ADB:Maltzan, Heinrich Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Maltzan, Heinrich von“ von Friedrich Ratzel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 20 (1884), S. 153–154, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Maltzan,_Heinrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 16. April 2024, 10:39 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Maltzan, Behrend von
Band 20 (1884), S. 153–154 (Quelle).
Heinrich von Maltzan bei Wikisource
Heinrich von Maltzan in der Wikipedia
Heinrich von Maltzan in Wikidata
GND-Nummer 118932160
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|20|153|154|Maltzan, Heinrich von|Friedrich Ratzel|ADB:Maltzan, Heinrich Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118932160}}    

Maltzan: Heinrich Karl Eckard Helmuth von M., Reichsfreiherr zu Wartenberg und Penzlin, Reisender und Sprachforscher, geb. den 6. September 1826 zu Dresden, erhielt seine erste Bildung zu Wiesbaden, Heidelberg und Mannheim, studirte von 1846–50 Rechtswissenschaften in München, Heidelberg und Erlangen, daneben auch schon morgenländische Sprachen, trat dann in den sächsischen Staatsdienst, welchen er aber bald wieder verließ, als der 1851 erfolgte Tod seines Vaters ihn zum Herrn seines Vermögens gemacht hatte. Nachdem er von 1852 an den größten Theil von Europa, außerdem Palästina, Syrien, Algier und Marokko bereist hatte, ließ er sich für einige Zeit in Algier nieder, wo er durch einheimische Lehrer sich nicht nur in der arabischen Sprache unterrichten ließ, sondern durch den Umgang mit Orientalen aller Klassen sich derart in deren Sitten und Anschauungen hineinleben konnte, daß er hinfort für einen der besten praktischen Kenner des Orients gelten konnte. Als solcher bewährte er sich auf einer 1857/58 ausgeführten Reise nach Abessinien, die ihn bis in die südliche Hauptstadt dieses Reiches führte. Noch glänzender aber zeigte sich, wie tief er in das innerste Wesen des Mohamedanerthums eingedrungen, als er 1860 über Alexandrien eine Wallfahrt nach Mekka antrat, welche ihn in Gesellschaft einiger egyptischer Tolba bis in die heilige Stadt und ihr Allerheiligstes führte. M. machte alle Zeremonien mit, welche einen Moslem zum Hadschi erheben, mußte aber, in Gefahr, entdeckt zu werden, kurz vor seiner Abreise aus Mekka fliehen, noch ehe er die Wallfahrt nach Medina antreten konnte. Seine ausführliche Schilderung dieser abenteuerlichen Fahrt [154] ergänzt in willkommener Weise die Beschreibung der vor M. nach Mekka gepilgerten Deutschen Seetzen und Burkhardt. Vorzüglich reich ist sie an lebhaften Schilderungen des Volkslebens und der Sitten auf dem Pilgerweg und in Mekka selbst. Ueberhaupt ist sie unter den zahlreichen Reiseschilderungen aus der Feder Maltzan’s diejenige, welche seine hervorragende Gabe für Beobachtung und Darstellung des orientalischen Völkerlebens, sowie seine gründliche Bildung am besten kennen lehren. Es ist besonders zu bedauern, daß zahlreiche eingestreute Bemerkungen archäologischen, geschichtlich-geographischen und ethnographischen Inhaltes nicht zu selbständigen Studien ausgearbeitet wurden. Von seinen späteren Reisen in Tunis und Tripolis (1867), Sardinien (1868) und neuerdings Tunis und Tripolis (1869) hat M. nicht nur eingehende Schilderungen entworfen, sondern auch ein reiches Material an Inschriften mitgebracht, welche vor allem dem Studium des phönizischen Alterthums zum Nutzen gereichten. Ein anderes hervorragendes Verdienst erwarb sich M. durch die Herausgabe der hinterlassenen Beschreibung einer Reise durch Hâdramaut von der Hand des lange verkannten Adolf v. Wrede. Durch diese Arbeit auf das schon 1860 flüchtig besuchte Südarabien aufmerksam gemacht, ging M. 1870 über Massaua nach Aden und machte von da aus Ausflüge in die weniger bekannten Theile von Südarabien. Nach Europa zurückgekehrt, machte er am 22. Februar 1874 in Pisa langjährigen Nervenleiden durch einen Schuß ins Herz ein Ende. M. war, wie seine letzten Reisen und Veröffentlichungen bewiesen, auf dem Wege vom höheren Touristenthum sich zum zweckbewußten wissenschaftlichen Reisen zu erheben, zu welchem Anlage und Vorbildung ihn befähigten. Seit dem großen Burkhardt hatte wohl kein deutscher Reisender sich so wie M. in den Orient eingelebt. Seine Reisewerke sind trotz der oft losen und breiten Diction eine Fundgrube guter Beobachtungen, selbst die früheren zeigen im feuilletonistischen Gewand ein Streben nach Gründlichkeit und Wahrheit. Uebertreibung und Phrase sind auch den flüchtigeren Aufsätzen Maltzan’s fremd. Von seinen zahlreichen selbständigen Werken (eine Fülle von Aufsätzen hat M. in der Zeitschr. d. D. Morgenl. Gesellschaft, in den Geogr. Mittheilungen, in der Allgemeinen Zeitung, dem Ausland u. a. veröffentlicht) nennen wir: „Drei Jahre im Nordwesten von Afrika“ (1863); „Meine Wallfahrt nach Mekka“ (1865); „Reise auf der Insel Sardinien“ (1869); „Reise in den Regentschaften Tunis und Tripolis“ (1870); „Reisen in Arabien“ (1873). Außerdem ist M. als lyrischer Dichter mit „Pilgermuscheln“ (1863) und „Das Grab der Christin“ (1865) aufgetreten.

Geographische Mittheilungen 1875. Unsere Zeit 1874.