Zum Inhalt springen

ADB:Klemm, Alfred

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Klemm, Alfred“ von Max Bach in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 51 (1906), S. 202–204, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Klemm,_Alfred&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 17:23 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Klemm, Heinrich
Band 51 (1906), S. 202–204 (Quelle).
Alfred Klemm bei Wikisource
Alfred Klemm (Theologe) in der Wikipedia
Alfred Klemm in Wikidata
GND-Nummer 116221925
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|51|202|204|Klemm, Alfred|Max Bach|ADB:Klemm, Alfred}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116221925}}    

Klemm: Alfred K., Theolog und Alterthumsforscher, geboren zu Ellwangen am 8. November 1840 als der jüngste Sohn des dortigen Oberamtmanns. Als seine eigentliche Heimath betrachtete er jedoch Eßlingen, wohin sein Vater im J. 1845 versetzt wurde und wo er seine ganze Schulzeit verbrachte. K. wurde zum geistlichen Beruf bestimmt und durchlief die gewöhnliche Bildungslaufbahn eines württembergischen Theologen. Nach glänzend bestandenem Dienstexamen trat er 1865 eine längere Reise nach Norddeutschland an. Nach seiner Rückkehr treffen wir ihn als Repetent im Stift zu Tübingen; 1869 erfolgte seine erste Anstellung als Diakonus in Vaihingen a. d. Enz. Dort erwachte in ihm der Sinn für seine späterhin so erfolgreiche Thätigkeit auf den Gebieten der Epigraphik und Steinmetzzeichenforschung. Als nämlich, wie er selbst erzählte, die Vaihinger Peterskirche in eine Turnhalle umgewandelt wurde, fanden sich eine Menge Grabdenkmale als Bodenbeleg verwendet, die er dann entzifferte und veröffentlichte. Das Studium dieser Grabdenkmale brachte ihn selbstverständlich auch auf Heraldik und Genealogie [203] und in weiterem Sinne auf Kunst-Topographie und Baugeschichte. Zunächst war sein Bestreben, sich mit den Kunst- und Alterthumsdenkmälern seines Bezirks vertraut zu machen, bald erstreckte sich aber seine Thätigkeit auch auf die Erforschung der Baudenkmäler des ganzen Landes. 1875 trat er mit seiner Abhandlung über die württembergischen Baumeister bis zum Jahre 1600 mit besonderer Berücksichtigung der Steinmetzzeichen in die Oeffentlichkeit; es war gleichsam die Vorstudie zu seiner umfassenden Bearbeitung der württembergischen Baumeister und Bildhauer in den „Württ. Vierteljahresheften für Landesgeschichte“ von 1882. Schon trug er sich mit dem Gedanken, eine neue, wesentlich vermehrte und verbesserte Auflage dieses auch separat erschienenen Buches zu veranstalten, als ein früher Tod, am 27. März 1897 allen seinen Plänen und wissenschaftlichen Bestrebungen ein Ende setzte. Unermüdlich war sein Forschen; im Staub der Archive und Bibliotheken, auf Kirchenböden und verwaisten Registraturen, hat er stundenlang gearbeitet, keine Glocke, keine Inschrifttafel hing ihm zu hoch, sie mußte erklommen und erstiegen werden. Das Sammeln von Steinmetzzeichen war so recht seine eigentliche Domäne, wozu ihm seine Stellung als Geistlicher wesentlich zu gute kam. Seine ausgedehnte Correspondenz mit Collegen und Gelehrten seines Faches förderte seine Studien in jeder Richtung, wie er denn überhaupt keine Gelegenheit vorübergehen ließ, sein Wissen zu erweitern. Als ihm im J. 1876 die Stelle eines Helfers und Bezirksschulinspectores in Geißlingen übertragen wurde, war es besonders die naheliegende alte Reichsstadt Ulm, mit ihrem herrlichen Münster, der er seine Studien widmete. Die von Pressel redigirten „Münsterblätter“ brachten manche gediegene Arbeit von K., vor allem eine Zusammenstellung der Steinmetzzeichen des Münster’s und eine Abhandlung über die beiden Syrlin. Auch in Geißlingen war sein Bestreben, die Geschichte der Stadt und ihrer Umgebung zu beleuchten. Im J. 1884 nahm er an der Generalversammlung der deutschen Geschichts- und Alterthumsvereine in Meißen theil, 1887 zum Decan in Sulz befördert, hat er auch hier, obgleich mit Amtsgeschäften überhäuft, seine Studien fortgesetzt und sein Verdienst ist es, auf der Höhe über der Stadt ein römisches Castell nachgewiesen zu haben. Nach fünfjähriger Wirksamkeit[WS 1] in Sulz übernahm[WS 2] er das Decanat Backnang, wo er wiederum Gelegenheit fand, sein reiches Wissen und seine baugeschichtlichen Kenntnisse zu verwerthen. Die gelungene Restauration der dortigen Stiftskirche ist wesentlich sein Werk; die Mittel dazu brachte er theilweise durch Ausgabe einer Schrift: „Der Stadt Backnang Brand und Wiedererbauung in den Jahren 1693–1717“ zusammen. Selbstverständlich widmete er auch dem dortigen schon früher gegründeten Alterthums-Verein für das Murrthal seine Kräfte und viele Beiträge aus seiner Feder zieren die periodischen Blätter dieses Vereins.

Es ist hier nicht der Ort, alle seine vielen einzelnen Aufsätze in Zeitschriften zu nennen, geschweige denn zu besprechen; erwähnt sei noch seine Mitwirkung an der 5. Auflage von Otto’s Kunstarchäologie und Hänselmann’s Illustrirter Geschichte von Württemberg. Vieles Neue verdankt ihm namentlich auch die Baugeschichte von Stuttgart; er ist der Entdecker des Hauptbaumeisters der drei Stuttgarter Kirchen, Albrecht Georg und vieler anderer, bis dahin unbekannt gebliebener Meister. Ueber Aberlin Tretsch, den Erbauer des alten Stuttgarter Schlosses, hat er aus Archivurkunden interessante Mittheilungen veröffentlicht. Auch außerhalb Württembergs, besonders in Baden, hat er sich durch seine Steinmetzzeichenforschungen bekannt gemacht und in den zuständigen Organen, z. B. in die Zeitschrift f. die Geschichte des Oberrheins, werthvolle Beiträge geliefert. In Württemberg ist kein historischer [204] Verein leer ausgegangen, überall trifft man Klemm’s Spuren. Das Christliche Kunstblatt, das Evangelische Kirchen- und Schulblatt, die Blätter für Württemb. Kirchengeschichte, die Reutlinger Geschichtsblätter u. s. w. sind Zeugen seines unermüdlichen Fleißes. Der bescheidene, anspruchslose Mann, den ein trefflicher Charakter und eine unbegrenzte Pflichttreue auszeichnete, hat gern auch Andern sein reiches Wissen mitgetheilt und in uneigennützigster Weise alle wissenschaftlichen Bestrebungen unterstützt. Zwei Söhne und drei Töchter trauerten an dem Grabe des viel zu früh dahingeschiedenen Mannes.

Schw. Merkur 1897, Nr. 77. – Aus dem Schwarzwald 5, S. 57 bis 58. – Bl. f. Württemb. Kirchengesch. I, 144. – Bl. d. Schw. Albvereins 9, 127. – Klemms Archiv 3, S. 75. – Krauß, Biogr. Jahrb. 2, S. 276.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Wirsamkeit
  2. Vorlage: überahm