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ADB:Oettelt, Carl

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Artikel „Oettelt, Karl Christoph“ von Richard Heß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 559–562, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Oettelt,_Carl&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 09:55 Uhr UTC)
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Oettelt: Karl Christoph Oe., Forstmann, geb. zwischen 1724 und 1725 zu Schleiz, † 1800 in Ilmenau. Er war ein Sohn des sachs.-weimarischen Forstbedienten Christoph Oe. zu Stützerbach und mit dem Forstinspector Johann Gottlieb Beckmann (s. A. D. B. II, 238) verwandt. Ueber seinen Ausbildungsgang ist wenig bekannt geworden. Nach zurückgelegter praktischer Lehre trat er als „Jägers-Pursch“ in herzogl. gothaische Dienste, wo er hauptsächlich zu Vermessungen verwendet wurde. Hier scheint er schon frühzeitig ein besonderes mathematisches Geschick entfaltet zu haben, denn in einer Eingabe an den Herzog vom 7. Juni 1755 suchte der Kammerpräsident Siegmund Ehrenfried v. Oppel darum nach, daß dem Jägers-Purschen K. Chr. Oettelt „in Anbetracht seiner besonderen Kenntnisse in der Mathematik das Prädicat eines „Forst-Geometerae[560] verliehen werden möge“, welchem Ersuchen schon durch Decret vom 16. Juni 1755 entsprochen wurde. Von 1761 ab bis 1763 vermaß und kartirte er die weimarischen Forsten Heyda, Unterpörlitz, Ilmenau und Stützerbach, führte auch eine Schlageintheilung derselben für das Jahrzehnt 1761 bis 1771 durch. Am 27. März 1762 wendete er sich mit der Bitte um Verleihung des Prädicats eines „Forst-Commissarii“ direct an den Herzog und erbot sich zugleich den „zu dem Arlesberger Revier geschlagenen, aber unter weimarischer Hoheit gelegenen Veronickenberg ebenfalls (wie er es schon mit anderen Forsten gemacht hatte) in einen Riß zu bringen und in einer von der herzogl. Forstkammer zu Friedenstein auszustellenden Instruction in gewisse Hiebe einzutheilen“. Die proponirte Eintheilung des genannten Berges wurde zwar „wegen dessen geringen Gehalts und darauf befindlichen schlechten Holzbestands“ nicht genehmigt, allein dem Petenten trotzdem unter dem 10. Mai 1762 das Prädicat eines Forst-Commissarii verliehen. 1765 bezeichnet er sich selbst als „Hochfürstlich Gothaischer Forst-Commissarius und Hochfürstlich Weimarischer Förster in Heyda bei Ilmenau“, scheint also inzwischen auch für Sachsen-Weimar amtliche Functionen übernommen zu haben, und zwar als Gehülfe seines Schwiegervaters, des Försters Schneider in Heyda. Etwa um 1770 trat er ganz in weimarische Dienste über und übernahm als „Oberförster“ die selbständige Verwaltung des Reviers Ilmenau, eines aus Fichten und Tannen gemischten Nadelholzforstes. Mit der Zeit wurden ihm die Titel „Wildmeister“ (1784) und zuletzt „Forstmeister“ zu Theil; seine dienstlichen Functionen scheinen sich aber nicht wesentlich verändert zu haben. Neben seinen laufenden Reviergeschäften wurde er fortwährend zu Forstbetriebsregulirungen verwendet, commissarisch mit Inspectionen über andere in der Nähe seines Dienstbezirkes gelegene Forsten betraut und zu verschiedenen Expertisen zugezogen. – Oe. war zunächst ein vorzüglicher Wirthschafter. Laurop (s. A. D. B. XVIII, 68), welcher ihn in Ilmenau besuchte, theilt in seiner Selbstbiographie mit, daß sich der ihm anvertraute Forst in einem ganz vortrefflichen Zustand befunden habe. Oe. hatte u. A. eine öde Fläche von 1100 Morgen durch Pflanzung aufgeforstet und wendete dem Culturwesen, insbesondere der Pflanzenzucht in Forstgärten, eine hervorragende Sorgfalt zu. An Förstern und Jägern von Metier, welche auf Ordnung und gute Wirthschaft in ihren Dienstbezirken hielten, fehlte es aber – bei den geringen Ansprüchen jener Zeit – wol schon damals nicht; wenigstens würde Oettelt’s cultivatorische Thätigkeit nicht hingereicht haben, ihm denjenigen Platz in der Forstgeschichte zu sichern, welchen er mit Recht einnimmt. Sein Hauptverdienst bestand vielmehr darin, daß er – von Haus aus ein offener Kopf und scharfer Denker – der Erste unter den zunftgerechten Jägern war, welcher die Bedeutung der Mathematik als einer unentbehrlichen Grundlage für den forstwirthschaftlichen Betrieb erkannte. Er wurde hierdurch zum eigentlichen Begründer der sog. forstmathematischen Schule, nicht nur durch bezügliche Schriften, sondern auch durch Aufstellung eines Systems der Betriebsregulirung und Einrichtung der bereits im Eingange genannten Forste hiernach. Sein mit großem Beifall aufgenommenes Hauptwerk führt den Titel „Practischer Beweis, daß die Mathesis bey dem Forstwesen unentbehrliche Dienste thue“ (1765; eine 2. Auflage folgte noch in demselben Jahre). 1768 erschien seine „Abschilderung eines redlichen und geschickten Försters zum allgemeinen Besten als ein Zweyter Theil seines practischen Beweises, daß die Mathesis“ etc. (3. Aufl. in 2 Theilen 1786; 4. Aufl. 1799). 1789 schrieb er „Etwas über die Harzgeschichte oder Pechbenutzung fichtener Waldungen, nebst Köhlerei etc. nach Thüringischer Waldart“ (1799 erschien eine neue Ausgabe mit anderem Titel). [561] Auch einige gute Aufsätze im Reitter’schen Journal, z. B. „Einige Versuche und Erfahrungen in der Holzkultur“ verdanken wir seiner Feder.

