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ADB:Pauli, Friedrich

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Artikel „Pauli, Friedrich“ von Ernst Gurlt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 249–251, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pauli,_Friedrich&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 08:24 Uhr UTC)
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Pauli: Friedrich P., zu Landau in der Pfalz, Arzt und Chirurg, wurde am 3. Februar 1804 in dem damals noch französischen Landau geboren, als Sohn des im J. 1856 in hohem Alter verstorbenen Medicinalrathes gleichen Namens, eines beliebten, viel beschäftigten, daselbst mehr als ein halbes Jahrhundert thätigen Arztes. Der sehr begabte Knabe erhielt seine erste Ausbildung [250] von einem Landgeistlichen, besuchte dann die Lehranstalten zu Karlsruhe und Speyer und bezog nach glänzend bestandener Maturitätsprüfung 1821 die Universität Straßburg, ging 1822 nach Göttingen, wo er seine medicinischen Universitätsstudien vollendete und 1824 mit der Inaug.-Abhandlung „De vulneribus sanandis“, die er auf Veranlassung seines von ihm hochverehrten Lehrers K. J. M. Langenbeck verfaßt hatte und die mit einem Preise gekrönt worden war, zum Dr. med. promovirt wurde. Jene sehr fleißige, auf sechsmonatliche Beobachtungen und Experimente an Thieren gestützte Schrift trug das charakteristische Motto: „Naturam optimam ducem, tanquam deum sequimur“, dem er sein ganzes übriges Leben treu geblieben ist. Er bildete sich dann noch weiter 1825/26 in München in den Kliniken von Ringseis und Grossi und in Berlin unter Neumann, Rust, v. Graefe, v. Siebold aus und erhielt nach zu München 1826 bestandener Staatsprüfung die Erlaubniß zur Praxis, machte aber, ehe er sich 1828 in seiner Vaterstadt dauernd niederließ, noch eine wissenschaftliche Reise nach Prag, Wien und Paris. Dem trefflich vorbereiteten jungen Arzte eröffnete sich in kurzem ein ausgedehnter Wirkungskreis; es fiel ihm besonders die chirurgische Praxis zu, in der er sich bald einen bedeutenden Ruf verschaffte und die er auch, obgleich er alle anderen Zweige der Medicin mit nicht minderer Sorgfalt cultivirte, mit besonderer Vorliebe lebenslang ausgeübt hat. So war er denn, von der Natur als Chirurg in hervorragender Weise ausgestattet, ein sehr glücklicher Operateur, und besonders Staar- und plastische Operationen übte er mit Virtuosität. Zu bemerken ist, daß er die Schieloperation zuerst am Lebenden versuchte und daß mehrere in die Augenheilkunde später eingebürgerte Benennungen (Phacomalacie, Phacosclerom, Staphylaematom) von ihm herrühren. Die Ausübung der Chirurgie bildete übrigens nur den geringeren Theil seiner praktischen Thätigkeit, da er als innerer Arzt nicht minderes Vertrauen genoß, so daß, da er auch eine nicht unerhebliche litterarische Thätigkeit entfaltete, die, nebst wissenschaftlichen Studien seine eigentliche Erholung bildete, da er für die gewöhnlichen Lebensgenüsse keinen Sinn hatte, seine Zeit vollständig in Anspruch genommen war. Von seinen etwa 15 selbständig erschienenen Schriften, vielen größeren, theils in den Versammlungen der deutschen Naturforscher und Aerzte, theils in den Generalversammlungen der pfälzer Aerzte gehaltenen Vorträgen, einer sehr großen Zahl kleinerer und größerer Abhandlungen, vorwiegend chirurgischen Inhaltes, zerstreut in den bedeutendsten medicinischen Schriften Deutschlands, zu denen noch eine zahllose Menge von Recensionen der hervorragendsten Erscheinungen aus der Litteratur des In- und Auslandes hinzutritt, kann hier nur ein sehr kleiner Theil angeführt werden. Sein erstes selbständiges Werk war eine „Medicin. Statistik der Stadt und Bundesfestung Landau u. s. w.“ (1831), welcher „Beobachtungen über die Ruhr und das Scharlachfieber u. s. w.