ADB:Mertz, Friedrich Wilhelm von
Erzherzogs Karl gute Dienste versah. Zu besonderer Entfaltung seiner scharfen Beurtheilung von Kampfesverhältnissen und umsichtiger Entschlossenheit ergaben sich M. aber im Feldzuge 1813 mehrfache Anlässe, so daß er wiederholt im Armeebefehle mit Lob genannt und überdies durch drei schriftliche Zeugnisse geehrt wurde. Es geschah dies namentlich nach der Schlacht bei Dresden am 26. und 27. August und nach jener bei Leipzig am 16., 17. und 18. October, in welcher letzteren er dem General der Cavallerie Grafen Klenau zu speciellen Verwendungen zugewiesen worden war. Außerordentlich brave und erfolgreiche Verwendbarkeit bekundete M. auch im J. 1814 bei Lyon, weshalb er nunmehr auf Befehl des Kaisers zum Major im Infanterie-Regiment De Vaux Nr. 25 befördert wurde, jedoch dem Generalquartiermeisterstabe zugetheilt verblieb. Der Kurfürst von Hessen würdigte dagegen, gelegentlich des Wiener Congresses, das verdienstvoll hervortretende Verhalten des Majors M. dadurch, daß er ihm den Eintritt in seine Dienste freistellte, und als M. dankend bat, ihn im Dienste Oesterreichs zu belassen, erwiederte ersterer: „Wo Sie dienen, dienen Sie der guten Sache, bleiben Sie in den Diensten Sr. Majestät des Kaisers. Ich aber verleihe Ihnen meinen Orden pour la vertu militaire für Ihr ausgezeichnetes Benehmen, wovon mir der Erbprinz von Hessen-Homburg gesprochen.“ M., der schon nach dem Friedensschlusse am 30. Mai 1814 zum Infanterie-Regimente Erzherzog Karl Nr. 3 transferirt und zum Adjutanten des Landescommandirenden, General Herzog Ferdinand von Württemberg ernannt worden war, betheiligte sich nun auch noch an dem Feldzuge 1815, worauf er mit dem Infanterie-Regimente Nr. 3 nach Krems rückte, wo ihm im J. 1816 vom Könige Ludwig XVIII. von Frankreich der Orden pour le mérite zukam und 1821 seine Ernennung zum Oberstlieutenant erfolgte. Sowol zu Krems und später zu Langenlois als auch zu Theresienstadt beim Infanterie-Regimente [473] Wellington Nr. 42, mit dessen Commando er im Jahre 1828 als Oberst betraut worden war, entwickelte M. eine höchst verdienstvolle Sorge für die Ausbildung der Offiziere; seine Hingebung zu Oesterreichs Kaiserhause, zum Heere und zu seinem nunmehrigen Heimathslande bekundete er aber durch die im J. 1832 stattgehabte Erwerbung des österreichischen Staatsbürgerrechtes, woran sich unmittelbar die Erhebung in den Adelsstand der k. k. Erblande schloß. Zum Generalmajor avancirte M. im J. 1833, von welcher Zeit an er bis 1842 zu Mantua, Mailand, Pavia, Verona befehligte und sich namentlich bezüglich der Truppenführung die vollste Zufriedenheit des Kaisers und des Feldmarschalls Radetzky zu erringen wußte. Im J. 1842 kam er als Feldmarschall-Lieutenant nach Pest, 1844 wurde er zum zweiten Inhaber des Infanterie-Regiments Erzherzog Wilhelm Nr. 12 ernannt, 1845 übertrug ihm der Kaiser auf seine Bitte das Festungscommando von Komorn. In dieser Stellung hoffte er, wenngleich schon hoch in Jahren und nicht mehr ganz rüstig, ferner noch dem Staate dienstbar sein zu können. Und er war es auch. Erfüllt vom regsten Pflichtbewußtsein ergründete er alle Uebelstände, welche der Festung in ernster Zeit Schaden bringen könnten und war bestrebt, allseits bessernd zu wirken; mit großer Aufmerksamkeit beobachtete er andererseits die nicht unbedeutenden Wandlungen in der Stimmung der Landesbehörden und der Bevölkerung Ungarns. Und als er dieselben für gefahrdrohend erkannt hatte, da wendete er sich schon im J. 1847 an das Generalcommando zu Pest mit der dringenden Bitte, um rasche Abhilfe der bestehenden Mängel, hierbei rückhaltlos erklärend, „daß mehr von einem innern als von einem äußern Feinde des Königreichs für die Festung zu besorgen sei“. Sein Ansuchen blieb jedoch ohne gewünschten Erfolg, auch seine späteren diesbezüglichen Berichte fanden keine Beachtung; unbeantwortet blieb endlich die Mahnung, welche er an das österreichische Kriegsministerium richtete. Letztere hatte er dem commandirenden General von Ungarn, General der Cavallerie, Grafen Lederer, zur Uebergabe eingehändigt, als derselbe, zum Verlassen Pest’s genöthigt, Komorn passirte, von wo ihm die Weiterreise nach Wien durch die unerschrockene Mithilfe der Gemahlin des Feldmarschall-Lieutenants M. möglich gemacht wurde. Mehrfach unlösbare Schwierigkeiten ergaben sich weiter dem Festungscommandanten aus der vor dem 4. October 1848 bestandenen Gesetzesmaßregel, den sich oft widersprechenden Befehlen des österreichischen sowie des ungarischen Kriegsministeriums gehorchen zu müssen. Namentlich führte dieser Umstand zur Entfernung österreichisch gesinnter Truppen aus der Festung und Besetzung derselben mit national fanatisirten ungarischen Milizen und Nationalgarden. Und als endlich das österreichische Kriegsministerium wenigstens das