ADB:Lützow, Adolf Freiherr von
Schill an, errichtete eine Dragonerschwadron, mit welcher er an den Streifzügen in die Umgegend theil nahm, und wurde im Gefecht bei Naugard am 16. Febr. 1807 schwer verwundet. Mit dem Orden pour le mérite geschmückt, wurde er bei der Reorganisation der Armee im 2. Brandenburgischen Husarenregiment angestellt, erhielt aber 1808 als Major den erbetenen Abschied und betheiligte sich nun eifrig an den Vorbereitungen zur Abschüttelung des fremdherrlichen Joches. In naher Verbindung mit Schill, übte er auf dessen Entschluß loszuschlagen, bedeutenden Einfluß, nahm, obgleich er noch am Krückstocke ging, an dessen Zuge vom Jahre 1809 theil und sprach sich, als am Nachmittage des 4. Mai in Bernburg die Frage ob umkehren, ob den Marsch fortsetzen? – erwogen wurde, lebhaft für die letztere Alternative aus, indem er vorschlug, sich nach Ostfriesland zu wenden. Aber schon am folgenden Tage endete seine Theilnahme; in dem Gefechte bei Dodendorf wurde er an der Spitze der 2. Schwadron bei einem gelungenen Angriffe auf ein feindliches Viereck von neuem schwer verwundet. Da er beim Ausmarsche nicht im Dienst gewesen war, wurde er dem zur Aburtheilung Schill’s niedergesetzten Kriegsgerichte nicht unterworfen (G. Bärsch, Schill’s Zug und Ende, Leipzig 1860) und, nach völliger Herstellung von seinen Wunden, 1811 als inaktiver Offizier von der Armee in diese wieder aufgenommen. Als dann zu Anfang des Jahres 1813 der Plan auftauchte, ein Freicorps zu errichten, welches besonders im Rücken des Feindes agiren und vorzüglich aus Ausländern bestehen sollte, lenkte Scharnhorst die Wahl zum Führer desselben auf L., welcher wegen seiner Bekanntschaft mit den Verhältnissen solcher Truppen, wegen seiner Theilnahme an Schill’s Zuge und wegen seiner mannichfachen Beziehungen in den Kreisen der Patrioten dazu besonders geeignet erschien. Am 18. Febr. ertheilte der König ihm die Erlaubniß zur Errichtung; sein Corps sollte sich durch Freiwillige, vorzüglich durch Ausländer, rekrutiren, die sich selbst zu kleiden und beritten zu machen hätten; die Besoldung und, wenn es sein mußte, die Waffen gab der Staat. Das Wirthshaus „zum goldenen Zepter“ in Breslau wurde der Werbeplatz, Major von Petersdorff (s. d.) [721] stand L. als der eigentliche Organisator zur Seite, die Cavallerie wurde bald nach Rogau (bei Zobten am Berge) verlegt, von wo das Corps, nachdem es in der Kirche eingesegnet war, am 27. März nach Leipzig abmarschirte. Beim Einrücken dort zählte es 1400 Mann zu Fuß, 340 zu Pferde; in seinen Reihen waren alle Stände vertreten: Adel, Bürger und Bauern, Wissenschaft und Kunst, Handel und Gewerbe; eine besondere Abtheilung bildeten Tiroler; sie alle einte der gemeinsame Zweck, Befreiung des Vaterlandes, und das Sinnbild der Trauer um des letzteren Schmach, das schwarze Kleid. Am 25. April brach L. von Leipzig wieder auf. Er hatte den Befehl im Harz und den angrenzenden Gegenden bis in das Lippe’sche zu streifen und dort namentlich auch eine Erhebung des Volkes ins Werk zu setzen. Als die Stärke des Feindes und die Anfang Mai stattgefundene rückgängige Bewegung der eigenen Truppen ihm dies unausführbar erscheinen ließen, beschloß er, nach einer Zeit ziemlich zwecklosen Umherziehens in Sachsen und der Altmark, einen Zug in das Thüringsche und Bayreuthsche zu unternehmen. Am 29. Mai marschirte er dazu mit der Cavallerie sowie einigen russischen Husaren und Kasaken von Stendal ab, die Infanterie unter Petersdorff blieb zurück. Geschickt operirend und dem Feinde mancherlei Schaden zufügend, kam er bis nach Plauen im Vogtlande, wo er am 11. Juni die Nachricht vom Abschluß des Waffenstillstandes erhielt. Am 13. trat er den Rückweg an, wurde aber in den Abendstunden des 17. beim Dorfe Kitzen (Ein Streifzug der Lützow’schen Reiterschaar und der Ueberfall bei Kitzen, Berlin 1863) durch, vom General Fournier kommandirte französische und württembergische Truppen unter General Graf Normann auf Befehl Arrighi’s in völkerrechtwidriger und hinterlistiger Weise angegriffen; seine Schaar erlitt starke Verluste und wurde ganz und gar auseinandergesprengt, er selbst wurde verwundet. – Während des