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ADB:Lübeck, Siegfried senior von

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Artikel „Lübeck, Siegfried senior von“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 19 (1884), S. 325–327, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:L%C3%BCbeck,_Siegfried_senior_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 22:12 Uhr UTC)
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Lübeck: Siegfried und Heinrich v. L., zwei Mitglieder des Greifswalder Rathes zur Zeit des großen dänischen Krieges unter Waldemar Atterdag (1361–70), waren die Nachkommen von Johannes v. L. II. und Walter v. L. I. (s. d. B.) und wußten in gleicher Weise, wie ihre Vorfahren, den Glanz [326] ihres alten Geschlechts zu erhöhen. Heinrich v. L. II., Walters Sohn, von der jüngeren Linie, und zur Unterscheidung von Heinrich v. L. I. senior, dem Sohne von Johannes v. L. II., „Heinrich junior“ genannt, erscheint schon seit 1341 im Rathe und erhielt 1354 die Bürgermeisterwürde. In diesem Amte unterstützte er, im Verein mit den übrigen pommerschen Städten, die Wolgaster Herzoge in der Fehde, welche dieselben gegen ihre Vettern von der Stettiner Linie führten, weil letztere den Markgrafen von Brandenburg die den Wolgastern zustehende Anwartschaft auf Stettin gewährt hatten. Als dieser Streit durch Kaiser Karl IV. (1348) beigelegt war, vereinigten sich jedoch beide Linien mit den Grafen von Gützkow gegen die Herzoge von Mecklenburg, welche, angereizt durch die Zweideutigkeit des Kaisers, der (15. Juni 1348) Pommern mit Rügen und (8. Juli 1348) Mecklenburg mit den rügischen Ländern Barth und Damgarten belehnt hatte, sich zum zweiten rügischen Erbfolgekrieg rüsteten. Da sie aber (25. October 1351) am Schopendamm bei Loitz eine entscheidende Niederlage erlitten, ward der Besitz von Rügen im Stralsunder Frieden (12. Febr. 1354) den Wolgaster Herzogen bestätigt, ein Gewinn, welcher leider mit dem Tode des Grafen Henning V. von Gützkow, des Letzlings seines Geschlechts erkauft wurde, in Folge dessen die Grafschaft bald darauf, nach dem Tode Johanns III. v. Gützkow (1359), ebenfalls an Wolgast fiel. In dieser ernsten Zeit, welche noch durch die Epidemie des schwarzen Todes (1348–51) an Schrecken vermehrt wurde, betheiligte sich Heinrich v. L. II. zum Wohle der Stadt an mehreren neuen Gesetzen, sowie an der Einrichtung von zwei neuen Stadtbüchern, einem Renten- und einem Erbebuche. Auch vereinigten sich die vier pommerschen Städte Stralsund, Greifswald, Anklam und Demmin (1353) zu gemeinsamen Statuten, welche in niederdeutscher Sprache abgefaßt wurden. Während einzelne Bürger zahlreiche milde Stiftungen begründeten, erwarb die Stadt vom Kloster Eldena größeren Grundbesitz am Ryckflusse und unternahm an den Kirchen mehrere Neubauten im gothischen Stil, u. a. das Chor der Minoritenkirche durch das Geschlecht Hilgemann, und mehrere Theile der Marienkirche, namentlich die St. Annencapelle an der Südseite im blühenden gothischen Stil. Vielleicht gehören Chor und Thurmspitze der Nicolai- und der achteckige Chorschluß der Jacobikirche auch in diese Zeit. Seit 1361 wirkte er, vereinigt mit seinem Vetter Siegfried v. L. junior, von der älteren Linie, einem Sohne von Heinrich v. L. I. senior und Enkel von Johann v. L. II., im Rathe und erhielt beim Ausbruch des großen dänischen Krieges gegen Waldemar Atterdag einen noch um Vieles erweiterten und erhöhten Kreis seiner Thätigkeit. Unter seinem und seiner Genossen, der Bürgermeister Everhard Rubenow und Nicolaus Westphal Vorsitz wurden am 1. August und 7. September 1361 in Greifswald zwei Hansatage gehalten, in Folge welcher Bündnisse mit den Königen Magnus und Hakon von Schweden und Norwegen zu Stande kamen, sowie die Ausrüstung einer Flotte, deren Oberbefehl der Lübecker Bürgermeister Johann Wittenborg empfing. Zugleich unterwarfen