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ADB:Meyer, Johann Matthias von

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Artikel „Meyer, Johann Matthias von“ von Karl Buchrucker in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 21 (1885), S. 601–602, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Meyer,_Johann_Matthias_von&oldid=- (Version vom 30. Dezember 2024, 18:13 Uhr UTC)
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Meyer: Johann Matthias von M., Dr. theol. und Dr. philos., Präsident des prot. Oberconsistoriums und Reichsrath der Krone Baiern, war in Ansbach am 28. Juni 1814 als der Sohn schlichter Bürgersleute geboren. Schon als Gymnasiast zeichnete er sich ebenso durch erfolgreiches Streben, als durch Sinn für Freundschaft aus. Der Jugendgenosse, mit welchem er Classe für Classe um den ersten Platz rang und den er nachmals im obersten Kirchencollegium fast ein Decennium an seiner Seite haben durfte, Oberconsistorialrath Friedrich Ludwig Meyer (Jurist), war bis ans Ende so innig mit ihm verwachsen, daß einer ohne den andern fast nie gesehen wurde. Die beiden Meyer waren als Freunde sprüchwörtlich geworden. Nachdem er das Gymnasium seiner Vaterstadt absolvirt hatte, studirte er in Erlangen Theologie und verband damit, einer inneren Neigung folgend, unter Döderlein, mit welchem er später durch Verheirathung einer Tochter an einen Sohn des Letzteren verwandt wurde, philologische Studien. Obwol ein frischer, fröhlicher Verbindungsstudent nutzte er seine Zeit gewissenhaft aus, so daß er das Examen in hervorragender Weise bestand. Nachdem er zwei Jahre im Predigerseminare zu München verbracht, wurde er zum ständigen Vicar in Dombühl, Decanats Feuchtwangen, ernannt. Nicht leicht hätte er einen günstigeren Boden für die erste selbständige Amtsarbeit finden können. Die junge Kirchengemeinde hatte von der Muttergemeinde Klostersulz sich abgezweigt und die Genehmigung erhalten, eine selbständige Pfarrei zu werden, sobald es ihr gelungen sein würde, eine eigene Pfarrwohnung herzustellen: so begegneten sich Geistlicher und Gemeinde in der Wärme der ersten Begeisterung. Am 2. Januar 1840 zog M. auf und nahm seine Wohnung im gemeindlichen Rathhause. In jenen Tagen rationalistischer Indifferenz vertrat er das positive Bekenntniß mit so viel Kraft und Feuer, daß er weithin ein Mittelpunkt für suchende Seelen wurde. Ein benachbarter im Rationalismus grau gewordener Pfarrer, welcher am Himmelfahrtsfeste zu seinem Verdrusse vor leeren Bänken gepredigt hatte und Mittags seinen aus Meyer’s Gottesdienst heimkehrenden Pfarrkindern begegnete, rief diesen zu: „Ich dachte, ihr wäret von Dombühl aus gleich in den Himmel gefahren.“ Im J. 1843 wurde er als Präfect an das Schullehrerseminar zu Schwabach berufen und sammelte sich hier die eingehenden Fachkenntnisse und das sichere Urtheil auf dem Gebiete des Schulwesens, welche ihn in seinem Amtsleben auszeichneten. Aber nur kurze Zeit währte diese Thätigkeit; schon ein Jahr darauf wählte ihn die Stadt Nördlingen zu ihrem dritten Pfarrer und präsentirte ihn 1845 auf die zweite Pfarrstelle [602] dortselbst; zugleich war er Subrector der städtischen Lateinschule. Im J. 1849 wurde er als zweiter Pfarrer nach München berufen und rückte 1855, als Decan Burger in das königl. Oberconsistorium eintrat, als Nachfolger in dessen Stelle ein. 23 Jahre war er in dieser Weise der Hirte und Seelsorger der stets wachsenden evangelischen Gemeinde München mit ihrer weiten Diaspora und Vorstand der ganz Oberbaiern umspannenden Diöcese. Zu seiner großen Arbeitslust gesellte sich eine seltene Arbeitskraft; immer fröhlich, kaum jemals Urlaub sich gönnend ging er seinen mannichfaltigen Obliegenheiten nach, Vornehm und Gering mit gleicher Hingebung dienend. Aufrichtig, wohlwollend, mittheilsam, fand er allenthalben offene Wege. Die Kanzel, auf welcher er mit Kraft, Feuer und fließender Beredsamkeit in edler Volksthümlichkeit seinen Gegenstand beherrschte, war seine Freude. Eine überraschende Aehnlichkeit in Gestalt und Gesichtszügen mit Luther gab seinem Auftreten eine imponirende Folie. In seinem trefflichen Confirmandenunterrichte legte er den Grund zu der Anhänglichkeit an seine Person. Redete er in engeren Kreisen an Festen, so entwickelte er einen köstlichen Humor, der ihm sofort alle Herzen gewann. 1872 wurde er als Rath ins königl. Oberconsistorium berufen. Der Abschied von dem Predigt- und Seelsorgerdienste an seiner theuern Gemeinde hinterließ in seinem Herzen eine Wehmuth und Sehnsucht, welche erst mit seinem Leben endete. Um so theilnehmender wahrte er auch im obersten Kirchencollegium das Interesse des Decanates und der Gemeinde München. Als am 1. Januar 1879 Präsident v. Harleß in den Ruhestand versetzt wurde, ward M. zu seiner Ueberraschung zu dessen Nachfolger erhoben. Er trat ein gediegenes Erbe an und fand zunächst nur eine conservatorische Aufgabe vor. Schwieriger war der Boden, auf welchen ihn das Amt eines Reichsrathes stellte. Die Socialgesetzgebung, namentlich aber die Schulfrage, verschärften den vorhandenen Gegensatz der Parteien und machten das Votum schwierig. Der neue Präsident verstand durch sein maßvolles Auftreten der guten Sache zum Siege zu verhelfen. Der Höhepunkt seiner regimentlichen Thätigkeit war die Leitung der Generalsynode zu Bayreuth im J. 1881. Es war ein inniges Band, welches sich zwischen ihm und den Vertretern der Landeskirche knüpfte, aber es sollte bald für immer gelöst werden. Schon der Herbst des nächsten Jahres brachte sein Lebensende. Ein schweres Unterleibsleiden, welches mit unsäglichen Schmerzen verbunden war, die aber der starkmüthige, sonst kerngesunde Mann immer wieder überwand, zehrte seit seiner Ernennung zum Präsidenten an dem Marke seines Lebens. Am 15. September 1882 erlöste ihn der schließlich erbetene Tod. Litterarische Arbeiten hinterließ M. nicht, lediglich homiletische Erzeugnisse sind von ihm gedruckt. Er zwar zweimal verheirathet: zuerst mit Pauline geb. Faaßen aus Ansbach, welche ihm 1849, bald nach seinem Aufzuge in München, durch den Tod entrissen wurde; und seit 1851 mit Fanny geb. v. Meyer aus München, welche ihn überlebte. Aus beiden Ehen hat er je vier Kinder hinterlassen.