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ADB:Messmer, Joseph Anton

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Artikel „Meßmer, Joseph Anton“ von Franz von Reber in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 501–503, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Messmer,_Joseph_Anton&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 17:42 Uhr UTC)
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Meßmer: Joseph Anton M., Professor der christlichen Archäologie an der Universität zu München, wurde am 17. October 1829 zu Röhrenbach bei Wolfstein in Niederbaiern, wo sein Vater als königl. Geometer damals vorübergehend verweilte, geboren. Mit seinen zwei Brüdern, von welchen einer schon während der Studienzeit starb, in München den Gymnasialweg durchlaufend, bezog er mit dem ihm eng befreundeten Johannes Huber die Universität in der bewegten Zeit von 1848/49, welche auch die akademischen Kreise nicht unberührt gelassen hatte. M., der die überzeugungsfeste rückhaltlose Biederkeit des Charakters von seinem Vater geerbt, mußte Stellung nehmen, doch bewahrte ihn neben seiner loyalen Gesinnung auch der Umstand vor allzu störender Verwicklung [502] in das Parteitreiben seiner Zeit, daß er nach Vollendung seiner philosophischen Studien sich der Theologie zuwandte. Alle, welche sein unbefangenes Denken und seine gesinnungstüchtige freimüthige Art wie seine geistreiche Redefertigkeit kannten, freuten sich dieses aus einem inneren Drange hervorgegangenen Entschlusses und hofften namentlich von der Verbindung der Theologie mit philosophischen Studien, für welche M. ganz besonders angelegt war, hervorragende Erfolge. Allein das Studium der Kirchengeschichte führte ihn auf das christlich archäologische Gebiet, zu dessen ersten strenger wissenschaftlichen Kämpen er gehören sollte. Noch ehe er Priester wurde (1855) hatte er seine archäologische Befähigung durch die Promotionsabhandlung „Ueber den Ursprung, die Entwicklung und Bedeutung der Basilica in der christlichen Baukunst“, Leipzig 1854, documentirt, und nach kurzer seelsorgerischer Thätigkeit wurde er 1858 als Docent in die philosophische Facultät der Münchener Universität aufgenommen. Die Habilitationsschrift „Die Wandelungen der Säule“ war übrigens von geringerer Bedeutung als eine zweite Abhandlung, „Ueber den Ursprung der christlichen Basilica“ (Quast’s Zeitschrift für christl. Archäologie und Kunst, II. Bd. 1858), mit welcher M. eine mustergiltige und bahnbrechende Forschung der Oeffentlichkeit übergab. Er hatte darin den Nachweis geliefert, daß die christliche Basilica nicht in dem Vorbild des forensen Gerichtsgebäudes dieses Namens, sondern in der Privatbasilica wurzele, nämlich in jenem Saalbau, der von Vitruv als Empfangs- und Privatgerichtsraum der hervorragenderen römischen Domus genannt wird. Es gelang ihm nämlich zur Genüge zu belegen, daß die Versammlungen der Gemeinde in der Verfolgungszeit in den Häusern der vornehmeren Mitglieder stattfanden, und daß bei größerer Mitgliederzahl die Triclinien, deren Benutzung zur Abendmahlfeier allerdings am nächsten lag, räumlich nicht mehr ausreichten. Die größten Saalräume der Domus aber waren jene Repräsentationsräume, die Basiliken, und man mußte an sie als die hervorragendsten Versammlungssäle der Christen denken, wenn auch nicht Name und Gestalt derselben im ältesten christlichen Kirchenbau beibehalten worden wären. Die Richtigkeit der Meßmer’schen Theorie ist auch mit der neuesten Untersuchung Dehio’s über diesen Gegenstand (Abhandlungen der Münchener Akademie 1883) durch eine unseres Ermessens unhaltbare Aufstellung keineswegs erschüttert worden, wenn auch Meßmer’s glücklicher Wurf eine Zeit lang im Auslande mehr Anklang fand, als bei den deutschen Fachgenossen, wie z. B. ein Caumont die Arbeit übersetzte, und ihrem Urheber die Auszeichnung der Mitgliedschaft an der Société française d’archéologie verschaffte. M. besorgte dann den Text zu dem Tafelwerk „Das heil. Land und die heil. Stätten“, München 1860, und zu der Sammlung alter ober- und niederdeutscher Gemälde aus der ehemaligen Boisserée-Gallerie zu München, München 1862. Auch der Gründer des Münchener Nationalmuseums, Freiherr v. Aretin, hatte den emsigen Forscher in den Depots kennen gelernt und ihm 1865 durch die Stelle eines Conservators eine vielversprechende Wirksamkeit eröffnet, zu welcher er die Befähigung schon in der 1862 publicirten Abhandlung, „Die älteste bildliche Darstellung der heil. Grabescapelle auf einem Elfenbeinrelief im königl. Nationalmuseum“ (Mittheilungen der österreichischen Centralcommission VII, S. 85) bewiesen hatte. Dieser folgten die „Untersuchungen über die Crypta und den Altar der christlichen Kirche“ (Mittheilungen IX, S. 219), die Abhandlung „Ueber Darstellungen der Passion Jesu Christi insbesondere auf einem noch unbekannten Bilde von Cranach“ (Mittheilungen XIV) u. a. m., die zum Theil in den Mittheilungen, zum Theil in der Beilage zur Allgemeinen Zeitung erschienen. 1866 auch zum Professor extraordinarius an der Münchener Universität [503] ernannt, wirkte M., obwol er keinen Werth auf rhetorischen Kathederglanz legte, wahrhaft schulbildend dadurch, daß er auch außer dem Colleg seinen Schülern die eingehendste Nachhilfe widmete, die Litteratur vermittelte und durch rückhaltlose Mittheilung seiner Materialien unschätzbare Förderung angedeihen ließ. Leider wurde diese Wirksamkeit und überhaupt seine akademische Thätigkeit etwas beeinträchtigt, als sich M. anläßlich der Dogmatisirung der päpstlichen Unfehlbarkeit dem Döllinger’schen Protest und dann der altkatholischen Gemeinde anschloß. Dazu hatte eine Rippenfellentzündung seine Gesundheit erschüttert, und nach mehreren Anfällen von Bluthusten warf ihn ein tuberkulöses Lungenleiden im Herbst 1878 auf das Siechbett. Er starb am 23. December 1879.