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ADB:Pescheck, Christian Adolf

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Artikel „Pescheck, Christian Adolf“ von Otto Kaemmel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 25 (1887), S. 412–414, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pescheck,_Christian_Adolf&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 01:55 Uhr UTC)
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Pescheck: Christian Adolf P., verdienter Provinzialhistoriker, stammte von einer böhmischen Exulantenfamilie aus der Gegend von Königgrätz, die mit dem großen Rechenmeister Christian Pescheck, seinem Urgroßvater, in der südlichen Oberlausitz heimisch geworden war, und wurde am 1. Februar 1787 zu Jonsdorf als Sohn des damaligen Pfarrers Christian Friedrich P. geboren. Mit den Eltern 1795 nach Großschönau, 1796 nach Zittau übergesiedelt, wo nachmals – 1816 – der Vater bis zum Pastor Primarius aufstieg, erhielt er zunächst häuslichen Unterricht und besuchte dann 1799–1805 das Gymnasium unter Rudolphs Rectorat. Wie sehr der Vater in dem Sohne schon damals den historischen und litterarischen Sinn geweckt hatte, bewies der letztere bereits als Schüler durch eine kleine Arbeit. Ostern 1805 bezog er die Universität Wittenberg, um sich nach den Traditionen seiner Familie – auch die Mutter war eine Pfarrerstochter – dem Studium der Theologie zu widmen. Besonders anregend wirkten hier auf ihn Pölitz und Heubner. Obwol er sich dem damals auch in Wittenberg vorwiegenden Rationalismus nicht anschloß, so blieb er doch Zeit seines Lebens jeder intoleranten Auffassung abhold, wie es seine milde, versöhnliche Natur verlangte. Der Ausbruch des Krieges von 1806, der bald auch Wittenberg berührte, nöthigte ihn zur zeitweiligen Rückkehr nach der Heimath. Nachdem er dann 1808 zum Magister lib. art. promovirt worden war und April 1809 in Dresden das Examen für das geistliche Amt bestanden hatte, ging er nach Zittau zurück und fand hier Juli 1811 eine Anstellung als Hilfslehrer, März 1813 als Oberlehrer an der neuorganisirten Stadtschule, übernahm aber schon im December 1816 das Pfarramt in Lückendorf und Oybin, dicht an der böhmischen Grenze. Nach zehnjähriger, freilich oft recht beschwerlicher Thätigkeit in der schönen Gebirgseinsamkeit trat er 1826 seinem greisen Vater als Substitut an die Seite und übernahm nach dessen baldigem Tode (im November dess. Jahres) 1827 die Stelle des Katecheten und des Zuchthauspredigers. Von dieser stieg er 1831 zum zweiten, 1840 zum ersten Diakonus, 1854 zum Archidiakonus auf, wobei er zugleich einige Jahre hindurch als Religionslehrer am Schullehrerseminar wirkte. Sein Amt nahm P. nicht derartig in Anspruch, daß er nicht reichliche Zeit zu wissenschaftlicher und litterarischer Thätigkeit gefunden hätte, auf die ihn eine alte und tief gewurzelte Neigung hinwies, und sein glückliches Familienleben, das er 1814 durch die Vermählung mit Henriette Auguste Gössel, der Tochter des Pfarrers in Eybau begründete, erhielt ihm die Heiterkeit und Frische des Geistes, die Voraussetzung solcher Arbeit. Er war ein Mann von umfassendstem Interesse, in den antiken Litteraturen ebenso belesen wie in der modernen, auch des Französischen, Englischen, Italienischen und etwas auch des Czechischen kundig – sein Tagebuch führte er seit der Studentenzeit in englischer Sprache –, überaus fleißig, ein