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ADB:Kinsky, Franz Ulrich Graf

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Artikel „Kinsky, Graf Franz Ulrich“ von Ludwig Schlesinger in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 15 (1882), S. 771–772, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kinsky,_Franz_Ulrich_Graf&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 14:17 Uhr UTC)
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Kinsky: Graf Franz Ulrich K., geb. 1634, † am 27. Febr. 1699, Sohn des Johann Octavian K., welcher 1676 in den Grafenstand erhoben worden war, und der Gräfin Margaretha Magdalena Porzia. Nachdem er seine auf der Universität Löwen gewonnenen Kenntnisse durch Reisen bereichert hatte, [772] widmete er sich dem Staatsdienste unter Kaiser Leopold I., der ihn noch als jungen Mann zu diplomatischen Sendungen, so 1664 in einer schwierigen Mission nach Polen verwendete. In Böhmen nahm er rasch nacheinander die wichtigen Aemter des Vicekanzlers, eines königlichen Statthalters, des Appellationspräsidenten und nach dem Tode seines Vaters (1679) des königlich böhmischen Erbhofmeisters ein. Nachdem ihn der Kaiser bereits im J. 1675 zum geheimen Rath ernannt hatte, wurde er 1683 Oberstkanzler von Böhmen und seit 1690 Mitglied des geheimen Conferenzrathes Leopolds I., in welcher Körperschaft er sich durch seine staatsmännische Begabung neben Grafen Theodor Heinrich Strattman den größten Einfluß zu verschaffen wußte. Nach dem Tode Strattman’s (1695) wurde er die eigentliche Seele der österreichischen Staatspolitik und versah bis zum J. 1698 in Wirklichkeit, wenn auch nicht dem Titel nach, die Geschäfte eines Staatsministers und Obersthofmeisters. Als im Herbste 1698 Graf Harrach vom Kaiser zum wirklichen Obersthofmeister ernannt wurde, zog sich K. schwer gekränkt von den öffentlichen Geschäften zurück und starb bald darauf. In der äußeren Politik tritt seine Thätigkeit besonders bei den Friedensverhandlungen von Nymwegen (1678, 1679) und Ryswik (1697) hervor, bei denen er sich mit allem Eifer gegen die französischen Absichten, wenn auch zumeist vergeblich sträubte. Den Ryswiker Frieden schloß er in Gemeinschaft mit Strattman ab, das Friedensinstrument von Nymwegen unterzeichnete er als Prinzipalcommissär Oesterreichs und des Kaisers. In den innern Angelegenheiten Oesterreichs tritt sein Name in den Vordergrund bei den Arbeiten der Commission „zur Einrichtung Ungarns“ (1688) und bei dem Zustandekommen des für die Autonomie Siebenbürgens wichtigen „Diploma Leopoldinum“ (16. Octbr. und 4. Decbr. 1691). – K. war ein gewissenhafter, vielerfahrener Staatsmann, dem jedoch oft wegen des allzu gründlichen Erwägens die Energie des Handelns abging. Ein venetianischer Berichterstatter sagt von ihm: „Den Austrag der Geschäfte verwirre er mit seinen Feinheiten mehr, als daß er sie beschleunige.“ Ein zweiter Venetianer schreibt: „Er ist ein Mann höchsten Wissens, speculativ mehr als nöthig.“ K. war vermählt mit Anna Franziska Gräfin von Ursenbek. Die Ehe blieb kinderlos.

Arneth, Prinz Eugen und seine Zeit. Folkmann, Die gefürstete Linie des uralten edlen Geschlechtes Kinsky, Prag 1861.