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ADB:Pernice, Ludwig

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Artikel „Pernice, Ludwig Wilhelm Anton“ von Nicht angegeben in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 387–388, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pernice,_Ludwig&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 03:58 Uhr UTC)
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Pernice: Ludwig Wilhelm Anton P., namhafter Jurist, geb. am 11. Juni 1799 zu Halle, aus einer aus Oberitalien eingewanderten Familie, besuchte das Pädagogium seiner Vaterstadt und widmete sich seit 1817 auf den Universitäten zu Halle, Berlin und Göttingen juristischen, insbesondere rechtsgeschichtlichen und staatsrechtlichen Studien. Nachdem er zu Göttingen die philosophische und juristische Doctorwürde erlangt, habilitirte er sich 1821 zu Halle in der juristischen Facultät, wo er Vorlesungen über die Institutionen und über Rechtsgeschichte, sowie über Staats- und Völkerrecht hielt. Auch las er schon damals über Lehnrecht, für welches er sein ganzes Leben hindurch mit Vorliebe thätig blieb. Bald erhielt P. eine außerordentliche und 1825 eine ordentliche Professur. Seit 1826 begann auch seine publicistische Thätigkeit, vor allem als Vertheidiger der seit 1806 mediatisirten Fürsten und Grafen. P. ward 1827 Unterbibliothekar an der Universitätsbibliothek, 1830 Censor für juristische, zeitgeschichtliche und philosophische Schriften, 1832 Mitglied des akademischen Spruchcollegiums, dessen Viceordinariat er 1833 übernahm. Einen Ruf nach Göttingen 1838, an Albrecht’s Stelle, lehnte er ab, ebenso 1840 das Anerbieten des Herzogs Heinrich von Köthen, als Wirkl. Geheimrath und Regierungspräsident in dessen Dienste zu treten. 1844 erfolgte Pernice’s Ernennung zum außerordentlichen Regierungsbevollmächtigten und Curator der Universität Halle mit dem Titel eines Geh. Regierungsraths, ein Jahr darauf die zum Director des halleschen Schöppenstuhls. Schon vorher (1832) war ihm das Ordinariat des Spruchsenats übertragen worden. Wegen vermehrter Berufsarbeiten sah sich P. um diese Zeit genöthigt, seiner akademischen Lehrthätigkeit zu entsagen, die er jedoch im J. 1849 wieder aufnahm. 1852 begann mit seiner Wahl zum Deputirten für Wittenberg seine parlamentarische Thätigkeit. Seit 1854 lebenslängliches Mitglied des Herrenhauses, vertrat er die Tendenzen der Feudalpartei. Auf Befehl des Königs von Preußen verfaßte er (1851) ein Gutachten in der schleswig-holsteinischen Erbfolgefrage, schrieb mehrere Gutachten in der altenburgischen Domänenangelegenheit, war Rechtsconsulent der anhaltischen Landschaft (deren Beschwerdeschrift an den Bundesrath von ihm herrührt) [388] u. s. w. P. starb am 16. Juli 1861 zu Halle. Seine wissenschaftliche Hauptleistung ist „Geschichte, Alterthümer und Institutionen des römischen Rechts“ (1821; 2. Aufl. 1823). Von seinen publicistischen Schriften sind die wichtigsten: „Observationes de principum comitumque imperii germanici inde a MDCCCVI subjectorum juris privati mutata ratione“ (1827); „Quaestiones de jure publico Germanico“, 3 Hefte (Halle 1831); „Commentatio, qua de jure quaeritur, quo principes Hohenloënses tamquam comites Gleichenses duci Saxoniae Coburgensi et Gothano subjecti sint“ (1835); „Codex iuris municipalis Halensis“ (1839); „De sancta confoederatione“ (1855); „Commentatio de singulari dynastiae Schauenae iure“ (1854). Unter Pernice’s Rechtsgutachten und sonstigen Staatsschriften ist besonders die Arbeit über „Die staatsrechtlichen Verhältnisse des gräflichen Hauses Giech“ (1859) von Bedeutung für die Kenntniß der Rechtsverhältnisse des deutschen hohen Adels. Vgl. Pernice, Savigny, Stahl (1862).

Victor Anton Herbert P., zweiter Sohn des Vorigen, geb. am 14. April 1832 in Halle, erhielt seine Vorbildung auf der Landesschule Pforta und widmete sich seit 1851 erst auf der Universität seiner Vaterstadt, dann zu Bonn und Berlin philologischen und juristischen Studien. Nachdem er mit seiner Uebersetzung und Ausgabe der „Frösche“ des Aristophanes (1856) und durch drei juristische Preisschriften von seinen ausgebreiteten Kenntnissen Proben abgelegt und sowohl die philosophische (1854 zu Leipzig) wie die juristische Doctorwürde (1855 zu Halle) erlangt, habilitirte er sich 1856 zu Berlin für römisches Recht. Bereits gegen Ende 1857 folgte er einem Rufe als Professor der Rechte nach Göttingen. Hier war er vorzugsweise auf den verschiedenen Gebieten des Staatsrechts thätig, las aber auch über Geschichte und Institutionen des römischen Rechts, sowie über Civilproceß. 1862 wurde er zum Mitglied der hannoverschen Kammer ernannt. Infolge der Ereignisse des Jahres 1866 gab P. seine Professur auf und trat in die Dienste des Kurfürsten von Hessen, als dessen Bevollmächtigter er 1867 in Berlin beschäftigt war. Von seinen publicistischen Arbeiten sind hervorzuheben: „Denkschrift über die anhaltische Verfassung“ (1862) und „Zur Würdigung der v. Warnstedt’schen Schrift: Staats- und Erbrecht der Herzogthümer Schleswig-Holstein, u. s. w.“ (1864). Als Vertheidiger der gottorpischen Rechte ist P. Hauptverfasser der „Oldenburger Staatsschrift“ (1864) sowie der „Kritischen Erörterungen zur schleswig-holsteinischen Successionsfrage“ (2 Bände. 1866). Dazu kamen später „Die Verfassungsrechte der im Reichsrathe vertretenen Königreiche und Länder der österreichisch-ungarischen Monarchie“ (1. Heft 1872). Von seinen romanistischen Schriften sind zu nennen: „Commentationes iuris Romani duae“ (1855) und „Miscellanea zur Rechtsgeschichte und Textkritik“ (Heft 1 1869). Er starb zu Halle auf einer Reise am 21. April 1875.

Vgl. Brockhaus’ Conversationslex. 12. Aufl. (Nach gütiger Mittheilung der Redaction ist die Richtigkeit der Angaben seitens der Familie controlirt.)