“ (1835) folgten, die er im Jahre vorher zu machen Gelegenheit gehabt hatte. In der einige Jahre später erschienen Schrift: „Ueber den grauen Staar und die Verkrümmungen und eine neue Heilart dieser Krankheiten“ (1838, mit Abbild.) schlug er eine neue, von ihm öfter geübte Operationsmethode des Staars vor, die aber keine weitere Verbreitung gefunden hat. In der Schrift: „Ueber Pollutionen, mit besonderer Beziehung auf Lallemand’s Schrift über diese Krankheiten“ (1841) unterwarf er letztere einer vernichtenden, ihre Haltlosigkeit darthuenden Kritik, während seine im folgenden Jahre erschienene Arbeit „Die in der Pfalz und den angrenzenden Gegenden üblichen Volksheilmittel, gewürdigt. Eine gekrönte Preisschrift“ (1842) ein werthvoller ethnographischer und culturgeschichtlicher Beitrag ist. In seinen „Untersuchungen und Erfahrungen im Gebiete der Chirurgie“ (1844 mit 4 Tafeln) finden sich mancherlei beachtenswerthe Beobachtungen niedergelegt. Seine Schrift „Ueber [251] Contagiosität und Erblichkeit der Syphilis“ (1854) verdankt ihre Entstehung seinem Bestreben, schweres Unheil von einem Collegen abzuwenden, welcher angeklagt war, die Syphilis durch Vaccination auf eine große Zahl von Kindern übertragen zu haben. Wenn auch Pauli’s auf innerster Ueberzeugung beruhende damalige Ansicht von der Nichtübertragbarkeit der secundären Syphilis sich als ein Irrthum erwiesen hat, so verdient doch die dabei zu Grunde liegende collegiale Gesinnung alle Anerkennung, ebenso wie das bei der Naturforscherversammlung zu Freiburg 1838 von ihm zu Gunsten des auf der Feste Oberhaus gefangen gehaltenen Collegen Eisenmann angeregte Gnadengesuch. Bei Gelegenheit des ophthalmologischen Congresses in Brüssel trug er ein „Mémoire sur l’ophthalmie d’Egypte“ (1858, 4°) vor, das mehrere Abweichungen von den landläufigen Anschauungen darbot. Mit Uebergehung mehrerer werthvoller Abhandlungen, über Speichelgeschwülste, die Natur des Trippers, die Hypertrophie der Prostata u. s. w., wollen wir nur noch seiner Monographie „Der Croup“ (1865) gedenken, die, auf eine 30jährige Erfahrung gestützt und mit der umfassendsten Litteraturkenntniß geschrieben, sich einer solchen Anerkennung erfreute, daß bereits nach 6 Monaten eine neue Auflage nothwendig wurde. – P. war als Schriftsteller durch Gewandtheit und Klarheit der Darstellung, scharfe Kritik, unbefangenes, nüchternes Urtheil und Wahrheitsliebe ausgezeichnet; in seinen Recensionen (z. B. in Schmidt’s Jahrbüchern der Medicin), die einen bedeutenden Theil seines litterarischen Wirkens bildeten und oft durch einen schwer zu zügelnden Witz gewürzt waren, deckte er alle Arten von Charlatanerie und Reclame und jede Herabwürdigung der Medicin zu gewinnsüchtigen Zwecken schonungslos auf, war aber andererseits ein das wahre Verdienst anerkennender und mit Gerechtigkeit würdigender Kritiker. Obgleich es seit Jahrzehnten sein Wunsch gewesen war, sich der akademischen Laufbahn zu widmen und im J. 1846 die Universität Würzburg ihm eine außerordentliche Professur antrug, lehnte er, zu fest mit Heimath und Familie verwachsen, auf Drängen der letzteren, dennoch ab. Die Anerkennung, die er von der wissenschaftlichen Welt erfuhr, äußerte sich darin, daß er von 22 gelehrten Gesellschaften, darunter mehrere im Auslande, zum Mitgliede ernannt worden war. Nach 40jährigem fruchtbringendem Wirken als Arzt und Schriftsteller wurde er, noch in voller Thätigkeit, nach kaum achttägigem Kranksein, am 21. Januar 1868 vom Tode ereilt, dem er 5 Jahre früher mit genauer Noth entgangen war, als er bei einer Operation sich eine Wundvergiftung zugezogen hatte, die mit dem Verlust des linken Zeigefingers aber noch glücklich endigte. Sein Tod war ein schwerer Verlust für seine Vaterstadt und seine heimathliche Provinz, die erst nach seinem Hinscheiden zu vollem Bewußtsein darüber kam, was sie an ihm besessen; denn er war nicht nur ein ausgezeichneter, immer hülfsbereiter, Allen, Arm und Reich gleich zugänglicher Arzt, sondern auch ein edler Mensch, von unversiegbarer Herzensgüte, rechtlichem Sinn, offenem, geradem Charakter, gefälligem und rücksichtsvollem Benehmen gegen seine Collegen und unwandelbarer Treue gegen seine Freunde.

Bayrisches ärztliches Intelligenzblatt, Jahrg. 1885, S. 203. – v. Langenbeck’s Archiv für klinische Chirurgie, Bd. XII, 1871, S. 18. – Callisen, Medicin. Schriftsteller-Lexikon, Bd. 31, S. 165. – Wilh. Engelmann, Bibliotheca medico-chirurg., 6. Aufl., S. 424; Supplem. S. 188.