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ADB:Mögling, Theodor

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Artikel „Mögling, Theodor“ von August Wintterlin in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 52–54, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%B6gling,_Theodor&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 09:34 Uhr UTC)
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Mögling: Theodor M., geboren den 2. Decbr. 1814 zu Brackenheim, † am 17. April 1867 zu Göppingen, war der Sohn eines Präceptor (Lehrers der Lateinschule) in Brackenheim, welcher später Rector des Lyceums in Oehringen, Professor am Lyceum in Tübingen und nach damaliger schwäbischer Sitte zuletzt Landpfarrer wurde. Der junge M. studirte vom Herbst 1831 an Medicin in Tübingen und trat der dortigen Burschenschaft bei. Im J. 1833 wegen eines Studentenauflaufs, dem man einen politischen Charakter beilegte, verhaftet, wurde er nach mehrmonatlicher Untersuchungshaft gegen Caution entlassen, aber von dem Aufenthalt in Tübingen ausgeschlossen und durch das Verbot, das Land zu verlassen, am Besuch einer auswärtigen Universität verhindert. Er wandte sich nun der Landwirthschaft zu und bezog im J. 1836 die Akademie zu Hohenheim. Zu Anfang des Jahres 1837 wurde er wegen der Tübinger Sache zu 9 Monaten Festungshaft verurtheilt. Nachdem er dieselbe auf Hohenasperg erstanden, machte er mit Unterstützung der württembergischen Regierung eine Reise nach Frankreich, um sich mit der Seidenraupenzucht bekannt zu machen, für deren Einführung in Württemberg damals mehrfache Versuche gemacht wurden. Nach seiner Zurückkunft leitete er zuerst in Rottenburg a. N. eine Seidenraupenzucht, welche der dortige Oberamtsrichter Gmelin in einer Strafanstalt eingerichtet hatte, unter dessen Oberaufsicht, vertrug sich aber nicht lange mit demselben. Im J. 1840 wurde er provisorisch in Hohenheim angestellt, um dort – später mit dem Titel Oekonomierath – eine ähnliche Anstalt zu gründen, Vorlesungen über Seidenraupenzucht zu halten und den Seidenzüchtern des Landes auf Verlangen mit Rath und That an die Hand zu gehen. Die eifrige Hingabe an diesen Zweig der Landwirthschaft, für dessen Pflege sich übrigens gar bald das Klima Süddeutschlands doch nicht als geeignet erwies, trug ihm den Namen „Seidehannes“ ein. Er beschäftigte sich daneben auch mit landwirthschaftlicher Schriftstellerei, und als im Jahre 1847 Robert Mohl nach Heidelberg berufen wurde, ließ er sich durch den von diesem bis dahin vertretenen Bezirk Tuttlingen in die württembergische Kammer wählen. Als diese im Januar 1848 zusammentrat, schloß sich M. einer halbliberalen Mittelpartei an. Da er damals in Stuttgart seinen Umgang meist in Adels- und Offizierskreisen suchte, wirkte es um so überraschender, daß er nach Ausbruch der Märzbewegung sich sozusagen über Nacht in einen rothen Republikaner verwandelte. Ein Rest von Bitterkeit aus dem Demagogenprocesse und eine von seinem Vater einst unterdrückte Neigung zum Soldatenstande, welche jetzt in revolutionären Thatendurst umschlug, mögen als Ursachen dieser jähen Wandlung anzusehen sein. Er schloß sich beim Frankfurter Vorparlamente gleich der republikanischen Actionspartei unter Friedrich Hecker an, nicht ohne damals und noch später dem gänzlich ungegründeten Verdachte zu verfallen, daß er nur ein Agent provocateur sei. Eine Wiederwahl in die aufgelöste württembergische Kammer lehnte er ab. Als Hecker im April [53] 1848 im badischen Oberlande die Fahne der Republik erhob, fand sich M., seinem Frankfurter Versprechen getreu, sofort bei ihm ein und übernahm das Commando über eine kleine Arbeiterschaar aus Constanz. Bei dem blutigen Zusammenstoß, welcher am 20. April auf der Scheidegg bei Kandern zwischen den von dem General Friedrich von Gagern (vgl. VIII, S. 301 ff.) befehligten badischen und hessischen Truppen und den von Hecker geführten Freischaaren stattfand, bildete die Abtheilung Mögling’s den rechten Flügel. Aus dem Gewirre der verschiedenen Erzählungen über dieses Gefecht (vgl. v. Gagern, Leben des Generals Friedrich von G., Bd. 2, S. 835 ff.) geht wenigstens soviel hervor, daß M. mit seinen Schützen am längsten Stand hielt. Den Tod des Generals von Gagern, welcher gleich beim Beginn des Gefechtes durch Schüsse aus der Umgebung Mögling’s erfolgte, hat dieser vor dem Standgerichte und in seiner Autobiographie auf seine Verantwortung genommen. Am anderen Tage befreite M. auf unblutige Weise durch eine Kriegslist den in dem Städtchen Säckingen am Abend zuvor