Sicherheit geben, daß kein Einzelstaat des Bundes eigne Politik treibe, ohne vorher mit den übrigen Bundesgliedern sich verständigt zu haben. Karl August hatte sich für diesen Verein entschieden, indem er seinem Minister Schweitzer gestattete zu Oberschöna mit dem königlich sächsischen Minister Carlowitz sich dahin zu einigen, daß Sachsen, Kurhessen und Thüringen einen Handelsvertrag abschlössen, dem womöglich noch andere Mittelstaaten beitreten sollten. Die Dauer der Einigung wurde auf sechs Jahre festgesetzt. Es ist nun bekannt, wie dieser Bund zunächst sich vergrößerte, wie er durch den Zutritt Hannovers eine selbständige Bedeutung gewann, so daß er mit dem preußischen Zollvereine concurriren konnte, es ist ferner bekannt, wie die Diplomatie Preußens es verstand den Bund zu sprengen. Denn indem Preußen den süddeutschen Verein mit seinem Zollverein zu verschmelzen (27. Mai 1829) und sich mit Gotha und Meiningen über eine Straße von Langensalza nach Bamberg zu einigen wußte (Juli 1829), brachte es den mitteldeutschen Bund in eine bedenkliche Lage. Die Folge war, daß schon im April 1830, da man den mitteldeutschen Verein auf 12 Jahre hinaus, gleich dem preußisch-bairischen Zollvereine, erneuern wollte, Gotha und Meiningen ihre Zustimmung versagten; Weimar aber und das Königreich Sachsen erklärten am bisherigen sechsjährigen Bunde festhalten und sich über 1835 hinaus nicht binden zu wollen. Als nun aber Kurhessen am 25. August 1831 gar dem preußischen Zollverein sich anschloß, schien alle Aussicht auf gedeihliche Fortentwickelung des mitteldeutschen Vereins vorbei – man begann auch von Weimar aus im Stillen mit Preußen zu verhandeln. 1832 erklärten die Thüringer Herzoge sich durch den mitteldeutschen Verein nicht mehr gebunden und baten Preußen, die Initiative zu einer Vereinigung mit Thüringen zu ergreifen. Da man aber nur mit den thüringischen Fürsten in ihrer Gesammtheit verhandeln wollte, so schlossen dieselben am 10. Mai 1833 einen Zoll- und Handelsverein und erklärten Tags darauf ihren Beitritt zum großen Zollverein. Ein weimarischer Generalbevollmächtigter vertrat Thüringen und mit dem 1. Januar 1834 trat die neue Zolleinung in Kraft. Der Sinn des Großherzogs war stets der Förderung von Handel und Gewerbe auch in anderer Richtung zugewendet. So ist er denn auch besonders bestrebt gewesen eine Bahnlinie durch sein Land zu legen und dies war insofern nicht ganz leicht, als von Preußen und Kurhessen eine mehr nördlich von der später gebauten Thüringer Bahn laufende Bahnverbindung ins Auge gefaßt war. Um den Bau der letztgenannten [357] Bahn zu fördern, sowie eine von Norddeutschland nach Bamberg führende für das Ernestinerland zu gewinnen, schlossen 1840 die Regierungen von Sachsen-Weimar, Sachsen-Gotha und Sachsen-Meiningen einen Vertrag, zum Zwecke den Ländern Thüringens einen möglichst ausgedehnten Eisenbahnverkehr zu verschaffen; im December 1841 einigten Preußen, Kurhessen, Sachsen-Weimar und Sachsen-Coburg-Gotha sich über den Bau der jetzt bestehenden thüringischen Bahn; 1846 war die Strecke Halle-Weimar fertig, in den nächsten Jahren fand die Fortführung bis Eisenach statt. Für das weimarische Land aber hatte die Bahnverbindung noch den wesentlichen Vortheil, die zwei getrennten Landeshälften Weimar und Eisenach näher zu verbinden. Aber nicht allein nach Außen hin war K. F. bestrebt im Geiste seines Vaters fortzuwirken, ganz besonders hat er auch an der inneren Verfassung fortgebaut. Fördernd wirkte hier die Bewegung von 1848; aber auch schon vorher befaßte man sich mit dem Gedanken der liberalen Weiterentwicklung der Verfassung von 1816; so hatte der Minister v. Gersdorff im Vereine mit dem 1843 ins Ministerium berufenen v. Watzdorf die Ablösung der grundherrlichen Gerechtsame des landesherrlichen Kammerfiskus in großem Maßstabe vorbereitet, eine umfassende Ablösungsgesetzgebung, die nach allen Seiten sorgfältig Rücksicht