Zum Inhalt springen

ADB:Otto I. (Bischof von Bamberg)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Otto (der Heilige), Bischof von Bamberg“ von Wilhelm Bernhardi (Historiker) in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 24 (1887), S. 654–657, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Otto_I._(Bischof_von_Bamberg)&oldid=- (Version vom 12. Dezember 2024, 18:32 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Nächster>>>
Otto von Granson
Band 24 (1887), S. 654–657 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Otto von Bamberg in der Wikipedia
Otto von Bamberg in Wikidata
GND-Nummer 118738755
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|24|654|657|Otto (der Heilige), Bischof von Bamberg|Wilhelm Bernhardi (Historiker)|ADB:Otto I. (Bischof von Bamberg)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118738755}}    

Otto (der Heilige), geboren wohl um das Jahr 1063, Bischof von Bamberg 1102–1139. Otto’s Eltern hießen Otto und Adelheid, aus einem freien, aber nicht sehr begüterten Geschlecht, das in Schwaben ansässig war, dessen Name jedoch bis jetzt nicht mit Sicherheit festgestellt ist. Während der ältere Bruder Friedrich das Geschlecht weiter führen sollte, wurde O. für die geistliche Laufbahn bestimmt. Er verlor seine Eltern frühzeitig und begab sich nach Polen. Einer seiner Biographen, Ebo I, 1, berichtet, daß O. als Capellan der Judith, der Schwester des Kaisers Heinrich IV., die nach dem Jahre 1087 den Herzog Wladislaw von Polen heirathete, dorthin gekommen; es scheint jedoch, daß er bereits früher in diesem Lande sich niedergelassen hatte, sich durch Unterricht der Jugend den Lebensunterhalt gewann und mit dem Herzog Wladislaw bekannt wurde, der dann seine Dienste bei der Werbung um Judith in Anspruch nahm. Später, vielleicht nach dem Tode der Herzogin, kehrte O. nach Deutschland zurück, wo er als Güterverwalter eines Nonnenklosters zu Regensburg eine Stellung fand. Aus dieser trat er in den Dienst des Kaisers Heinrich IV., der den kenntnißreichen und umsichtigen Geistlichen zu schätzen wußte. Er übertrug ihm die Oberaufsicht bei dem Dombau zu Speier und berief ihn sogar in seine Kanzlei. Indeß sind keine von O. signirte Urkunden des Kaisers vorhanden. O. stand sehr hoch in der Gunst Heinrich IV., der ihm nacheinander die Bisthümer Augsburg und Halberstadt, jedoch vergeblich, anbot. Als aber durch den am 11. Juni [655] 1102 erfolgten Tod Ruperts das Bisthum Bamberg erledigt war, drang der Kaiser darauf, daß O. diese Würde annehme, die er dann auch vom 21. Dec. 1102 bis zu seinem Tode am 30. Juni 1139 innehatte. Obwohl O. in Diensten des Kaisers stand, war er in kirchlicher Richtung Gregorianer, und demgemäß erklärte er bei der Uebernahme des Pontificats, daß er seine Weihe nicht von schismatischen Bischöfen empfangen wolle, sondern nur vom Papste selbst, ohne dessen Einwilligung er das Amt auch nicht behalten würde. Aus diesem Grunde verzögerte sich seine Consecration, die erst am 13. Mai 1106 erfolgte. Inzwischen hatten sich die politischen Verhältnisse in Deutschland geändert; des Kaisers Sohn, Heinrich V., hatte sich gegen seinen Vater empört, und auch O. war auf die Seite des verrätherischen Sohnes getreten, da er sich doch dem Vater zu Dank verpflichtet fühlen mußte. Obwohl diese