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ADB:Kratz zu Scharffenstein, Johann Philipp Graf (2. Artikel)

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Artikel „Kratz, Johann Philipp, Graf von Scharffenstein“ von Karl Friedrich Hermann Albrecht in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 17 (1883), S. 56–57, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kratz_zu_Scharffenstein,_Johann_Philipp_Graf_(2._Artikel)&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 08:41 Uhr UTC)
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Band 17 (1883), S. 56–57 (Quelle).
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Kratz: Johann Philipp K. (eigentlich Cratz), Graf von Scharffenstein, Freiherr zu Riesenburg[WS 1], Ritter, römischer kaiserlicher Majestät Kämmerer, bestallter Oberst und Generalwachtmeister. Eine jener Soldatennaturen, wie sie das Kriegs- und Lagerleben der Epoche des 30jährigen Krieges so vielfach hervorgebracht. Kühn und verwegen, in den Mitteln nicht wählerisch, hart und grausam gegen die Besiegten, ohne politische Ueberzeugung, heute den kaiserlichen Fahnen, morgen den baierischen Farben folgend, endlich wenn größerer Vortheil winkt, ins schwedische Lager übertretend, Aventuriér, wie sie in jener Zeit nicht selten waren und deren Leben häufig, so auch im vorliegenden Falle tragisch abschließt. Das Geburtsjahr ist unbekannt, er scheint aus einer im Rheingau begüterten Familie abzustammen. Am 20. October 1624 erhält K. die kaiserliche Bestallung auf 500 Arquebusier-Pferde, am 28. December 1631 jene zum Oberstfeldwachtmeister. Zu Anfang des J. 1632 (am 6. Januar) wendet sich Oberst K. an den Herzog von Friedland, der für den Kaiser ein neues Heer aufstellte, um Nachsicht und Wiedergewährung der herzoglichen Gnaden. Er fühlte sich bei Wallenstein nicht besonders gut angeschrieben und dies wol aus dem Grunde, weil dem Herzoge während seiner Commandoführung mannigfache Klagen über das zügellose Betragen der Kratz’schen Truppen zugekommen waren. Am 15. Januar antwortet ihm der Herzog, daß er bei „fernerer Handhabung [57] der Disciplin und Ordnung sich alles Guten zu versehen habe“ und dieses Schreiben wurde, da der Aufenthalt des Oberst K. nicht bekannt war, an General Gallas expedirt. Letzterer schickte dasselbe, sowie die, auf Wallenstein’s Verwendung, von Wien erhaltene Bestallung für K. zum Generalfeldwachtmeister, nicht ab, da er in Erfahrung gebracht, daß derselbe inzwischen in kurbaierische Dienste getreten sei und ein Commando in der Oberpfalz führe. Auf diese Nachricht hin vergab der Herzog von Friedland das Kratz’sche Regiment anderweitig und beauftragte Maradas, einen anderen Oberst zur Führung des Truppencommandos nach Oberösterreich abzusenden. K. scheint sich daher zu Ende des J. 1631 und Anfang 1632 nach zwei Richtungen verwendet zu haben, bei Wallenstein und bei Kurbaiern, und da ihm die baierische Anstellung früher kam und wegen seines Verhältnisses zum Friedländer wol auch mehr conveniren mochte, nahm er dieselbe an. Er meldet zwar als baierischer Generalfeldzeugmeister aus Weyden am 3. Februar an Maradas, von seiner Ernennung zum Commando in Oesterreich ob der Enns nichts gewußt zu haben, auch habe er bei Graf Tilly bereits seine Resignation auf seine Charge angemeldet gehabt und da er keine Antwort vom Herzoge erhalten, habe er sich in baierischen Dienst begeben. Im Mai 1633 commandirt K. in Ingolstadt und wendet sich durch Feldmarschall Aldringen erneuert an Wallenstein mit der Bitte, ihm wieder seine Gewogenheit zu schenken, worauf ihm in ungnädigster Weise bedeutet wurde, denn der Herzog schreibt ihm aus Gitschin am 16. Mai „warumb sich der Herr desselben angenommen, zumaln Ihm bemeldetes Graf Kratzen natur und eigenschafft mehr als zu viel bekandt, nicht wenig wunder nimptt“. Die Meinung des Generalissimus war nur zu wohl begründet, denn zur selben Zeit unterhandelte K. schon wegen Uebergabe der Festung Ingolstadt mit Herzog Bernhard, man sagt für die Würde eines Feldmarschalls habe er wollen die Festung übergeben, die faktische Durchführung verhinderte wol nur Aldringen’s Nähe. K., der seinen Offizieren verdächtig geworden, entfernte sich unter dem Vorwande einer Reise nach Wien, ging aber zu den Schweden nach Schlesien. Am 26. Juni 1633 ist der Herzog von Friedland schon informirt und ordnet die Confiscation seines Vermögens und seiner Güter für den kaiserlichen Fiskus an, welche anderweitig vergeben werden. K. commandirt nun an der Seite des Graf Thurn die schwedischen Kriegsvölker. Bei Nördlingen (6. September n. St. 1634) nimmt ihn der Kroatenrittmeister La Fontana gefangen und führt ihn nach Wien. Es wurde zwar von schwedischer Seite versucht, die Auswechselung des Bischofs von Regensburg, der in Würzburg in Haft saß, gegen Feldmarschall K. zu erlangen, man ging aber in Wien auf diesen Vorschlag nicht ein, die Untersuchung gegen den hochverrathsschuldigen Offizier ward angestrengt, das Todesurtheil war bereits gefällt, er sollte am nächsten Tage hingerichtet werden, da gelang es ihm in der Nacht vom 16./26. Mai des J. 1635 zu entfliehen. An der schlesischen Grenze von Palffy-Husaren wieder ergriffen, nachdem er sich tapfer vertheidigt und 4 Husaren getödtet hatte, am 25. Mai (4. April) 1635 nach Wien eingebracht, ward der Proceß von neuem aufgenommen, und am 6. Juli n. St. 1635 fiel sein Haupt im Rathhaus zu Wien durch Henkershand. Zwei Brüder des Enthaupteten waren in kaiserlichen Diensten vor dem Feinde geblieben, zwei Söhne dienten zur Zeit seines Todes noch in der Armee.

Akten des k. k. Kriegsarchivs und der Registratur des k. k. Reichskriegsministeriums in Wien. Hallwich, Wallensteins Ende, 1. u. 2. Bd., Leipzig 1879.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Über diese Person existiert in Band 4 ein weiterer Artikel.