ADB:Meyer, Heinrich (Verleger)
Heinr. Wilh. M. übergesiedelt war, der sich hier 1707 niederließ und 1716 das Zilliger’sche Geschäft kaufte (s. A. D. B. XLV, 231). Ein Urenkel des Heinr. Wilh. M., der wie Sohn und Enkel das Gewerbe der Vorfahren als tüchtiger Geschäftsmann fortsetzte, war Joh. Heinrich M. (vgl. Neuer Nekrolog d. Deutschen 1827, S. 1077 f.). Am 19. October 1768 geboren, hatte er sich im J. 1811 mit Dorothea Elisabeth Pfeiffer, der Tochter des Glasermeisters Aug. Reinh. Pfeiffer in Fallersleben, verheirathet. Ihr ältester Sohn Heinrich ward zu Braunschweig am 2. März 1812 geboren und am 10. April d. J. nur auf den Namen Heinrich getauft, obwol er sich später selbst wiederholt, auch auf Büchertiteln, mit des Vaters Namen Johann Heinrich nannte. Er besuchte das Gymnasium Katharineum seiner Vaterstadt, wo ihn namentlich der Unterricht Franz Traug. Friedemann’s (s. A. D. B. XLVIII, 775 f.) so sehr für die Wissenschaften begeisterte, daß er mit Zustimmung des Vaters den Entschluß faßte, sich ihnen gänzlich zu widmen. Diesen Plänen machte der plötzliche Tod des Vaters ein Ende, der am 1. Januar 1827 am Lungenschlage starb.
Meyer: Heinrich M., Buchdrucker, † 1863, stammte aus einer alten Buchdruckerfamilie, die seit 1610 in Lemgo den Buchdruck betrieben hatte und nach Braunschweig mitM. verließ nun die Schule und trat in Rücksicht auf die häuslichen Verhältnisse und alter Familienüberlieferung folgend in das väterliche Geschäft, dessen Leitung die Mutter thatkräftig in die Hand nahm. Hier wurde er in die Anfangsgründe der Buchdruckerkunst eingeführt, und wird er dann bis über die Mitte der 30er Jahre thätig gewesen sein. Doch beschränkte er sich keineswegs auf die handwerksmäßige Erlernung seiner Kunst, noch dachte er nur an eine Fortführung des Geschäfts in den alten hergebrachten Bahnen. Ihn beseelte vielmehr eine hohe Auffassung von den Aufgaben der Typographie, und er besaß Muth und Kraft, um seine Ideale nach Möglichkeit auch zu verwirklichen. Ihn befähigte dazu zunächst eine tüchtige wissenschaftliche Bildung, die er auch nach Verlassen der Schule unablässig zu erweitern und zu vertiefen bestrebt gewesen war, dann insbesondere aber eine eingehende und ausgedehnte Kenntniß aller einschlagenden Fächer seines Berufs, die er nicht nur durch Bücherstudium, sondern namentlich auch auf weiten Reisen durch Deutschland, die Niederlande, Frankreich und Dänemark bei Besuch von Druckereien, Maschinenwerkstätten und Bibliotheken durch lebendige Anschauung sich gesammelt hatte. Für dieses höhere Bestreben suchte er später auch eine äußerliche Anerkennung sich zu verschaffen, indem er auf Grund seiner Schriften und Leistungen auf typographischem Gebiete am 27. October 1838 bei der philosophischen Facultät der Universität Jena sich den Doctortitel erwarb. Vor allem erfüllte ihn schon früh ein lebhaftes Bestreben, den ganzen Buchdruckerstand und seine Kunst zu heben und ihren Interessen zu dienen. In dieser Absicht gründete er bereits als 22jähriger Jüngling das „Journal für Buchdruckerkunst, Schriftgießerei und die verwandten Fächer“, das am 1. Juli 1834 sein Erscheinen begann und noch heute besteht. Es war das erste Fachblatt, das auf diesem Gebiete herauskam und in der Folge auf die ganze Entwicklung aller jener Betriebe den förderlichsten Einfluß ausgeübt hat. Anfangs wurde es nicht leicht, den Stoff zusammenzubringen; denn viele wollten [338] zwar selbst ihre Kenntnisse gern erweitern, aber die ihrigen an andere nicht abgeben. M. mußte da zunächst das meiste selbst schreiben oder, wozu ihn seine große Sprachkenntniß in Stand setzte, durch Uebersetzung aus anderen Sprachen vermitteln, durch eifrige Correspondenz Gehülfen zu seinem Werke heranziehen. Bald gelang es ihm, Theilnahme dafür zu wecken und Vertrauen zu finden, zugleich einen festen Mitarbeiterstamm sich zu bilden. Das Journal wurde nicht nur eine reiche Quelle der Belehrung auf den verschiedensten Gebieten der Typographie, sondern auch der Sprechsaal für die deutschen Buchdruckerinteressen, der Mittelpunkt, um den alle auf ihre Förderung bedachten Berufsgenossen sich sammelten. So ist das Werk allmählich für uns und spätere Zeiten auch eine wichtige Quelle für die Geschichte der Buchdruckerkunst geworden. M. hat dieser seiner Schöpfung bis zu seinem Tode einen großen Theil seiner besten Kräfte gewidmet. Das Blatt erschien anfangs jährlich in 12, von 1845–59 in 24 Nummern; von 1860 ab wurde es in vergrößertem Formate wöchentlich ausgegeben.