Handlungsweise im Sinne der Zeit nicht unentschuldbar ist, bildet sie doch einen dunklen Punkt in der lichten Laufbahn des Bischofs. Während der Regierung Heinrichs V. bemühte er sich eifrig um die Herstellung des Friedens zwischen Papst und Kaiser. Zu diesem Zwecke nahm er an einer Gesandtschaft des Letzteren an Paschalis II. 1107 thätigen Antheil, ebenso kam unter seiner Mitwirkung zwischen beiden Mächten ein Vertrag zu Würzburg 1121 zu Stande. Einer friedlichen Politik ist er auch später unter Lothar getreu geblieben. Vor allen Dingen jedoch widmete er seine volle Kraft der Hebung seines Bisthums, welches unter seinen Vorgängern sehr herabgekommen war. Den durch eine Feuersbrunst verwüsteten Dom stellte er in größerer Pracht wieder her, ebenso die verfallenen Klostergebäude auf dem Michelsberg bei Bamberg. An vierzehn Orten des Bisthums erbaute er neue Kirchen. Seine Vorliebe für das Mönchsleben veranlaßte ihn, fünfzehn neue Klöster zu gründen. Trotz der beträchtlichen Summen, die von den Bauten und Stiftungen verzehrt wurden, gelang es O. dennoch, das Bisthum Bamberg zu erhöhter Blüthe zu bringen, ohne daß die Bewohner sich bedrückt fühlten. Schon als junger Mann in Polen verstand er, das erworbene Geld zu sparen. Trotzdem er selbst mehr den praktischen Geschäften zuneigte, förderte er doch den Betrieb der Studien unter seiner Geistlichkeit. Ekkehard, der Verfasser der großen Weltchronik (Bd. V., S. 793), wurde von ihm als Abt von Aura eingesetzt. Seinen höchsten Ruhm hat jedoch O. durch seine Thätigkeit als Apostel der Pommern erworben. Mehrere Versuche, dies heidnische Volk zum Christenthum zu bekehren, waren gescheitert, als sich im Jahre 1123 der Herzog Boleslaw von Polen an O. wandte, damit dieser die Mission an der Ostsee übernehme. Nachdem der Bischof die Erlaubniß des Papstes eingeholt und auch die Billigung des Kaisers erlangt hatte, brach er Ende April 1124 von Bamberg auf und zog über Prag, Breslau und Posen zunächst nach Gnesen, wo er vom Herzog Boleslaw mit hohen Ehren aufgenommen wurde. Seine Vorräthe wurden hier vermehrt, Wagen und Pferde geliefert und ein vornehmer Pole, der Graf Paulitius von Zantok übernahm mit zahlreicher Mannschaft die Führung und den Schutz der Missionäre. Mit zwanzig Geistlichen erschien O. in Pommern. Während die bisherigen Bekehrer arme Büßer gewesen waren, trat O. in dem Glanz des kirchlichen Pompes auf, eine große Menge von kunstvollen Erzeugnissen der deutschen Industrie brachte er mit, um diese als Geschenke an die Bekehrten zu vertheilen. Durch reiche Gaben gewann er sich sofort den Herzog der Pommern, Wratislaw, der überdies eine Christin zur Frau hatte. In Pyritz, dem ersten größeren Ort Pommerns, wo O. predigte und wo er später von Friedrich Wilhelm III. durch ein Denkmal geehrt worden ist, erlangte er unerwarteten Erfolg, sodaß während der kurzen Zeit seines Aufenthalts mehrere Hunderte die Taufe empfingen. Ebenso günstige Aufnahme fand das Christenthum zu Kamin, wo O. am 24. Juni 1124 eintraf. Dagegen wurde ihm zu Wollin roher Widerstand [656] entgegengesetzt, der erst nachließ, als es ihm gelungen war, in Stettin die Götzentempel, besonders den des Triglaw, niederzureißen und den Grund zu christlichen Kirchen zu legen. Nach der Bekehrung Stettins fand er in Wollin gleichfalls zuvorkommende