ADB:Kroock, Cornelius

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Artikel „Crocus, Cornelius“ von Johannes Bolte in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 47 (1903), S. 562–563, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Kroock,_Cornelius&oldid=- (Version vom 26. April 2024, 09:16 Uhr UTC)
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Crocus: Cornelius C. (Kroock, neulateinischer Dramatiker des 16. Jahrhunderts. Um 1500 zu Amsterdam geboren, studirte er in Löwen unter Hadrianus Barlandus, der am Collegium Buslidianum die lateinische Sprache lehrte. Da er von dem als Gegner Luther’s bekannten Bischof John Fisher von Rochester die niederen Weihen empfing, scheint er auch England besucht zu haben. Nachdem er vor 1528 an eine der beiden Hauptschulen seiner Vaterstadt berufen worden war, trat er in mehreren Schriften als eifriger Vertheidiger der katholischen Lehre hervor. So bekämpfte er 1531 in einem offenen Briefe an seinen Landsmann Johannes Sartorius die protestantische Rechtfertigungslehre und wandte sich 1535 nachdrücklich gegen die Bestrebungen der Wiedertäufer. Einen Ruf an die 1537 vom portugiesischen Könige Johann III. neu organisirte Universität Coimbra schlug er aus, da er seine alte Mutter nicht verlassen wollte. Im März 1544 ward er zum Rector der Stadtschule „aan de Oude Zijde“ ernannt, hatte aber viele Reibereien mit dem Rathe von Amsterdam. Hierdurch verbittert, machte er sich, nachdem seine Mutter zu Anfang 1549 gestorben war, auf die Reise nach Rom, wo Loyola acht Jahre zuvor den Jesuitenorden gestiftet hatte. Ueber Paris, wo man ihn vergeblich mahnte, eine günstigere Jahreszeit abzuwarten, eilte er zu Fuß (so wollte es sein Gelübde) nach dem Ziele seiner Sehnsucht und langte erschöpft mitten im Sommer 1550 in Rom an. Loyola nahm ihn alsbald in seinen Orden auf; aber schon nach wenigen Tagen ward er durch Krankheit dahingerafft und in Rom bestattet.

Von finsterem und verschlossenem Charakter, besaß C. eine gründliche humanistische Bildung und verfügte über eine schwungvolle Rhetorik, die auch Hadrianus Junius rühmt. Als strenger Katholik suchte er die Colloquia des Erasmus und die Grammatik Melanchthon’s aus den Schulen zu verdrängen und durch eigne Lehrbücher zu ersetzen; alle anstößigen Stellen der antiken Autoren hielt er den Schülern sorgfältig fern. Auch seine zur Feier des von Karl V. in Tunis erfochtenen Sieges am 15. September 1535 zu Amsterdam aufgeführte lateinische Komödie „Joseph“ (Antverpiae 1536 u.[WS 1] ö.) sollte im Gegensatze zu den frivolen Stücken des Plautus und Terenz ein Beispiel für die züchtige Behandlung eines biblischen Stoffes liefern. Sichtlich ward er durch den Acolastus des Gnapheus, auf dessen Vorrede er anspielt, angeregt, zeigt aber in seiner Behandlung bemerkenswerthe Selbständigkeit. Mit richtigem Blicke greift er den für die scenische Wirkung geeignetsten Abschnitt der Josephgeschichte heraus, die Liebesleidenschaft der Sephirach, der Gattin Potiphar’s. Entgegen der epischen Vollständigkeit, in die spätere Dichter immer wieder zurückfallen, beschränkt und vereinfacht er nach antikem Vorbilde die Handlung aufs möglichste, indem er zu den Ereignissen in Potiphar’s Hause nur die mehrere Jahre später erfolgende Berufung Joseph’s aus dem Gefängniß an den Königshof, aber nicht seine Rechtfertigung und Erhöhung hinzufügt. Im Vorworte entschuldigt er ausdrücklich seine Abweichung von der strengen Einheit der Zeit und des Ortes mit dem Beispiele des Aristophanes, [563] Plautus und Terenz. Um die drei Hauptpersonen Joseph, Sephirach und Potiphar, deren Charaktere anschaulich gezeichnet werden, gruppirt er nur wenige Nebenpersonen, den Sklaven Mago, den Kerkermeister und den Mundschenken. Joseph ist nicht blos das Musterbild standhafter Keuschheit, sondern tritt uns auch durch ein vorübergehendes leises Schwanken menschlich näher. Vor allem ragt die Figur der sinnlichen und leidenschaftlichen Aegypterin, die mit hinreißender Beredsamkeit um Joseph’s Liebe wirbt und dann voller Rachsucht ihren nüchternen Gatten gegen ihn aufhetzt, über alle Leistungen der gleichzeitigen Dichter hervor, obwol er die Verführungsscene selber und die Anklage vor Potiphar aus pädagogischen Rücksichten hinter die Bühne verlegt. Seine Auffassung blieb nicht blos für seine Verdeutscher Hans v. Rüte (Bern 1538) und Jonas Bitner (Straßburg 1583), sondern für fast alle ihm folgenden Dramatiker bis ins 17. Jahrhundert maßgebend.

Die ältere Litteratur bei Van der Aa, Biographisch Woordenboek der Nederlanden 3, 849 und A. de Backer, Bibliothèque des écrivains de la comp. de Jésus 1, 1465. 3, 2107. – J. ter Gouw, Geschiedenis van Amsterdam 5, 465. – A. v. Weilen, Der ägyptische Joseph im Drama des 16. Jahrhunderts, 1885, S. 25–30. – Einen Neudruck des Joseph habe ich seit Jahren vorbereitet.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Digitalisat MDZ München