bieneneifriger Sammler und dabei von ebenso großer Leichtigkeit in der schriftstellerischen Production, wie erfüllt von dem Bedürfniß zu einer solchen. Er hat mit nicht weniger als 53 Zeitschriften in Verbindung gestanden und wurde deshalb allmählich in 15 gelehrten oder gemeinnützigen Gesellschaften ein geschätztes Mitglied, unterhielt auch bis an sein Ende eine ausgebreitete Correspondenz, insbesondere mit böhmischen und sächsischen Gelehrten. Am nächsten stand ihm natürlich die Oberlausitzische Gesellschaft der Wissenschaften in Görlitz, der er seit 1824 als wirkliches Mitglied angehörte und deren Organ, das „Neue Lausitzische Magazin“, er 1832–1834 selbst redigirte. Zugänglich und gefällig wie er war, obwohl er eines gewissen harmlosen Selbstgefühls keineswegs entbehrte, unterstützte er gern auch die Arbeiten anderer. Seine eigenen bewegten sich in zahllosen Aufsätzen und selbständigen Schriften des verschiedensten Umfanges auf einem sehr ausgedehnten Gebiete, auch auf dem [413] theologischen und pädagogischen – wir erwähnen von solchen nur: „Jesus und die Frauen. Ein Andachtsbuch“ Zittau 1819, das auch ins Holländische übersetzt wurde, „Menschenwerth, in Thatsachen und Vorbildern dargestellt. Ein Lesebuch“, Zittau 1820 und „Konfessionsbüchlein“, Zittau 1830 – aber am liebsten concentrirte er seine wirklich wissenschaftliche Thätigkeit, zu deren Förderung er trotz schmalen Einkommens selbst nicht unbedeutende pecuniäre Opfer brachte, doch auf die Geschichte seiner heimathlichen Landschaft und Stadt und zog auch, was bei den historischen Beziehungen sich von selbst ergab, die des benachbarten Böhmen, wenigstens in einzelnen Richtungen, mit in den Kreis seiner Studien, wie er denn auch gern und häufig dort weilte, wo noch kein Nationalitätenstreit den friedlichen Verkehr deutscher und czechischer Gelehrter störte, und zahlreiche Verbindungen mit solchen anknüpfte, zu denen er schon in Lückendorf den Grund gelegt hatte. Dankbar hat er namentlich stets die Förderung anerkannt, welche zahlreiche Mitglieder der böhmischen Aristokratie ihm gewährten. In der Geschichte Zittaus und der Oberlausitz hat er sich eine so umfassende Kenntniß erworben, wie sie wahrscheinlich weder vor ihm noch nach ihm irgendwer besessen hat. Er verfährt nicht immer kritisch, in der Anordnung des Stoffes oft mehr schematisch als historisch und liebt es zuweilen, in behaglicher Breite sich zu ergehen, verfällt wohl auch in einen erbaulichen Ton, wo er nicht gerade hingehört, aber immer ist die Fülle des wohlgeordneten Materials erstaunlich, oft fast erdrückend, und die bedeutendsten seiner Werke auf diesem Gebiete haben trotz mancher Mängel die Forschung nicht nur außerordentlich gefördert und weiteren Untersuchungen eine sichere Grundlage geschaffen, sondern zuweilen sie so gut wie abgeschlossen. Seinem Geburtsort und der Stätte seiner ersten geistlichen Wirksamkeit widmete er mehrere kleinere Arbeiten („Geschichte von Jonsdorf bei Zittau“, Z. 1835, „Geschichte der Kirche zu Lückendorf“, Z. 1839); besonders aber regte ihn die herrliche Ruine der Cölestinerkirche auf dem Oybin, die zu seinem Lückendorfer Pfarrsprengel gehört hatte, zu immer erneuter Forschung und Darstellung an, die er dann in der „Geschichte der Cölestiner des Oybins“ 1840 zum Abschluß brachte. Der Ortsgeschichte Zittaus, der freilich durch den Brand von 1757 die urkundliche Grundlage zum guten Theil entzogen