ADB:Mötteli

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Artikel „Mötteli“ von Johannes Dierauer in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 408, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6tteli&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 14:28 Uhr UTC)
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Mötteli, St. Galler Kaufmanns- und Junkerfamilie. Diese vornehmlich wegen ihres Reichthums eine Zeit lang berühmte Familie ist wahrscheinlich im 14. Jahrhundert durch den Handel emporgekommen. Im Anfang des 15. Jahrhunderts erscheint sie im oberen Thurgau, zu Arbon, Roggwil und Salmsach, begütert. Ein Hans M. erwarb 1425 das Bürgerrecht der Stadt St. Gallen. Dann kaufte er, wie es scheint, das Schloßgut Rappenstein an der Goldach und trug fortan den Namen „von Rappenstein, genannt Mötteli“, den sich auch die anderen Mitglieder der Familie beilegten. Zwei seiner Neffen, Rudolf und Lütfried, waren angesehene Kaufleute in St. Gallen. Sie betrieben einen ausgedehnten Leinwandhandel nach Frankreich und Spanien und kamen zu einem so bedeutenden Vermögen, daß ihr Reichthum („Mötteli’s Gut“) sprichwörtlich wurde. Nach dem 1482 erfolgten Tode Lütfrieds trat Rudolfs Sohn, „Junker“ Jakob v. Rappenstein gen. M., in den Vordergrund. Dieser „reiche M.“ nahm während mehrerer Jahrzehnte eine hervorragende Stellung in der östlichen Schweiz ein und brachte sein Haus zum höchsten Glanze. Er vermählte sich um 1490 mit einer Zürcherin, Justina v. Bonstetten, stand mit dem vornehmsten Adel der Gegend in verwandtschaftlichen Beziehungen und war Bürger in St. Gallen, Wil und Zürich, gefreiter Landmann in Appenzell und Unterwalden. Er besaß eine Reihe von Herrschaften und Lehen im Thurgau und kaufte von einem seiner Vettern, Rudolf M. (einem Sohne des Hans M.), 1508 das auf einer Anhöhe südwestlich von Rorschach gelegene Schloß Sulzberg, das, wenngleich es seither schon oft den Besitzer gewechselt hat, noch jetzt „Möttelischloß“ genannt wird. Im Uebrigen ist wenig Zuverlässiges über Junker Jakob bekannt. Schrieb man ihm einerseits unerschöpfliche Reichthümer zu, so galt er andererseits auch als einer der gewaltthätigsten und übermüthigsten Gerichtsherren. Schon 1482 hatte er sich wegen unbefugter Anwendung der Tortur in einen langwierigen Proceß mit Kaiser und Reich verwickelt. Er war in Lindau verhaftet worden und erst gegen Ende des Jahres 1485, nach mühsamen Unterhandlungen, durch die Intervention der eidgenössischen Stände gegen eine Bürgschaft von baaren 15 000 Gulden wieder auf freien Fuß gekommen. Im J. 1499 nahm er lebhaften Antheil am „Schwabenkriege“ und hielt treu zu den Eidgenossen, mußte aber erleben, daß sein Vetter Rudolf in österreichische Gefangenschaft gerieth. Noch 1513 war er Herr zu Pfyn und Wellenberg im Thurgau. Um 1522 starb er. In der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts erlosch der legitime Mannesstamm der M. Unerhörter Luxus und kostspielige Processe, die seit den Zeiten Lütfrieds wiederholt auch die eidgenössische Tagsatzung beschäftigten, untergruben rasch den Wohlstand der Familie. Ein Stück des vielverzweigten Besitzes nach dem anderen mußte veräußert werden. Nun hieß es: „Es kann Alles durchgebracht werden, sogar Mötteli’s Hab und Gut“.

Näf, Chronik oder Denkwürdigkeiten der Stadt und Landschaft St. Gallen, Zürich und St. Gallen 1867. Sammlung eidgenössischer Abschiede, Bd. II und III. Handschriftliche Materialien auf der Stadtbibliothek in St. Gallen.