Aufnahme und ersah diesen Ort als den Sitz eines künftigen pommerschen Bischofs. Nachdem er noch Kolberg und Belgard besucht und alsdann wieder nach Wollin gegangen war, trat er von dort am 2. Februar 1125 die Rückreise über Pyritz, Gnesen und Prag an und gelangte am 29. März desselben Jahres wiederum nach Bamberg. Man rechnete, daß auf dieser Reise 22,166 Heiden die Taufe empfangen hätten, daß in acht Städten ebenso viele Gemeinden und elf Kirchen gestiftet wären. Diesen überraschenden Erfolg hatte O. außer der Unterstützung des Polenherzogs vor allem seiner Persönlichkeit zu danken. O. war kein Zelot; seine edle Gesinnung, die sich in Werken der Barmherzigkeit gegen Gefangene, in Wohlthätigkeit gegen Arme, in Freigebigkeit gegen Unbemittelte zeigte, erweckte ihm auch unter den Slaven aufrichtige Freunde. Indeß war es naturgemäß, daß das Heidenthum in Pommern nicht auf den ersten Schlag erlag. Die heidnischen Priester suchten nach Otto’s Abreise den Glauben an den deutschen Gott zu erschüttern, die verborgenen Götzenbilder wurden wieder an’s Licht gebracht, in Stettin wurde der heidnische neben dem Christen-Gott verehrt. Die von O. zurückgelassenen Geistlichen vermochten nicht, der Restauration des Heidenthums erfolgreichen Widerstand zu leisten, trotzdem Herzog Wratislaw dem Christenthum treu blieb. O., der von allen Vorgängen in Pommern durch fortlaufende Correspondenz unterrichtet war, erkannte, daß sein Werk in Gefahr stand, unterzugehen, und beschloß trotz seines hohen Alters – er war inzwischen wenigstens 65 Jahre alt geworden – einen zweiten Bekehrungszug nach Pommern zu unternehmen. Mit Umsicht wurden die Vorbereitungen getroffen, großartige Vorräthe angesammelt, und am 19. April 1128 verließ O. seinen Bischofssitz aufs neue. Diesmal wählte er einen andern Weg; Böhmen und Polen wurde nicht berührt, über Merseburg, wo er mit König Lothar, der die Mission unter den Slaven selbst eifrig als Herzog von Sachsen betrieben hatte und sie auch fernerhin begünstigte, eine Zusammenkunft hatte, ging O. nach Halle. Von hier bis Havelberg benutzte der Bischof für seine Vorräthe die Wasserstraße. In Magdeburg traf er mit dem Erzbischof Norbert zusammen, der Otto’s Erfolge nicht ohne Eifersucht betrachtete, da seine eigenen Bemühungen für die Christianisirung der Slaven östlich der Elbe völlig mißglückt waren. Von Havelberg ab wurde wieder der Landweg eingeschlagen. Durch das Gebiet am Müritzsee gelangte O. mit seiner Begleitung unangefochten in der vorletzten Woche des Mai 1128 nach Demmin, wo er der Verabredung gemäß mit dem Herzog Wratislaw zusammentraf. Der Bischof, der für diese Reise besonders den von ihm noch nicht besuchten westlichen Theil von Pommern in’s Auge gefaßt hatte, wählte Usedom als sein Hauptquartier. Dorthin war für den 10. Juni eine Versammlung der pommerschen Edlen berufen, die trotz des Widerspruchs der heidnischen Priester den Beschluß faßten, den Götzendienst überall abzuschaffen und das Christenthum einzuführen. O. selbst vollzog an ihnen alsdann die Taufe. Da nunmehr Aussicht auf eine völlige Bekehrung der Pommern vorhanden war, schickte O. Geistliche in verschiedene Ortschaften, während er selbst zunächst nach Wolgast ging, wo er eine Woche verweilte und eine Gemeinde begründete. Von dort begab er sich nach Gützkow, wo