ADB:Mathilde (Äbtissin von Quedlinburg)
Ottos des Großen und seiner zweiten Gemahlin Adelheid, war 955 geboren. Schon sehr frühe wurde sie dem von ihrem Großvater und Vater gegründeten Servatiusstifte in Quedlinburg zur Erziehung übergeben, zu dessen erster Aebtissin – eine Aebtissin vor ihr ist bei dem noch im Werden begriffenen Stifte nicht nachweisbar – sie im Sommer 966 in Gegenwart ihres Vaters, der kaiserlichen Familie und zahlreicher Erzbischöfe, Bischöfe und Großen des Reiches feierlichst geweiht wurde. Bereits im folgenden Jahre widmet ihr Widukind, welcher sich eine Zeit lang in Quedlinburg, dem Lieblingssitze der sächsischen Kaiser, aufgehalten hatte, in überschwänglichen Worten die drei Bücher seiner sächsischen Geschichten. Auch die Bulle Papst Johannes XIII. vom Jahre 972, durch welche er das Stift Quedlinburg in seinen Schutz nimmt, ist ihres Lobes voll. Als das anfänglich gute Verhältniß zwischen der Kaiserin-Mutter und ihrem Sohne Otto II. sich trübte und Adelheid 978 Deutschland verließ, folgte ihr die Tochter. Und als Mutter und Sohn im December 980 in Pavia sich versöhnten, war auch Mathilde zugegen. Ebenso wie der Vater bedachte auch der Sohn das Stift Quedlinburg mit reichen Schenkungen, die er, wie es in den betreffenden Urkunden heißt, aus Liebe zu seiner Schwester dem Stift zuwandte. Kurz vor seinem Tode theilte er sein Geld in vier Theile, von denen er einen seiner Mutter und Schwester überwies. Als Herzog Heinrich von Baiern gezwungen wurde die Vormundschaft über den unmündigen Otto III. an dessen Mutter Theophanu abzutreten, kehrte diese in Begleitung der Kaiserin Adelheid, in deren Gesellschaft [594] sich wieder M. befand, aus Italien nach Deutschland zurück (984). Nach dem Tode Theophanu’s (991) erhielt Adelheid die Vormundschaft über den jungen König und neben ihr gewann M. Einfluß auf die Führung der Geschäfte. Auch Otto III. bedachte das Stift Quedlinburg mit reichen Schenkungen. 992 wurden ihm zahlreiche Ortschaften zur Stiftung eines neuen Nonnenklosters in dem nahe gelegenen Walbeck überwiesen, 994 verlieh der Kaiser der Stadt Quedlinburg dieselben Markt-, Münz- und Zollgerechtigkeiten, wie sie Köln, Mainz und Magdeburg bereits besaßen, die Einkünfte daraus sollten seiner Tante M. und deren Nachfolgerinnen überwiesen werden. Die von König Heinrich erbaute Stiftskirche erwies sich bald zu klein für die Masse des zuströmenden Volkes und für ihre inzwischen gestiegene Bedeutung; sie mußte erweitert werden und wurde am 10. März 997 durch Bischof Arnulf von Halberstadt feierlich eingeweiht. Am 10. Mai desselben Jahres wurde auch das neue Kloster in Walbeck eingeweiht, nachdem eine andere kirchliche Stiftung, das Marienkloster auf dem Münzenberge vor Quedlinburg, bereits 986 seiner Bestimmung übergeben war. Die klerikale Hofhistoriographie des sächsischen Kaiserhauses überbietet sich in Lobeserhebungen der Aebtissin M. Widukind preist die ausgezeichnete Weisheit der Zwölfjährigen, nennt sie des Kaiserhauses ausgezeichnetes Juwel, Gebieterin von ganz Europa, und ähnlich lauten die Epitheta der anderen Geschichtswerke dieser Zeit. Führen wir diese Uebertreibungen auf ihr richtiges Maß zurück, so bleibt M. trotzdem eine hervorragende Erscheinung in der Frauenwelt des 10. Jahrhunderts, die sich würdig den großen Frauen des sächsischen Kaiserhauses anschließt. Mit vorzüglichen Gaben des Geistes ausgestattet, entwickelte sie sich früh; unter dem Einfluß ihrer Mutter und ihres kaiserlichen Bruders gewann sie Verständniß für große politische Verhältnisse. Mit Geschick und Einsicht entledigte sie sich daher der großen Aufgabe, welche ihr Neffe Otto III. ihr übertrug, als er Ende 997 bei seinem Aufbruche nach Italien die Leitung der Reichsgeschäfte in ihre Hand legte. Sie wußte die Grenzen des Reiches gegen die Slaven zu sichern und auf einem von ihr in Magdeburg abgehaltenen Hoftage trat sie im vollen Bewußtsein der ihr anvertrauten Herrschergewalt auf. Bald nachher starb sie (7. Februar 999) und wurde in ihrer Stiftskirche neben ihren Großeltern begraben.
Mathilde, Aebtissin von Quedlinburg, Tochter