die beiden Greifswalder Kämmerer, Joh. Wilde und Joh. Bokholt das Zeughaus mit seinen Waffen einer genauen Prüfung. Leider hatte der Anfang dieses Krieges trotz aller sorgfältigen Vorbereitung durch die Niederlage bei Helsingborg einen ungünstigen Verlauf und wurde durch einen von den pommerschen Herzogen vermittelten Waffenstillstand (1364) unterbrochen. Um so eifriger sehen wir aber Heinrich v. L. mit den anderen Bürgermeistern und den Rathsherren Lamb. Warendorp, Heinrich Schuppelenberg (s. d. B.), Arnold Lange und Joh. Bokholt, seit jener Zeit auf den Hansatagen in Stralsund und Lübeck thätig, um durch vermehrte Rüstungen den Bund zu stärken und zu einem neuen Feldzuge vorzubereiten. Diese übermäßige Anspannung seiner Kräfte führte jedoch bei seinem höheren Alter im [327] J. 1365 seinen Tod herbei. Seinem Stralsunder Amtsgenossen Bertram Wulflam (s. d. B.) und seinem Vetter Siegfried v. Lübeck blieb es vorbehalten, die Früchte seiner Anstrengungen zu ernten. Die große Flotte der Hansa erfocht (1368) einen glänzenden Sieg über Dänemark, sodaß Waldemar genöthigt war, im Stralsunder Frieden (24. Mai 1370) Schonen als Pfand den Städten zu überlassen und die Bestätigung der dänischen Königswahl von dem Willen des Bundes abhängig zu machen. Auf diesen Versammlungen und beim Verkehr mit den dänischen Reichsräthen mochte Siegfried v. L. einen Mangel gelehrter Bildung empfunden haben; in Folge dessen begab er sich mit seinem Bruder Johannes v. L. VI., welcher als Priester dem geistlichen Stande angehörte, nach der Universität Prag, wo beide (31. März 1370) den Grad eines Baccalars und (24. Febr. 1371) den eines Licentiaten in der Artistenfacultät empfingen und (1. August 1372) als Magister der freien Künste promovirt, Vorlesungen an der dortigen Hochschule hielten. Nach Greifswald zurückgekehrt, wirkte er mit seinem Oheime Siegfried v. L. senior und seinem Vetter Gotschalk I. von der jüngeren Linie, einem Bruder Heinrichs v. L. II. und Enkel Walters v. L. I., zusammen, im Rathe und veranlaßte auch den Sohn des letzteren, Gotschalk v. L. II., im J. 1380 in Prag den Grad eines Baecalars in der Artistenfacultät zu erwerben. Dann erlangten beide, nach dem Tode von Everhard Rubenow (1379), die Bürgermeisterwürde, starben aber schon 1382. Vermählt waren beide Siegfried v. L. mit Töchtern des Rathsherrn Lorenz Lowe, aus einem alten Geschlecht, dem das Dorf Lewenhagen seinen Ursprung verdankt, Heinrich v. L. II. dagegen mit einer Tochter des Bürgermeisters Heinrich Lange, eines sehr angesehenen am Fischmarkt (in der heutigen Apotheke) wohnhaften Mannes, welcher zu den Kriegskosten des rügischen Erbfolgekriegs von 1326–29 einen Beitrag von 1200 Mark zahlte. Seinen Söhnen Heinrich v. L. IV. und Walter v. L. II., von denen jenes Töchter sich mit den Geschlechtern Schönebeck und Walsleben vermählten, hinterließ H. II. großen Grundbesitz und Reichthum. Von seinem Bruder Gotschalk v. L. I. stammten drei Rathsherren des Namens Gotschalk, zwei Rathsherren des Namens Walter, drei Rathsherren des Namens Bertram[WS 1], sowie Bernhard und Heinrich, mit den Töchtern des Stralsunder Bürgermeisters Nicolaus v. d. Lippe vermählt. Jakob v. L. IV. war (1508–9) das letzte Greifswalder Rathsmitglied; Bertrams III. Erbtochter Gesa vermählte sich mit dem Stralsunder Bürgermeister Nicolaus Schmiterlow II. (1516–39), (s. d. B.) und übertrug Reichthum und Ansehen des alten Geschlechts auf diese Familie.

Pyl, Pomm. Genealogien, II. S. 135, 149–228, 395–96; Derselbe, Geschichte des Klosters Eldena, 319, 437–57. Monumenta universitatis Pragensis, I. p. 142, 150, 152, 195. Das Wappen des G. v. Lübeck zeigt im Schild u. a. d. Helm einen Kranz von Rosen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Bertram III. von Lübeck († 15. Jahrhundert), Ratsherr in Greifswald, Bertram IV. von Lübeck († 15. Jahrhundert), Ratsherr in Stralsund.