Auch bei anderen Werken, die M. veröffentlichte, hatte er dasselbe hohe Ziel vor Augen. So schon 1838 bei seinem „Handbuche der Stereotypie“, später bei seinem „Adreßbuche der Buchdruckereien von Mitteleuropa, der Stein-, Kupfer- und Stahlstichdruckereien“ usw., das 1854 herauskam. Ein Prachtwerk, das namentlich in typographischer Hinsicht als eine Musterleistung der Zeit angesehen wurde, veröffentlichte M. 1840 in seinem „Gutenberg’s-Album“, das, abgesehen von den Druckproben, die aus fremden Officinen herangezogen waren, bei Vieweg & Sohn hergestellt war. Denn da M. sich wegen der Leitung des väterlichen Geschäfts mit seiner Mutter nicht einigen konnte, so begründete er zunächst, wol 1838, eine Schrift- und Stereotypengießerei, der er dann in Gemeinschaft mit seinem Bruder Theod. Wilh. Hermann M. 1841 eine Buch- und Congrevedruckerei, 1843 auch eine Graviranstalt hinzufügte. Das Geschäft, das unterm 1. October 1841 seine Ankündigung erließ, führte die Firma „Gebrüder Meyer“ und lag auf derselben Straße (Reichenstraße), auf der auch die väterliche Druckerei von „Joh. Heinr. Meyer“ sich befand. Erst im J. 1848 trat diese die Mutter, die am 27. December 1862 in Braunschweig gestorben ist, an die Söhne ab, die dann beide Geschäfte zunächst in einem Hause auf der Höhe und Jöddenstraße, Ende 1858 in einem solchen am Bankplatze und Ziegenmarkte vereinigten. Der Titel einer „Hofbuchdruckerei“, den das Geschäft 1840 erhalten hatte, wurde ihm wol wegen des Druckes demokratischer Schriften 1852 wieder genommen. Ende des Jahres 1860 schied Hermann M. durch den Tod († am 8. December 1860) aus dem Geschäfte aus, das nun Heinrich unter der alten Firma („Joh. Heinr. Meyer“) allein fortführte. Doch nicht für lange Zeit. Die unaufhörlichen Anstrengungen seines Berufes hatten ein jahrelanges, nervöses Leiden hervorgerufen, das ihn fast des Augenlichts beraubte, an emsiger Fortsetzung seiner Thätigkeit aber nicht hindern konnte. Im September 1863 trat eine Lungen- und Nierenaffection hinzu, die am 4. November seinem arbeitsreichen Leben ein Ende machte. Aufrichtige Klagen wurden um das Hinscheiden dieses Mannes aus allen Kreisen seines Berufes laut, für dessen Hebung und Förderung er sein ganzes Leben hindurch rastlos gewirkt hatte. Zahllose Beziehungen hatten sich mit der Zeit aus seiner redactionellen Thätigkeit entwickelt; er war der Generalagent für alle Buchdrucker und Schriftgießer geworden, die seinen hülfsbereiten Rath von allen Seiten in Anspruch nahmen. Daneben hatte er sein eigenes Geschäft auf eine achtungswerthe Höhe gehoben. Das gilt besonders auch von einzelnen Unternehmungen, wie dem „Braunschweigischen Adreßbuche“, das, von seinem Vater 1805 begründet, immer [339] größere Vervollkommnung erfuhr und im ersten Theile allmählich zu einem vollständigen Staatshandbuche ausgestaltet wurde. Eine Zeitlang hat ihn auch die Herausgabe einer Eisenbahnzeitung stark in Anspruch genommen. Wie daheim, so hat M. auch auswärts verdiente Anerkennung gefunden. Die Berichte, die er 1849 und 1855 über die Industrieausstellungen zu Paris in seinem „Journale“ (1849 Nr. 14 ff.; 1855 Nr. 12 ff.), wie 1851 auch über die Londoner Weltausstellung (Nr. 10 ff.) veröffentlichte, veranlaßten seine Ernennung zum correspondirenden Mitgliede der Association des imprimeurs de Paris.
M. verheirathete sich am 27. September 1843 mit Luise Dangers, der Tochter des am 23. Juli 1854 verstorbenen Oberamtmanns Joh. Friedr. Dangers in Jerxheim, und als ihm diese am 10. April 1858 durch den Tod entrissen wurde, im J. 1860 in zweiter Ehe mit Marie geb. Mellin, die vorher an den Kaufmann J. H. Fr. Nickel in Braunschweig vermählt gewesen war; sie hat ihn lange Jahre überlebt. Sein Geschäft wurde erst unter Vormundschaft weiter geführt, dann von seinem ältesten Sohne Stephan übernommen, der, geboren am 2. Januar 1845, das „Journal für Buchdruckerkunst“ nochmals erweiterte, am 1. October 1881 aber an Ferd. Schlotke in Hamburg abtrat und sich 1892 ganz vom Geschäftsleben zurückzog. Die Firma „Joh. Heinr. Meyer“ ging nun in den Besitz von Heinrich Kleucker aus Hildesheim über.
- Vgl. das Journal für Buchdruckerkunst, 30. Jahrg. (1863), Nr. 42 u. 43. – Wilh. Blasius, Lebensbeschreibungen Braunschw. Naturforscher und Naturfreunde (Braunschweig 1887), S. 55–58. – Deutsche Buchhandelsblätter, 5. Jahrg. (1905), Heft 12, S. 427–29. – Grotefend, Geschichte d. Buchdruckereien in den Hannov. u. Braunschw. Landen (Hannover 1840), Bl. J ff. – Irmisch, Gesch. d. Buchdruckereien im Herzogthum Braunschweig (Braunschweig 1890), S. 12 ff. – Nachrichten von der Familie, der Universität Jena, aus Kirchenbüchern usw.