ebenfalls die Götzenbilder vernichtet wurden und das Kreuz an ihre Stelle trat. Später besuchte er Stettin, wo er einen Umschwung zu Gunsten des Christenthums herbeiführte. Auch versäumte er nicht, sich abermals in Wollin und Kamin zu zeigen und überall mit demselben Erfolge. Das Heidenthum wich vor seiner Wirksamkeit dem Christenthum. Er hatte die Absicht, die Bekehrung der Bewohner von Rügen zu unternehmen, [657] gab sie aber auf, da der Bischof von Lund, zu dessen Diöcese die Insel gerechnet wurde, Schwierigkeiten erhob, als O. die Erlaubniß zum Predigen nachsuchte. Eine Botschaft des Königs Lothar, der seine Anwesenheit im Reiche wünschte, trug dazu bei, seine Rückreise zu beschleunigen. Ueber Gnesen, wo ihn der Herzog Boleslaw mit hohen Ehren acht Tage bewirthete, ging er nach Deutschland und traf am 20. December 1128 wieder in Bamberg ein. Seitdem hat das Christenthum festen Fuß in Pommern gefaßt und das Heidenthum verschwand allmählich völlig. Mit den in diesem Lande gegründeten Kirchen blieb O. in steter Verbindung. Seinen Wunsch aber, selbst noch einen Bischof von Wollin zu weihen, konnte er wegen der schwierigen Verhandlungen mit den Diöcesen Magdeburg, Gnesen und Lund, welche alle drei die Oberhoheit über das neue Bisthum beanspruchten, nicht zur Ausführung bringen. Von den politischen Zwistigkeiten im Reiche hat sich O. zu allen Zeiten möglichst fern gehalten. Immer war sein Auftreten vorsichtig, er suchte mit Papst und Kaiser zugleich in gutem Einvernehmen zu bleiben. Dies Verhalten führte allerdings dazu, daß er bisweilen von beiden Parteien beargwöhnt wurde, daß er sogar in die Gefahr gerieth, kirchlicherseits von seinem Amt suspendirt zu werden. Doch kam es nie zu einem ernsthaften Zerwürfniß mit ihm. Beim Ausbruch des Schisma 1130 suchte er sich der Entscheidung, ob Anaclet oder Innocenz der rechtmäßige Papst wäre, zu entziehen. An der Synode zu Würzburg 1130, in der der letztere Anerkennung erlangte, nahm er nicht Theil. Seine weitere Thätigkeit blieb auch hinfort vornehmlich seinem Bisthum geweiht. Den Römerzügen Lothars blieb er ebenso fern wie den politischen Umtrieben nach dessen Tod. Allgemeine Liebe und Achtung genoß er im gesammten Reiche. In schwierigen Streitfragen, wie z. B. in des Bischofs Meginhard von Prag, wurde seine Vermittlung angerufen. Am 30. Juni 1139 starb er zu Bamberg und wurde in der Michaelskirche beigesetzt. Unter Papst Clemens III. wurde er 1189 als Heiliger proclamirt. – Die Litteratur über Otto von Bamberg ist äußerst reichhaltig. Als gleichzeitige Quellen können drei Biographien betrachtet werden: Vita monachi Priflingensis (Mon. Germ. Script. XII, 883–903), Vita Ebbonis Jaffé Mon. Bambg. 580–692, Herbordi Dialogus ibid. S. 693–835; außerdem zahlreiche zerstreute Nachrichten bei den Chronisten des 12. Jahrhunderts. Von neuen Darstellungen sind hervorzuheben: L. Giesebrecht, Wend. Gesch. II, 219–362, W. v. Giesebrecht, Kaiserzeit Bd. III u. IV, Bernhardi, Lothar v. Supplinburg, S. 153 ff., Bernhardi, Konrad III., Sulzbeck, Leben des heiligen Otto (Regensburg 1865), W. Volkmann, Diss. De Ottone I ep. Bambg, W. Volkmann, Otto’s erste Reise nach Pommern (Programm v. Rastenburg 1862), L. Hoffmann, Otto I. ep. Babenbg. (Halle 1869), G. Haag, älteste Lebensbeschreibung Otto’s von Bamberg. (Diss. Halle 1874).