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ADB:Lipsius, Constantin

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Artikel „Lipsius, Constantin“ von Hermann Arthur Lier in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 5–7, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lipsius,_Constantin&oldid=- (Version vom 13. November 2024, 13:40 Uhr UTC)
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Lipsius: Johann Wilhelm Constantin L., Architekt, wurde am 20. October 1832 in Leipzig als ein Sohn des im J. 1861 als Conrector der Thomasschule zu Leipzig verstorbenen Karl Heinrich Adalbert Lipsius geboren. Er gehörte einer seit langem bekannten Gelehrtenfamilie an, ergriff aber im Gegensatz zu seinen beiden Brüdern nicht einen wissenschaftlichen Beruf, sondern wandte sich dem eines Architekten zu, indem er zuerst die Baugewerkenschule und dann die Kunstschule seiner Vaterstadt besuchte. In den Jahren 1851 bis 1854 war er Schüler der Dresdener Kunstakademie und stand als solcher zunächst unter dem Einfluß des feinsinnigen, aber ängstlichen Hermann Nikolai, mit dessen Auffassung der Renaissance L. später vollständig brach. Es folgten nun Studienreisen nach Italien, wo er sich längere Zeit in Venedig aufhielt, und nach Frankreich. In Paris blieb L. ein volles Jahr und arbeitete hier in dem Atelier des Architekten Hittorf, während dieser Zeit sich auf das Eingehendste mit den [6] neueren Schöpfungen der dortigen Baukunst vertraut machend. Nach seiner Rückkehr nach Leipzig im J. 1856 entwickelte er bald eine ausgedehnte praktische Thätigkeit als Baumeister, wobei er sich hauptsächlich der Formen der sogenannten norddeutschen Renaissance bediente. Seine bekannteste Schöpfung aus dieser Zeit ist das gemeinsam mit einem andern Architekten (Mothes oder Rhode?) in den Jahren 1860–1861 errichtete Wohnhaus des Herausgebers der „Gartenlaube“, Ernst Keil. Das erste kirchliche Bauwerk, das er ausführte, war die gothische Kirche für Wachau bei Leipzig (1866). Bald darauf leitete er die Restauration der Stadtkirche in Borna und führte zum ersten Male die innere Ausschmückung farbig durch. Bei der Concurrenz um den Rathhausbau in München im J. 1866 hatte er wenigstens den Erfolg, daß sein Entwurf gleich denjenigen von Hauberisser, Hügel, Poppe und Zenetti von der Stadt angekauft wurde. Bei dem Wettbewerb um die Börse in Chemnitz gewann er nicht nur den ersten Preis, sondern es wurde ihm auch die Ausführung dieses Baues nach seinen Plänen übertragen. Durch seine Verbindung mit begüterten und einflußreichen Leipziger Familien fielen ihm auch eine Anzahl größerer Privataufträge zu, z. B. der Umbau des Schlosses Klein-Zschocher bei Leipzig für den Baron v. Tauchnitz und später noch der Umbau und weitere Ausbau des gräflichen Hohenthal’schen Schlosses Püchau bei Wurzen, mit dem er in den Jahren 1873–1879 beschäftigt war. Der erste größere Monumentalbau, der ihm übertragen wurde, war das Johannis-Hospital an der Hospitalstraße in Leipzig. Nach seiner Vollendung im J. 1872 wurde er zum königlichen Baurath ernannt. Für seine Verdienste um die Ausschmückung der Straßen und Plätze Leipzigs beim Einzuge Kaiser Wilhelm’s I. in Leipzig im J. 1876 wurde ihm der Kronenorden III. Classe verliehen. Im gleichen Jahre trat er als Director an die Spitze der Leipziger Baugewerkenschule. Bei der im J. 1877 erfolgten Ausschreibung der Pläne für den Bau der Peterskirche in Leipzig wurde sein Entwurf zwar nicht mit dem ersten Preis gekrönt, doch war seine Arbeit wenigstens insofern nicht vergebens, als der an zweiter Stelle prämiirte Entwurf des Architekten Hartel mit dem seinigen zusammengearbeitet wurde und er in Verbindung mit Hartel die Bauausführung erhielt. Er fand dabei Gelegenheit, seine Kenntnisse der französischen Gothik zu verwerthen und durch die Verschmelzung von Formen der französischen Frühgothik mit einem spätgothischen Systeme etwas ganz Eigenartiges zu schaffen. Seine letzte Arbeit, die er für seine Vaterstadt in Angriff nahm, war die 1878 begonnene und erst 1889 vollendete Renovirung der Leipziger Thomaskirche. Im Juli 1881 wurde L. zum Nachfolger seines ehemaligen Lehrers Nicolai als Professor der Architektur an die königliche Kunstakademie nach Dresden berufen. In dieser Stellung hat er fast dreizehn Jahre lang eine von seinen Fachgenossen und Schülern warm anerkannte Thätigkeit entwickelt. Er neigte einer prunkvollen Auffassung der Renaissance zu und suchte seine Schüler in diesem Sinne zu erziehen, so daß fortan „die Ausstellungen ihrer Studienarbeiten den Ausstellungen bei hervorragenden Preisbewerbungen zu gleichen pflegten und sie den fortreißenden Schwung, den Sinn für das Große und Ideale offenbarten, den L. in seinen Schülern zu erwecken verstand“. Seine eigene Arbeitskraft wurde in Dresden im wesentlichen durch die ihm übertragene Planung und Ausführung des Neubaues der Kunstakademie und des Ausstellungsgebäudes auf der Brühlschen Terrasse in Anspruch genommen. Diese Aufgabe, welche schon wegen der außerordentlichen Schwierigkeiten in den Niveauverhältnissen kaum zu bewältigen war, hat er mit einer hoch anerkennenswerthen Gestaltungskraft zu lösen sich bemüht, ohne ihrer völlig Herr zu werden. Er mußte sich daher [7] schon bei Lebzeiten mancherlei Anfeindungen und Angriffe gefallen lassen, hatte aber wenigstens die Genugthuung, daß der Dresdener Architektenverein, welcher anfangs gegen die Wahl des Bauplatzes Einspruch erhoben hatte, ihn zu seinem Vorsitzenden erwählte und sich damit gewissermaßen mit den von ihm für den Bau gewählten Stil, der sich viel an die Große Oper Garnier’s in Paris anlehnt, einverstanden erklärte. Doch war es ihm nicht beschieden, die Vollendung seines Werkes zu erleben. Er verfiel einer schweren Krankheit und starb nach kurzer Zeit in der Nacht vom 10. zum 11. April 1894. Als Schriftsteller hat sich L. durch eine geistvolle Würdigung Semper’s hervorgethan, welche unter dem Titel: „Gottfried Semper in seiner Bedeutung als Architekt“ 1880 in Berlin erschien.

Ernst Fleischer, Constantin Lipsius. Rede bei der Gedächtnißfeier. Dresden (1894). – Bernh. Kühn, Rede beim Begräbniß des Königl. Baurathes Johann Wilhelm Constantin Lipsius in Dresden. Leipzig 1894. – Dresdener Rundschau, 3. Jahrg. Dresden 1894, Nr. 16. – Illustrirte Zeitung, Nr. 2652. Leipzig 1894, Bd. 102, S. 454. – Die Kunst für Alle, 9. Jahrg. 1893–1894. München 1894, S. 237, 257–264, 274.