gefangen gesetzten Dr. Struve aus den Händen einer württembergischen Reiterschwadron. Nachdem er auch noch den vergeblichen Zug Sigel’s nach Freiburg mitgemacht, rettete er sich in die Schweiz. Die im September 1848 von Struve unternommene republikanische Erhebung in Lörrach rief ihn wieder nach Baden herüber. Er führte mit Doll zusammen eine Schaar durch das Wiese-Thal nach Todtnau, mußte aber nach Struve’s Niederlage bei Staufen umkehren und ins Elsaß flüchten, von wo er später wieder in die Schweiz ging. Als im Mai 1849 die Revolution in ganz Baden, angeblich zur Durchführung der Reichsverfassung, ausbrach, ging M., in der Hoffnung, daß die Bewegung bald eine offen republikanische sein würde, nach Karlsruhe und erhielt von dem Kriegsminister der provisorischen Regierung, Eichfeldt, sowie von dem Obercommandanten Sigel und dem ihn später ersetzenden Mieroslawski ohne bestimmtes Commando als Lieutenant und später als Hauptmann des Generalstabes verschiedene Verwendungen. Am 13. Juni commandirte er bei Schrießheim den rechten Flügel der Badener gegen die Reichstruppen unter General von Peucker und nahm am Abend dieses Tages das von dem tapferen mecklenburgischen Oberst von Witzleben des Nachmittags eroberte Städtchen Ladenburg wieder ein, „mit ebensoviel Muth als Einsicht“, wie Mieroslawski (Berichte über den Feldzug in Baden, S. 9) sagt. In dem Gefechte, welches Mieroslawski am 20. Juni bei Waghäusel den Preußen lieferte, erhielt M., von diesem an die Spitze einer Sturmkolonne gestellt, im siegreichen Vordringen bis Waghäusel aus einem Dachladen der Zuckerfabrik eine Spitzkugel zugesendet, weiche ihm den linken Schenkelknochen zerschmetterte. Nach Heidelberg gebracht und von dem Geheimenrath Chelius glücklich behandelt, fiel er im Spitale in preußische Gefangenschaft. Am 20. Juni 1850 wurde er in Mannheim von dem Standgericht unter Freisprechung von der Anklage auf Hochverrath „wegen ausgezeichneter Theilnahme am Kampfe“ zum Tode durch Erschießen verurtheilt. Jedoch sein mannhaftes und ehrliches Auftreten, sein leidender Zustand und verschiedene Zeugnisse, daß er die Gefangenen mit Humanität behandelt habe, hatten ihm bei seinen Richtern soviel Theilnahme erworben, daß er „wegen seiner körperlichen Zustände“ dringend zur Begnadignng empfohlen wurde. Der Vorsitzende des Kriegsgerichts, der preußische Major von Baszkow, reiste selbst nach Karlsruhe, um dieselbe zu befürworten; auch König Wilhelm von Württemberg, welcher ein lebhaftes Interesse für M. hegte und ihm dies noch später während der ganzen Strafzeit bethätigte, ließ sich, von Mögling’s Vater darum gebeten, am badischen Hofe für ihn verwenden. Zu 10 Jahren Zuchthaus begnadigt, wählte M. Einzelhaft, was eine Umrechnung in 6 Jahre und 8 Monate ergab; er verbrachte diese Zeit, wiederholte Aufforderungen, um Gnade zu bitten, zurückweisend, im Zellengefängniß zu [54] Bruchsal. Im J. 1856 freigelassen und durch König Wilhelm vor einem ihm drohenden württembergischen Hochverrathsprocesse bewahrt, ging M., da ihm seine Stellung in Hohenheim schon im Mai 1848 gekündigt worden war, in die Schweiz. Dort wurde er von schweizerischen und deutschen Freunden in geschäftlichen Unternehmungen, z. B. eine Zeit lang bei dem Bau eines Tunnels und Torfwerkes am Bieler See verwendet. Er hörte aber nicht auf, militärische Werke zu studiren, um sich für die von ihm und seinen politischen Freunden zuversichtlich erhoffte neue deutsche Revolution vorzubereiten, in welcher er eine hervorragende militärische Rolle zu spielen gedachte. Im J. 1859 hielt er sich auch als Kriegsberichterstatter schweizerischer und deutscher Blätter eine Zeit lang im Hauptquartier Garibaldi’s in Italien auf. Doch konnte er keine gesicherte Existenz in der Schweiz finden und kehrte deshalb wieder nach Württemberg zurück. Er erwarb ein kleines Bauerngütchen, den Trailhof, auf der rauhen Höhe des Murrhardter Waldes und gründete spät noch einen eigenen Hausstand, mußte aber wegen unzulänglicher Mittel selbst schwere Feldarbeit verrichten. Bei dieser traf ihn im J. 1865 an einem heißen Sommertage ein erster Schlaganfall, der Vorbote eines Gehirnleidens, das ihn im J. 1867 in die Heilanstalt Göppingen führte. Dort starb er bald darauf in völliger Umnachtung.

Vgl. Briefe an s. Freunde v. Th. Mögling, Soloth. 1858; von Georgii-Georgenau, Biogr. Blätter aus u. über Schwaben, S. 561 ff.; Der Beobachter, Jahrg. 1867, Nr. 94 ff.; Fr. Lichterfeld, Th. Mögling vor dem Standgerichte, Mannheim 1849; Corvin, A. d. Leben e. Volkskämpfers, Bd. III S. 146 u. ö.