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ADB:Liebenau, Hermann von

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Artikel „Liebenau, Hermann von“ von Gerold Meyer von Knonau in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 18 (1883), S. 562–563, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Liebenau,_Hermann_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 01:50 Uhr UTC)
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Liebenau: Hermann v. L., geb. am 3. Octbr. 1807, † am 28. Juli 1874 zu Luzern, schweizerischer Geschichtsforscher. Seinem Berufsstudium nach Arzt – 1836 war nach Studien auf deutschen und österreichischen Universitäten die Promotion des Dr. med. erfolgt –, war L. durchaus in seinen litterarischen Arbeiten auf dem historischen Felde thätig. Nach zweimaligem längerem Aufenthalte im Schloß Eppishausen (K. Thurgau) bei dem ihm persönlich nahe stehenden Freiherrn von Laßberg (Bd. XII, 780), der wohl auch die historischen Studien anregte, war L. 1837 nach Luzern gekommen, von wo er nur noch 1855 bis 1860 als Oberarzt im römischen Kriegsdienste wieder abwesend war. Nach einigen Schriften zur Tagesgeschichte, von welchen besonders „Der Aprilgang der Freischaaren aufgeführt im Jahre 1845 gen Luzern“ (Luzern 1845) schon im Titel die politische Auffassung des Verfassers bestimmt darlegt, wandte sich L. der mittelalterlichen Geschichte zu. Zuerst erschien – schon 1846 (Luzern) – : „Versuch einer urkundlichen Darstellung des reichsfreien Stiftes Engelberg St. Benedicten-Ordens in der Schweiz, XII. und XIII. Jahrhundert“. Dann gab L. Beiträge zu Kopp’s „Geschichtsblättern“, zu den Mittheilungen der zürcherischen antiquarischen Gesellschaft („Die Winkelriede von Stans, bis auf Arnold Winkelried, den Helden von Sempach“, in Bd. IX. 1854), zum Anzeiger für österreichische Geschichte, zu ähnlichen schweizerischen historischen Notizblättern, u. s. f. Daneben aber verfaßte er zuerst in zwei „Neujahrsblättern aus der Urschweiz“ (Luzern 1857 und 1858) Abhandlungen zur Entstehungsgeschichte der Eidgenossenschaft: „Die Ursachen der Entstehung der Eidgenossenschaft“ und „Förderung der Eidgenossenschaft durch des Hauses Habsburg innere Verhältnisse“, und führte hierauf 1864 das da Angedeutete in dem Buche „Die Tell-Sage zu dem Jahre 1230“ (Aarau) näher aus. Auf Winkelried kam er 1862 in „Arnold Winkelried, seine Zeit und seine That, ein historisches Bild nach den neuesten Forschungen“ (Aarau) einläßlich zurück. Seine letzten Jahre widmete L., dabei schon von seinem Sohne – Theodor von Liebenau – unterstützt, Forschungen einerseits über die von ihm mit eigentlich persönlicher Verehrung unter großem Müheaufwand geschilderte „Lebensgeschichte der Königin Agnes von Ungarn, der letzten Habsburgerin des erlauchten Stammhauses im Aargau“ (Regensburg 1868: – Nachweise dazu in der Argovia, Bd. V, 1866), andererseits über die Geschichte des St. Gotthardpasses („Urkunden [563] und Regesten zur Geschichte des St. Gotthardpasses“, im Archiv für schweizer. Geschichte, Bd. XVIII-XX, 1873–1875). Auch als belletristischer Schriftsteller bethätigte sich L. zuweilen in Zeitschriften. – Die historischen Arbeiten, welche L. schuf, zeichnen sich durch ein eigenthümlich warmes inneres Verhältniß, in welches sich der Verfasser zu seinem Stoffe zu setzen verstand, sowie anerkennenswerthen Fleiß aus. Dagegen klebt denselben ferner, und zwar auch den letzten, theilweise, wie die Lebensgeschichte der Königin Agnes, über das Maß ausgedehnten größeren Werken, manches Sonderbare in der Eintheilung und Darstellung des Stoffes, der gesammten Behandlungsweise an. Die Phantasie des Verfassers hat bei einzelnen seiner Combinationen allzu stark mitgewirkt. So beruht das Thema der Schrift über die Tell-Sage darauf, daß König Heinrichs VII. Freiheitsbrief für Uri von 1231 eine Nachwirkung stürmischer Auftritte gewesen sei, welche an den im vorhergehenden Jahre (1230) geschehenen Tellenschuß auf den Untervogt über Uri und Schwyz sich angeschlossen hätten: die Person dieses gewaltsam zum Tode gebrachten Vogtes aber sei der Ulrich Kesseler gewesen (einen Urner dieses Namens fand L. zu 1217 urkundlich vor): „Wir sehen, daß die Familie Kesseler ein Dienstmannsgeschlecht aus Uri war; so mochte in Uri der Name des Vogtes vor 1231 sich im Volksmunde lange richtig als Kesseler forterben, bis später eine Verwechselung in Geßler stattfand“ – so lautet die Schlußfolgerung.