Die Forsteinrichtungsmethode, welche er für Nadelwälder vorschlug und auch in die Praxis überführte, läßt sich kurz als eine Verbindung von Flächentheilung mit Masseneinschätzung bezeichnen. Er unterschied 7 den natürlichen Bestandesentwicklungsstufen (Haubares Holz, Mittel- und Stangenholz etc.) angepaßte, daher verschieden abgegrenzte (nicht gleichlange Zeiträume umfassende) Altersclassen und forderte zum Zweck einer Reserve für unvorhergesehene Fälle die hohe Umtriebszeit von 100 Jahren (für eben gelegene Forste), bzw. 130 Jahren (für Gebirgswaldungen). Trotz der ungleichen Abstufung seiner Altersclassen findet er doch den normalen Bestand jeder Classe in dem Quotienten: Gesammtfläche aller 7 Classen, getheilt durch die Classenzahl. Der Vergleich zwischen dem normalen und dem concreten Flächenverhältniß der einzelnen Classrn belehrt ihn über die seitherige Behandlung und den Zustand des Reviers. Bei annähernder Normalität der Classen wird der Flächenetat, bzw. Jahresschlag aus dem Quotienten: Gesammtfläche der 7 Classen, dividirt durch die Umtriebszeit + derjenigen Zeit, welche die Schläge etwa bis zur vollen Bestockung liegen bleiben, ermittelt. Durch Multiplication der Größe dieses Jahresschlags mit dem erfahrungsmäßig und nach Durchschnittszuwachssätzen gefundenen mittleren Holzgehalt der ältesten Altersstufe pro Flächeneinheit ergibt sich der jährliche Abnutzungssatz. Bei abnormem Altersclassenverhältniß wird, je nachdem die haubaren Hölzer überwiegen oder fehlen, eine größere oder geringere Schlagfläche, als der arithmetische Durchschnitt ergibt, zur Nutzung gezogen. Die jährlich abzumessenden Schläge sollen in gute und geringe Bestände gelegt und von mäßiger Größe gemacht werden. Dabei wird ein großer Werth auf eine gute Hiebsordnung zur Verhütung von Sturmschäden gelegt. Für Laubwaldungen, bzw. Nieder- und Mittelwälder huldigte er dem Grundsatze der Auszeichnung nicht gleichgroßer, sondern gleichwerthiger Schläge, welches Princip der Landjägermeister v. Wedell [WS 1] in Schlesien später auch für die Eintheilung der Hochwaldungen (in Proportionalschläge) anwendete. Da sich auch Oe. von dem Gesichtspunkte leiten ließ, keinen Bestand vor dem erlangten Haubarkeitsalter zum Hiebe zu stellen, soll mit der haubaren Classe stets so lange Haus gehalten werden, bis die nächst jüngere Classe haubar geworden ist. Hiernach ergaben sich, je nach dem Vorrath an haubarem Holz, ungleich große Jahresnutzungen. Die Wirthschaftseinrichtungen der Laubwälder bespricht er ausführlicher, als diejenige der Nadelwälder. Sein im Vorstehenden kurz geschildertes Verfahren für die letzteren fand im allgemeinen geringe Verbreitung, vielleicht weil es der Autor zu wenig im einzelnen ausgebildet hatte, wodurch dem subjectiven Ermessen des Taxators ein zu großer Spielraum verblieb und an dessen Geschicklichkeit zu große Ansprüche gestellt wurden. Wenn die Methode auch an verschiedenen Mängeln litt, so bezeichnete sie doch einen wesentlichen Fortschritt in der Entwicklung der Forsteinrichtung, und die Anregungen, welche er durch seine forstmathematischen Schriften gab, trugen in hervorragender Weise mit dazu bei, diesen Theil des Forstwesens in geregeltere Bahnen zu leiten.

Pfeil, Kritische Blätter für Forst- und Jagdwissenschaft, IV. Band, 1. Heft, 1828, S. 102, 104 und 107. – Gwinner, Forstliche Mittheilungen, III. Band, 10. Heft, 1844, S. 15 (Mittheilungen in Laurop’s Selbstbiographie). – Fraas, Geschichte der Landbau- und Forstwissenschaft, 1865, S. 539, 548, 568 und 603. – Fr. v. Löffelholz-Colberg, Forstl. Chrestomathie, III, I. S. 499, Bemerkung 342a. (statt „Oettel“ muß es natürlich „Oettelt“ heißen). – Bernhardt, Geschichte des Waldeigenthums etc., II, [562] S. 79, 126–130, 397 und 399. – Roth, Geschichte des Forst- und Jagdwesens in Deutschland, 1879, S. 593 und 595, Bemerkung a. – Judeich, Die Forsteinrichtung, 4. Aufl., 1885, S. 288 ff. – Privatmittheilungen.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Eugen Leopold Gottlob Magnus von Wedell (auch Wedel) (1747–1815)