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ADB:Münch-Bellinghausen, Joachim Graf von

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Artikel „Münch-Bellinghausen, Joachim Graf von“ von Franz Philipp von Sommaruga in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 716–718, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCnch-Bellinghausen,_Joachim_Graf_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 17:11 Uhr UTC)
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Münch: Joachim Graf v. Münch-Bellinghausen, geboren zu Wien am 29. September 1786, trat im Alter von 20 Jahren in den österreichischen Staatsdienst, in welchem er im J. 1813 als Leiter des Kreisamtes in Leitmeritz fungirte. In Folge der Verdienste, die er in jener Zeit um die Verpflegung der verbündeten Armeen, sowie auch um die Hebung der Landescultur und der Handels- und Gewerbeinteressen sich erwarb, ward er frühzeitig in außergewöhnlicher [717] Weise ausgezeichnet. In diese Zeit fallen schon seine Vorschläge zur Beseitigung der Hindernisse der Elbschifffahrt, welche auch in der Folge, als er zum Präsidenten der Elbschifffahrtscommission ernannt worden war, im J. 1821 zu der Elbschifffahrtsacte führten, durch welche den Bedürfnissen und Wünschen des Handels in dem damals erreichbaren Maße entsprochen wurde. Im J. 1815 in das k. k. Hauptquartier in Frankreich berufen, leistete er als Gouvernementscommissär für die Departements de l’Ain und Montblanc unter gleichmäßiger Wahrung der Interessen des Aerars wie auch der Rücksichten der Humanität die erspießlichsten Dienste. Nach Beendigung des Krieges in seine frühere Dienstessphäre zurückversetzt, interessirte er sich vorzüglich für die Emporbringung des Curortes Franzensbad, als dessen eigentlicher Schöpfer er betrachtet werden kann, und ward hierauf im J. 1818 zum Gubernialrath ernannt und im J. 1819 als Stadthauptmann nach Prag berufen. In Anerkennung der Verdienste, die sich M. in dieser Stellung um die Regelung der Elbschifffahrtsfrage erwarb, zog ihn Fürst Metternich als Hofrath in den Dienst des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, und bewirkte, daß M. schon im kommenden Jahre 1822 unter Verleihung der Geheimrathswürde zum bevollmächtigten Minister und Bundespräsidialgesandten nach Frankfurt a. M. ernannt wurde. Er zählte damals erst 37 Jahre. In dieser neuen Stellung, welche die Aufmerksamkeit der Welt hauptsächlich auf ihn lenkte, war M. vom Jahre 1823 bis zum Jahre 1848 ununterbrochen thätig, und nahm an allen den Vorfällen, welche die Wirksamkeit des deutschen Bundes charakterisiren, wesentlichen Antheil. Es gelang ihm, in dieser Stellung die Würde seiner Regierung und die Eintracht unter den am deutschen Bunde vertretenen deutschen Regierungen zu wahren, und sich insbesondere auch die Mitwirkung Preußens zu sichern, was allerdings in jener Zeit, wo fast alle deutschen Regierungen unter der Leitung des Fürsten Metternich an demselben reactionären Strange bereitwillig zogen, nicht als großes Verdienst angerechnet werden kann. Seine Thätigkeit als Bundespräsidialgesandter war charakterisirt als die eines unbedingten Anhängers des Fürsten Metternich und eines blinden Werkzeuges zur Ausführung der Anordnungen auf dem Gebiete der deutschen Politik, welche ja damals, ohne eines Impulses von Frankfurt aus zu bedürfen, fast ausschließlich vom Ballplatze aus geleitet wurde. Ohne je gegen das reactionäre System, das Oesterreich in Deutschland den Rest der deutschen Sympathien kostete, und gegen das Widerstreben gegen jede Reform des deutschen Bundes den Versuch einer Einsprache oder auch nur einer bescheidenen Vorstellung gewagt zu haben, kann M. doch von jeder Initiative rücksichtlich der gehässigen und schädlichen Maßnahmen, welche unter seiner Signatur die Thätigkeit des Organs des deutschen Bundes bezeichnen, freigesprochen werden. Seine Thätigkeit äußerte sich während der ganzen langen Dauer seiner Bundespräsidialgesandtschaft durch blinde Bewunderung und Ergebenheit gegen die Person des Fürsten Metternich, Wahrung der Würde seiner hohen diplomatischen Stellung und Bedachtnahme auf Ausnützung der damit verbundenen materiellen Vortheile. Im J. 1831 in den österreichischen Grafenstand erhoben und im J. 1841 zum Staatsminister ernannt, erkannte er mit richtigem Blicke die Bedeutung des im Frühjahr 1848 heranbrausenden Völkersturmes, um selbst seine Abberufung von Frankfurt sich zu erbitten, und zog sich, auch eine Berufung in das nach den Märzstürmen neugebildete österreichische Ministerium Kolowrat ablehnend, in das Privatleben zurück. Nachdem er noch im J. 1861 zum lebenslänglichen Mitgliede des österreichischen Herrenhauses ernannt worden war, dessen Schwelle er jedoch niemals betrat, ward der achtzigjährige Greis einen Monat nach der unglücklichen Schlacht von Königgrätz am 3. August 1866 durch den Tod abberufen.

[718] Wurzbach, Biographisches Lexicon Band 19 S. 441. Protocolle der deutschen Bundesversammlung.