vertrauenswürdige zweite Bataillon des Infanterie-Regiments Erzherzog Wilhelm Nr. 12 in die Festung werfen wollte, da war es zu offenem Vorgehen zu spät, sollte nicht der bisher vermiedene Kampf mit den Waffen zum Ausbruche kommen. Dies anerkannte auch die Generalcommission, welche das Verhalten des seit dem 28. September 1848 auf seine Bitte beurlaubten M. zu begutachten hatte, mit den Worten: „daß M. das am 15. September 1848 unvorhergesehen mit Schleppschiffen vor dieser Festung angelangte 2. Bataillon von Erzherzog Wilhelm nebst 4 Compagnien Ceccopieri sowol materieller als tactischer Hindernisse wegen nicht in die Festung ziehen konnte, wohingegen wir sowol in militärischer als politischer Begutachtung seinen Versuch, das zweite Bataillon Erzherzog Wilhelm unter Begünstigung der Nacht in die Festung zu bringen, ganz billigen müssen, und dessen durch Verrath herbeigeführtes Mißlingen in keiner Beziehung seiner Einleitung zur Last legen können.“ Dessenungeachtet wurde über M., welcher überdies irrig beschuldigt wurde, er habe das Festungscommando an den Oesterreich feindlichen Commandanten der Graner Freiwilligen, Oberstlieutenant Majthényi übergeben, nach dem „vollständigen [474] Frei- und Schuldlosspruche“ der Central-Untersuchungs-Commission, des Kriegsgerichtes und des Appellationsgerichtes im J. 1850 vom obersten Gerichtshofe das Urtheil gefällt: „der Feldmarschall-Lieutenant M. wird wegen Vernachlässigung seiner Pflicht als Festungscommandant von Komorn seiner Feldmarschall-Lieutenants-Charge, seiner Pension und des Dienstzeichens zweiter Classe verlustigt, und ihm die besitzenden ausländischen Orden zu tragen untersagt u. s. w.“ Tief erschüttert von diesem Schicksalsschlage siechte nun M. rasch dahin, getröstet nur von der Ueberzeugung, daß seine ehemaligen Kriegsgenossen nicht vergaßen, er habe sittlich reines Pflichtgefühl stets hochgehalten, nie wissentlich zum Nachtheile des Allerhöchsten Kaiserhauses noch Oesterreichs gehandelt und daß es nicht zu beweisen, ob eine jüngere, rücksichtslosere Persönlichkeit an seiner Stelle unter den damaligen Verhältnissen bessere Erfolge erzielt hätte und nicht zu anderen Beschuldigungen Anlaß gegeben haben würde. Daß M. aber auch im Unglücke würdevoll geblieben, erhellt aus seinen hinterlassenen Notizen, in welchen die 1853 geschriebene Aeußerung zu finden: „Ich ertrage das traurige Schicksal mit aller Ergebung und der allmächtige Vater mag denen verzeihen, die nach Ansichten und nicht nach Recht und Billigkeit in der gerichtlichen Verhandlung vorgegangen.“ Milde ließ wie immer der Kaiser walten, indem er M. mit einem, der verlorenen Pension gleichkommenden, Gnadengehalte bedachte und so die letzten Lebensjahre des treuen Generals vor materiellem Elende bewahrte.
Mertz: Friedrich Wilhelm von M., im Jahre 1848 in der Charge eines k. k. Feldmarschall-Lieutenants, Festungscommandant von Komorn, wurde am 28. December 1777 zu Hanau geboren, und ist am 6. December 1857 gestorben. Von M. wird in manchen Geschichtswerken kurzweg gesagt, durch seine Schuld sei im Jahre 1848 die Festung Komorn in die Gewalt der ungarischen Revolutionspartei gefallen. Es ist dies ein um so härteres Wort, als M. im k. k. Heere mehr als 50 Jahre dem Kaiserhause Habsburg makellos und verdienstvoll gedient hatte und 1848 unbestreitbar nur das Opfer jener unbestimmten Verhältnisse geworden war, welche in diesem Jahre voll von Wirrnissen noch viele andere Staatsdiener unverschuldet um Stellung und Ansehen gebracht haben. Schon am 1. April 1796 hatte sich M. freiwillig in das k. k. Heer aufnehmen lassen, und bot ihm die Betheiligung an den rasch aufeinander folgenden Feldzügen ausreichende Gelegenheit zur Ausbildung im Kriegsdienste sowie zur Bethätigung von beachtenswerther Besonnenheit, Tapferkeit und Brauchbarkeit. In Anerkennung dessen avancirte er denn auch im Jahre 1800 zu Brescia zum Fähnrich, im Jahre 1803 bei den Grenadieren zu Wien zum Unterlieutenant und wurde im Jahre 1806 durch die Zutheilung zum Generalquartiermeisterstabe ausgezeichnet. Besondere Gutheißung fanden hierauf seine Leistungen 1807 bei der Aufnahme der Umgebung von Wien, dann 1808 während der Triangulirung in Steiermark, Kärnten und im Warasdiner-Comitate und dürfte er in den letzteren Jahren auch schon zum Oberlieutenant befördert worden sein. Denn im J. 1809 erfolgte seine Uebersetzung in dieser Charge in den Generalquartiermeisterstab, in welchem er bereits am 1. April desselben Jahres zum Hauptmann vorrückte und während des Feldzuges im Hauptquartiere des- (Mertz,) Darstellung d. Ereignisse etc., wodurch FMLt. Mertz zu Wien cassirt wurde. Frankfurt a. M. 1860. Wurzbach, Biogr. Lexikon des Kaiserth. Oesterreich. 17. Th. Wien 1867. Johann, Erzherzog, Gesch. d. k. k. Linien-Infanterie-Regiments Nr. 12. 2 Bände. Wien 1880.