ADB:Klein, Jacob Theodor

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Artikel „Klein, Jacob Theodor“ von Wilhelm Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 16 (1882), S. 92–94, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Klein,_Jacob_Theodor&oldid=- (Version vom 25. April 2024, 05:10 Uhr UTC)
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Klein: Jacob Theodor K., Sohn eines juristischen Beamten in Königsberg in Preußen, wurde daselbst am 15. August 1685 geboren. Er studirte auf der Universität seiner Vaterstadt Jurisprudenz, beschäftigte sich zugleich jedoch vielfach mit den Naturwissenschaften, zu denen er sich stark hingezogen fühlte. Im J. 1706 trat er eine fünfjährige Reise durch Deutschland, England, die Niederlande und Tirol an und kehrte 1711 nach Königsberg zurück. Nach dem Tode seines Vaters begab er sich 1712 nach Danzig und wurde dort im folgenden Jahre, nachdem er den Sommer in Schweden zugebracht hatte, zum Stadtsecretär erwählt. Im J. 1714 wurde K. als „residirender Secretär bei Hofe“ von der freien Stadt Danzig nach Dresden, von dort nach Polen und im Frühjahr zur Begrüßung des Czaren Peter des Großen nach Königsberg gesandt und kehrte gegen Ende dieses Jahres nach Danzig zurück. Von jetzt an widmete er sich neben seiner amtlichen Thätigkeit als Stadtsecretär ganz dem Studium der Naturgeschichte, anfänglich vorwiegend der Botanik, später der Zoologie. Er wurde von der Akademie der Wissenschaften zu Petersburg und London, sowie von dem Institut der Wissenschaften zu Bologna als Mitglied aufgenommen und war erst Secretär, später Director der Danziger Naturforscher-Gesellschaft, welche er mit begründet hat. K. starb am 27. Februar 1759. Im J. 1718 legte er sich einen botanischen Garten an und veröffentlichte wenige Jahre später seine erste Arbeit „Fasciculus plantarum rariorum et exoticarum“, Dantisci 1722, welcher bald noch einige botanische Abhandlungen folgten. Zu gleicher Zeit [93] sammelte er jedoch auch sehr eifrig Gegenstände aus den übrigen Naturreichen. Er scheute keine Kosten, um sein Naturaliencabinet zu vermehren. So kaufte er die damals berühmte Muschelsammlung des Bürgermeisters Witsen zu Amsterdam. Im J. 1740 veräußerte er jedoch sein mühsam zusammengebrachtes Naturaliencabinet „nebst den vielen Zeichnungen von vierfüßigen Thieren, Fischen und Vögeln“ an den Markgrafen von Brandenburg-Culmbach nach Baireuth, nachdem er schon in den dreißiger Jahren dem königlichen Cabinet zu Dresden eine sehr reichhaltige Bernsteinsammlung überlassen hatte. Seit den dreißiger Jahren gab er seine botanischen Studien auf, beschäftigte sich vorwiegend mit der Zoologie und veröffentlichte eine Reihe von Abhandlungen (s. Meusel, Lexikon der vom Jahre 1750–1800 gestorbenen Schriftsteller), in welchem er alle Klassen des Thierreichs mit Ausnahme der Insekten ausführlich behandelte. Die in denselben enthaltenen zahlreichen Abbildungen sind meist für die damalige Zeit in Stich und Druck von seltener Schönheit. Klein’s Arbeiten fanden bei vielen seiner Zeitgenossen reiche Anerkennung. Professor D. Titius nennt ihn den bedeutendsten Naturhistoriker seines Jahrhunderts und sein Biograph Sendel (Chr. Sendel, Lobrede auf Herrn Jakob Klein, Danzig 1759) stellt ihn mit dem berühmten Reformator der Naturgeschichte, Linné auf eine Stufe, indem er diesen den Klein der nordischen Reiche nennt. Wenn K. nun auch unzweifelhaft große Verdienste um die Zoologie hat, wie z. B. sein Werk über die Seeigel noch lange Zeit die Hauptquelle für die Kenntniß dieser Thiere war, so muß doch die Hauptaufgabe, welche er sich gestellt hatte, eine verfehlte genannt werden. K. lebte in einer Zeit, in welcher das allmählich gewaltig aufgehäufte zoologische Material eine Ordnung dringend erforderte und sich der Mangel eines Systems mehr und mehr fühlbar machte. Schon vor K. waren verschiedene Versuche dazu gemacht, die jedoch sämmtlich mehr oder weniger große Mängel aufwiesen. K. stellte nun ein neues System auf und es verdient alle Anerkennung, daß er dasselbe bis zu dem kleinsten Detail im Allgemeinen ganz consequent durchgeführt hat. Aber sein System charakterisirt den Dilettanten, dem es nur darum zu thun ist, die Thiere leicht und sicher kennen zu lernen. Darum nahm er auch ein leicht zu erkennendes, äußeres Merkmal, die Zahl, Form und Stellung der Gliedmaßen, als Haupteintheilungsprincip. Von einer Kenntniß des anatomischen Baues und der darauf begründeten Verwandtschaft der Thiere findet sich bei K. keine Spur. Daher stehen denn in seinem Systeme die Eidechsen neben den Zehnfüßlern, die Bären neben den Affen, die Biber neben den Fröschen und Kröten, die Schlangen neben den Würmern und die Seesterne neben den Tintenfischen. Als Linné sein Natursystem veröffentlichte, trat K. in seiner „Summa dubiorum circa classes quadrupedum et amphibiorum in C. Linnei systemate naturae“, Gedani 1743, entschieden gegen dasselbe auf. Er blieb seinem Standpunkt treu und betonte, daß nur leicht zuerkennende Merkmale als Eintheilungsprincip verwandt werden dürften. Das Vorhandensein oder Fehlen und die Bildung der Zähne als solches zu verwerthen verwarf er z. B. völlig, weil man, um dies zu erkennen, vielleicht den Mund gewaltsam öffnen und die Finger oder das anatomische Messer in Anwendung bringen müsse. Das gehöre aber nicht zur zoologischen Methode. Adam habe die ihm von Gott vorgeführten Thiere auch unterschieden und benannt, ohne ihnen die Eingeweide und die Zähne zur Untersuchung durchzuwühlen. Diese Aussprüche charakterisiren recht den Standpunkt Klein’s. Trotz der genauen, allerdings nur äußerlichen Kenntniß einer Reihe von einzelnen Formen lernte er nie eine große Klasse übersehen, weil ihm die Spezialkenntnisse zu einem eingehenden Studium fehlten. Dennoch hat K. durch die Aufstellung seines Systems der Wissenschaft wesentlichen Nutzen gebracht. Wenn auch viele seiner Zeitgenossen sich anfangs durch dasselbe blenden ließen [94] und beim Mangel jeder genügenden Anordnung, welche zur Orientirung unter den thierischen Formen dienen konnte, dasselbe freudig begrüßten, so konnte man sich auf die Dauer doch der Einsicht nicht verschließen, daß ein System, welches nur auf Aeußerlichkeiten basirte und die natürliche Verwandtschaft unberücksichtigt ließ, wie das Klein’sche System deutlich zeigte, unhaltbar sei. Dadurch geschah es, daß das auf wissenschaftliche Untersuchungen gegründete Linné’sche System schneller Eingang fand, als sonst wol der Fall gewesen sein würde, und K. bleibt das Verdienst, gegen seinen Willen diesem von ihm so hartnäckig bekämpften System den Weg gebahnt zu haben.