Waffenstillstandes ward das Corps auf 2800 Mann Infanterie, 480 Pferde und 8 Geschütze gebracht; mit dem Wiederbeginn des Krieges hörte indeß die gesonderte Verwendung desselben auf, es wurde der Heeresabtheilung des General Graf Wallmoden zugetheilt, welche zur Nordarmee des Kronprinzen von Schweden gehörig, an der Niederelbe zu operiren bestimmt war. Bei dieser bestand es selbständig mehrere Gefechte, so das bei Gadebusch am 26. August, in welchem Lützow’s Adjutant Körner fiel; im Treffen bei der Göhrde am 16. September wurde dieser selbst bei einem Angriff auf ein französisches Viereck von neuem schwer verwundet. Ende November traf er genesen beim Corps wieder ein, vier Wochen später erhielt er die Erlaubniß – während der Rest der Seinen in Holstein zurückblieb, wo der Kampf sich dem Ende nahte – mit zwei Schwadronen an den Rhein zu rücken. Von hier folgte er der Armee nach Frankreich, wo er im Geiste eines Freicorpsführers mit Geschick zwischen den getrennten Heeresabtheilungen operirte, bis eine, im Gefecht mit insurgirten Bauern, am 16. März in den Ardennen erhaltene neue Verwundung seine Theilnahme am Feldzuge beendete. Die Erwartungen, welche sich an Lützow’s „wilde verwegene Jagd“ bei ihrer Errichtung geknüpft hatten, waren freilich nicht in Erfüllung gegangen, die „schwarze Schar“ hatte der guten Sache nicht diejenigen Dienste geleistet, welche man aus der Fülle von Patriotismus und Intelligenz, die im Corps vertreten war, hätte ziehen können; die Liebe des Volkes aber ist den Lützowern trotzdem treu geblieben, das tragische Geschick, von dem sie bei Kitzen ereilt wurden, der ideale Flug, von dem die Mitglieder beseelt waren und den Napoleon instinctiv haßte und verfolgte, sowie Körner’s Schlachtgesänge, durch welche die Grundstimmung der ganzen Erhebung dem Gedächtnisse der Nachwelt bewahrt ist, haben wesentlich zu dem poetischen Hauche beigetragen, der Lützow’s und der Seinen Bild umgiebt. [722] – Als bei der Neuformation der Armee die Infanterie des Corps den Stamm des 25. Infanterie- (Stawitzky, Geschichte des 25. Infanterie-Regiments, Coblenz 1857), die Cavallerie den des 6. Ulanenregiments zu bilden berufen ward, wurde Oberstlieutenant von L. zum Commandeur des letzteren Regiments ernannt. Im Feldzuge von 1815 führte er eine Brigade, focht tapfer bei Gosselies am 15. und bei Fleurus und Ligny am 16. Juni, wurde aber bei letzterer Gelegenheit, als er Abends das 6. Ulanenregiment gegen feindliche Infanterie führte, wiederum verwundet und, unter seinem erschossenen Pferde liegend, gefangen genommen. Napoleon, zu welchem er gebracht wurde, befahl ihn gut zu behandeln; der Friede befreite ihn bald wieder. Nachdem er sein Regiment, das nunmehrige 6. Ulanenregiment, in die Heimath geführt hatte, erhielt er 1816 das Commando einer Cavalleriebrigade in Münster, vertauschte dieses 1830 mit einer gleichen Stellung in Torgau, wurde 1833 zur Disposition gestellt, zog nach Berlin und starb hier am 6. Decbr. 1834 am Schlage. – Seine im J. 1810 mit Elise Gräfin Ahlefeldt (Bd. I, 160) geschlossene Ehe war nicht glücklich. Als das gemeinsame Ziel, welches die Gatten zusammengeführt hatte, die Befreiung vom Joche des korsischen Unterdrückers, erreicht war, wurde beiden klar, daß sie nicht für einander paßten, 1825 trennten sie sich freiwillig, auch später noch in freundschaftlichen Beziehungen bleibend. – L. war eine einfache Soldatennatur, ohne höhere militärische Fähigkeiten und ohne organisatorisches Talent, aber tapfer und treu.
Lützow: Ludwig Adolph Wilhelm Freiherr von L., der Führer des nach ihm genannten Freicorps, preußischer Generalmajor, am 18. Mai 1782 zu Berlin geboren, trat 1795 beim Grenadier-Bataillon Garde Nr. 6 in den Dienst und wurde als Secondelieutenant im Januar 1805 zum Kürassierregiment v. Reitzenstein Nr. 7 nach Tangermünde versetzt. Bei Auerstädt wurde sein Regiment fast aufgerieben; L. entkam nach Colberg, schloß sich an- Die beiden Geschichten des Lützow’schen Freicorps von Ad. S(chlüsser) [Adjutanten des Freicorps], Berlin 1826, und von Eiselen, Halle 1841 – sind ungenügend; die beste Quelle ist Bothe, Geschichte des 6. Ulanenregiments, Berlin 1865.