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ADB:Seetzen, Ulrich Jasper

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Artikel „Seetzen, Ulrich Jasper“ von August Mutzenbecher in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 33 (1891), S. 590–592, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Seetzen,_Ulrich_Jasper&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 12:28 Uhr UTC)
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Seetzen: Ulrich Jasper S. wurde am 30. Januar 1767 zu Sophiengroden, Kirchspiels Middoge in der Herrschaft Jever, als Sohn eines bemittelten Landmannes geboren, besuchte die Schule in Jever und bezog im Herbst 1785 die Universität Göttingen, um Medicin zu studiren. Neben seiner Fachwissenschaft widmete er sich eifrigst dem Studium der Naturwissenschaften, in denen namentlich Blumenbach sein Lehrer war, und der Technologie, erlangte 1789 durch eine Dissertation: „Systematum de morbis plantarum brevis dijudicatio“ die Doctorwürde, gründete um dieselbe Zeit mit mehreren gleichstrebenden Jünglingen, unter denen auch Alexander v. Humboldt sich befand, die „göttingische physikalische Privatgesellschaft“ und lieferte bis 1792 bereits zahlreiche Beiträge zu Meyer’s Magazin für Thiergeschichte u. s. w., dem bergmännischen Journal, Gatter’s technologischem Magazin, dem Journal für Fabriken u. s. w. Im J. 1790 machte er eine halbjährige Reise durch Westfalen und Westdeutschland, auf welcher er Pflanzen und Mineralien sammelte und Fabriken und Bergwerke besuchte, und ging 1791 über Kassel, Bamberg und Regensburg nach Wien, von wo er nach einjährigem Aufenthalt durch Böhmen und Sachsen in die Heimath nach siebenjähriger Abwesenheit 1792 zurückkehrte. Nachdem er 1793 Holland bereist hatte, kaufte er 1794 eine Windsägemühle und eine Muschelkalkbrennerei in Jever, setzte aber neben seiner praktischen Thätigkeit die litterarischen Arbeiten fort, welche er in zoologischen, botanischen und ökonomischen Zeitschriften, der allgemeinen Literaturzeitung, dem neuen teutschen Mercur, dem Genius der Zeit, Zach’s monatlicher Correspondenz u. s. w. veröffentlichte. Seine wissenschaftlichen Bestrebungen wurden 1795 durch die Ernennung zum Mitgliede [591] der naturforschenden Gesellschaften in Berlin und Jena anerkannt; den Ruf seiner praktischen Befähigung bezeugt der ihm 1797 gewordene Auftrag des Reichsgrafen zu Münster-Meinhövel auf Königsbrück, über die Salinen Hollands zu berichten und Vorschläge zur Hebung der umfangreichen gräflichen Besitzungen zu machen; die Beherrscherin von Jever suchte ihn 1802 durch die Ernennung zum Assessor bei der fürstlichen Kammer zu ehren und an die Heimath zu fesseln. Angeregt aber durch seine wissenschaftlichen und freundschaftlichen Beziehungen zu den zahlreichen bedeutenden Astronomen, Naturforschern und Reisenden, beschloß er, eine Reise nach dem Orient zu machen, deren letztes Ziel dahin ging, von Osten her quer durch Afrika zur Westküste zu gelangen. Von Blumenbach empfohlen, wandte er sich wegen Beschaffung der nöthigen Instrumente an Zach, auf dessen Anregung der Herzog Ernst von Gotha lebhaft für das Unternehmen sich interessirte und die sämmtlichen zu astronomischen und geographischen Ortsbestimmungen erforderlichen Instrumente bewilligte. Im September 1801 sandte S. seinen Reiseplan an Zach, der denselben in seiner monatlichen Correspondenz abdrucken ließ, und trat dann am 13. Juni 1802 von