nahm, sollte dem Landtage vorgelegt werden, aber die Stürme der Revolution kamen dazwischen und den erregten Gemüthern erschienen diese Pläne im J. 1848 ungenügend. In den Märztagen dieses Jahres verlangte das erregte Volk, das am 8. und 11. März sogar zu Tumulten im Schloßhofe vorschritt, die Bildung eines neuen Ministeriums aus Männern, zu deren liberaler Gesinnung es mehr Zutrauen habe als zu den bisherigen und so geschah es denn, daß v. Gersdorff und Schweitzer entlassen wurden. v. Watzdorf, der sich großer Popularität erfreute, blieb im Amte. An seine Seite trat der bisherige Führer der Liberalen im Landtage, v. Wydenbrugk, mit ihnen zusammen erklärte K. F. den Wünschen des Volkes Rechnung tragen zu wollen. Der Großherzog hat dies Versprechen auf die ehrenvollste Weise in den trüben Tagen der Reaction gehalten, trotz gegentheiliger Einflüsterungen sein liberales Ministerium beibehalten und mit ihm die bisherigen Einrichtungen in freisinniger Weise fortgebildet. Unter dem Ministerium Watzdorf-Wydenbrugk begann alsbald eine umfassende gesetzgeberische Thätigkeit. Zunächst wurde das Kammervermögen, dessen Verwaltung bisher dem Großherzog allein zustand, mit dem landständischen Vermögen vereinigt, dem Fürsten aber eine Civilliste von 280,000 Thaler jährlich ausgesetzt. K. F. erklärte vorläufig mit 250,000 Thalern auskommen zu wollen, mit Rücksicht auf den betrübenden Zustand der Finanzen des Landes. Dann trat ein neues Wahlgesetz an des alten Stelle. Letzteres ließ nur Rittergutsbesitzer, Bürger und Bauern, die Häuser, Bürger- und Ortsrecht besaßen, zu. Jetzt wurde der Wahlmodus nach dem Einkommen der Wähler bestimmt und die Betheiligung allgemeiner ausgedehnt. Endlich wurde Oeffentlichkeit der Verhandlungen des Landtags festgesetzt. Auch die Staatsbehörden wurden neu gestaltet. Die Geschäfte, in die früher Ministerium, Landesregierung, Kammer, Consistorium und Landschaftscollegium sich getheilt, übernahm nun das in drei Departements gegliederte Ministerium, an das sich ein Kirchenrath anschloß, an Stelle der alten Landesdirectionen traten Bezirksdirectionen mit von den Gemeinden gewählten Bezirksausschüssen. 1850 erschien eine neue Gemeindeordnung und das Jahr 1851 brachte ein neues Schulgesetz. Umfassende Aenderungen wurden im Gerichtswesen durchgeführt. Alle private Gerichtsbarkeit wurde abgelöst, Patrimonial- und Lehensgerichte nahmen ein Ende, öffentliches und mündliches Verfahren wurde angeordnet, Schwurgerichte eingesetzt. Am 1. Juli 1850 wurde im Verein mit Schwarzburg-Sondershausen und Rudolstadt das Appellationsgericht zu Eisenach eröffnet, [358] Kreisgerichte zu Weimar, Eisenach und Weida und endlich das Institut der Staatsanwaltschaft eingeführt. 1850 erschien auch ein neues Strafgesetzbuch. So hat K. F. den freisinnigen Ausbau und Umbau der Verfassung sich aufs Ernsteste angelegen sein lassen und sein Volk hat dies dankbar anerkannt. Von Jahr zu Jahr stieg des Fürsten Popularität. Und als das Jahr 1853 am 15. Juni den 25. Jahrestag des Regierungsantrittes brachte, feierte das Land in aufrichtiger Freude den Tag mit. Aber nur wenige Lebenstage waren dem schon lange kränkelnden Großherzoge nach diesem erhebenden Feste vergönnt, schon am 8. Juli starb er auf Belvedere. Seine Gemahlin, die sich um das Land die größten Verdienste erworben, folgte ihm am 23. Juni 1859. Kinder: Karl (1805–1806), Marie (1808–1877), Auguste (geb. 1811), Karl Alexander (geb. 1818). Die Herzogin Marie vermählte sich 1827 mit Prinz Friedrich Karl von Preußen; Herzogin Auguste 1829 mit Prinz Wilhelm von Preußen, jetzigem deutschen Kaiser; Karl Alexander 1842 mit Sophie, Prinzessin der Niederlande.

[Zusätze und Berichtigungen]

  1. S. 355. Z. 24 v. u. l.: Luise (st. Anna Amalia. Ein leidiger, leider auch bei der Correctur nicht bemerkter Schreibfehler, den glücklicher Weise die meisten Leser selbst zu verbessern vermögen!). [Bd. 16, S. 798]