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ADB:Lyra, Justus Wilhelm

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Artikel „Lyra, Justus Wilhelm“ von Max Bär in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 52 (1906), S. 144–145, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Lyra,_Justus_Wilhelm&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 20:22 Uhr UTC)
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Lyra: Justus Wilhelm L., Theolog und Componist weltlicher und geistlicher Lieder, wurde als Sohn des Kanzleiregistrators Friedrich Wilhelm L. am 23. März 1822 in Osnabrück geboren. Schon als Knabe zeigte L. bedeutende musikalische Begabung; bereits mit 16 Jahren componirte er eine Motette, mit 17 Jahren setzte er den 97. Psalm mit Orchesterbegleitung in [145] Musik. Zum Studium der vergleichenden Sprachwissenschaft bezog er 1841 die Universität Berlin, wo er gleichzeitig dem Studium der Musik oblag. Dort erstand im folgenden Jahre seine Composition des Geibel’schen Liedes „Der Mai ist gekommen“, die seinen Namen, nachdem er lange unbekannt geblieben, für immer mit diesem zur Volksmelodie gewordenen Liede verknüpfen und erhalten wird. Zu derselben Zeit besorgte er in Gemeinschaft mit Anderen die Herausgabe eines Liederbuches „Deutsche Lieder“, Leipzig 1843. Hier finden sich seine noch heute als beliebteste Studentenlieder gesungenen Melodien „Zwischen Frankreich und dem Böhmerwald“, „Mein Mus’ ist gegangen in des Schenken sein Haus“, „Die bange Nacht ist nun herum“, „Durch Feld und Buchenhallen“, „Es schienen so golden die Sterne“, „’s war einer, dem’s zu Herzen ging“, „Es war einmal ein König“ und andere, und vor allen „Der Mai ist gekommen“. Im J. 1843 siedelte er nach Bonn über, trat dort der Burschenschaft Fridericia bei, begründete einen Gesangverein und ging – durch innere Erlebnisse und durch die Predigten von Nitzsch angeregt – zum Studium der Theologie über, das er in Berlin und Göttingen beendete. Unglückselige häusliche Verhältnisse, Seelenkämpfe und körperliches Leiden veranlaßten es, daß er erst spät ein geistliches Amt übernahm. Die Zwischenzeit füllte er durch eindringende Privatstudium namentlich des Sanskrit und der indischen Religionsphilosophien aus, veranlaßt durch die Bearbeitung einer Preisaufgabe über das Vedantasystem als Religion und Philosophie. Das damals entstandene dreibändige Werk Devadatta beruht handschriftlich in der Central-Missionsbibliothek in Halle.

Nach kurzer Amtsthätigkeit in Lingen und als Lazarethgeistlicher in Langensalza wurde L. 1867 Pastor in Wittingen, 1869 zu Bevensen und 1877 in Gehrden bei Hannover. Dort ist er am 30. December 1882 als Pastor primarius gestorben. Auch dieser Abschnitt seines Lebens war reich an wissenschaftlichen Arbeiten und an tondichterischer Thätigkeit. Diese diente seit seinem Uebergang zum geistlichen Amte der geistlichen Musik und lieferte als schönste Frucht die Composition seiner Weihnachtscantate nach dem Text von Matthias Claudius. Erst nach seinem Tode ist ein Theil seiner weltlichen und geistlichen Lieder veröffentlicht worden: Deutsche Weisen von Justus W. Lyra, 5 Hefte, Breitkopf & Härtel, Lpzg; Zwölf kleine Motetten her. v. Kirchenverband der Provinz Hannover. – Von seinen Schriften sind, von kleineren abgesehen, zu nennen: „Die liturgischen Altarweisen des lutherischen Hauptgottesdienstes“, 1873; „Andreas Ornitoparchus von den Kirchenaccenten“, 1877; „Von der Kirche und ihrer Selbsterhaltung in der gegenwärtigen Zeit“, 1875; „Vom Vertrauen des Bräutigams und der Braut“, 1875; „Die Lehre von den letzten Dingen“, 1880; „Zur älteren Geschichte des Kirchspiels Gehrden“, 1882. – Dr. M. Luther’s Deutsche Messe nach der Wittenberger Originalausgabe von 1526, herausgegeben von Dr. theol. Max Herold, Gütersloh 1904. Am 30. April 1905 wurde ihm in Osnabrück ein Denkmal gesetzt.

Vgl. Bär und Ziller, Justus Wilhelm Lyra, der Componist des Liedes „der Mai ist gekommen“, in den Mittheilungen des Historischen Vereins zu Osnabrück Bd. 25 und als Sonderausgabe, Leipzig 1901.