Jever aus die Reise an. Er begab sich zunächst nach Gotha, um sich unter Zach’s Leitung Fertigkeit im Gebrauche der Instrumente zu erwerben, und darauf nach Wien, wo er durch den Auftrag des Erbprinzen August von Gotha erfreut wurde, jährlich für 800 Thaler orientalische Seltenheiten zu kaufen. Von Wien reiste er die Donau hinunter bis Galatz und dann über den Balkan nach Constantinopel, wo er sechs Monate blieb. Er ging dann durch Bithynien und Mysien nach Smyrna, von wo er Ephesus und Milet, Samos und Chios besuchte, im October 1803 weiter durch Kleinasien nach Aleppo, wo er sich 1½ Jahre aufhielt, um arabisch zu lernen, nach Damascus, wo er wiederum längere Zeit verweilte und von wo er Abstecher nach Phönicien, dem Libanon und Antilibanon machte, und kam am 7. April 1806 in Jerusalem an. Er besuchte Tyrus und durchforschte Palästina, wandte sich im März 1807 nach dem steinigen Arabien und dem Sinai, ging über Suez nach Cairo, wo er vom Mai 1807 bis zum März 1809 verweilte. Nach einem Ausflug nach Fayum kehrte er nach Suez zurück und begab sich von hier zu Schiff nach Dschidda und dann nach Mekka, wo er am 10. October 1809 ankam und sich in dem Tempel einschließen ließ, um heimlich einen genauen Plan desselben anzufertigen, nach Medina und Moccha. Von Moccha datiren seine letzten Briefe (14. und 17. November 1810). Im September 1811 wollte er von hier aus in das Innere von Afrika dringen, wurde aber zwei Tage nach seiner Abreise bei Taäs todt gefunden, wahrscheinlich auf Befehl des Iman von Sanaa vergiftet, weil er, als Mohamedaner reisend, für einen Betrüger und Zauberer gehalten wurde. – Während der Reise hatte S. mehrfache Sendungen nach Gotha gemacht, welche die Grundlage des dortigen orientalischen Museums gebildet haben, auch Aufsätze verfaßt, welche in Zach’s monatlicher Correspondenz und anderen Journalen erschienen sind. Seine übrigen Sammlungen und Schriften sind zu Grunde gegangen, nur der größte Theil seiner Tagebücher, die er allmählich nach Europa sandte, ist gerettet worden. Dieselben zeigen, in welcher umfassenden Weise S. seine Reise für die Wissenschaft nutzbar zu machen gesucht hat; sie sind reich an Mittheilungen aus dem Gebiete der Zoologie, der Botanik, der Mineralogie, der Landwirthschaft, der Technologie, der Statistik, der Handelskunde, der mathematischen und physischen Geographie und der Alterthumskunde. Erst viele Jahre nach Seetzen’s Tode ist die Herausgabe der Tagebücher, welche sich jetzt auf der großherzoglichen Bibliothek in Oldenburg befinden, erfolgt: „Ulrich Jasper Seetzen’s Reisen durch Syrien, Palästina, Phönizien, die Transjordan-Länder, Arabia Peträa und Unter-Aegypten; herausgegeben und commentirt von Prof. Dr. Fr. Kruse [592] in Verbindung mit Prof. Dr. Hinrichs, Dr. G. Fr. Herm. Müller und mehreren anderen Gelehrten“. Bd. 1–4. Berlin 1854 fg. In dem ersten Bande finden sich als „Vorrede und Einleitung“ Mittheilungen über das Leben des Reisenden und Bemerkungen über die hinterlassenen und geretteten Schriften und Sammlungen, sowie über die Art der Bearbeitung der Tagebücher. Der 4. Bd. (1859) enthält die „Commentare, ausgearbeitet von Staatsrath Prof. Dr. Fr. Kruse und Prof. Dr. H. L. Fleischer, nebst sämmtlichen Original-Charten Seetzens, von ihm selbst auf seiner Reise gezeichnet und auf seinen Wunsch vervollständigt durch Hinzufügung mehrerer Ortsnamen nach seinen Tagebüchern, sowie der alten Namen der zu bestimmenden Orte“.