worden ist, wandte er sich schon 1823 mit der Schrift „Petrus von Zittau“ zu; 1834 und 1837 erschien dann in zwei starken Bänden sein „Handbuch der Geschichte von Zittau“, eines seiner Hauptwerke, das Dank der Fülle des Stoffs immer eine ehrenvolle Stelle unter den deutschen Stadtgeschichten einnehmen wird und das ihm verdientermaßen den Ehrenbürgerbrief der Gemeinde eintrug (1839). So rechte Ehrentage für ihn wurden deshalb auch die beiden Erinnerungsfeste, die er noch in höherem Alter erleben durfte, das 600jährige Jubiläum der Gründung Zittaus durch König Ottokar II. von Böhmen im August 1855, das die Stadt u. a. durch einen großen historischen Festzug und einen Festactus beging, und die hundertjährige Gedenkfeier der Zerstörung der Stadt durch die österreichische Beschießung am 23. Juli 1757. Beim ersteren hielt P. in Gegenwart des damaligen Kronprinzen Albert die Festrede, die dann auch im Druck erschien („König Ottokar II. und die Begründung der Stadt Zittau“, 1855), bei der zweiten die Festpredigt („Predigt am hundertsten Brandgedächtnißtage“, 1857), allerdings mehr eine historische Darstellung als eine Festpredigt. Der allgemeinen Geschichte der Oberlausitz gehören dann Arbeiten an wie die Preisschrift „Geschichte der Poesie in der Lausitz“, Görlitz 1836 und mehrere bei seinem Tode nur handschriftlich im Archiv der Oberlausitzer Gesellschaft zu Görlitz vorhandene, so die „Literatur des oberlausitz. Adels“ 1835, „Repertorium der historischen Literatur, die Oberlausitz im Allgemeinen betr.“ 1837, „Literatur der oberlausitzischen [414] Dörfer“ 1840 u. a. Mit besonderer Vorliebe wandte sich P. später der Erforschung der böhmischen Gegenreformation und ihrer Rückwirkung auf die Lausitz und auf Sachsen zu. Wies ihn doch auf diese die Geschichte seiner eignen Familie, die er auch mehrfach in kleinen Gelegenheitsschriften behandelt hat, wie das bei seinem ausgeprägten Familiensinn natürlich war. Im J. 1844 veröffentlichte er in zwei Bänden die „Geschichte der Gegenreformation in Böhmen“, 1857 erwarb er sich mit seiner Arbeit über „die böhmischen Exulanten in Sachsen“ den Preis der Jablonowski’schen Gesellschaft, beides Werke, die ihm einen dauernden Namen sicherten. Der ersteren Schrift wohl hauptsächlich verdankte er die Ehre der Ernennung zum Dr. theol. durch die theologische Facultät der Universität Leipzig an Luther’s dreihundertjährigem Todestage 1846. – P. blieb dank seiner überaus einfachen und streng geregelten Lebensweise bis in sein spätes Alter körperlich und geistig rüstig, theilnehmend für die verschiedensten Interessen und unermüdlich thätig bis an sein Ende. Dies kam dann rasch über ihn. Er hatte noch die Predigt für das Reformationsfest, das in Sachsen am 31. October kirchlich begangen wird, niedergeschrieben und noch am 24. October einen Vortrag im „Verein für wissenschaftliche Unterhaltung“, zu dessen eifrigsten Mitgliedern er gehörte, gehalten, aber am nächsten Tage schon erkrankte er an einer heftigen Brustfellentzündung, die seinem Leben am Morgen des 3. Novbr. 1859 ein Ziel setzte. 1861 haben seine Landsleute „dem rastlosen Forscher in der Geschichte des Vaterlandes, der Heimath und des Oybin“ auf dem Berge selbst unweit des Eingangs zur Cölestinerkirche ein Denkmal gesetzt, zu dem Donndorf die Büste (in Bronce) lieferte.

Vgl. Hirche, Rede zum Andenken des Dr. theol. et phil. Christian Adolph Pescheck, gehalten am 11. April 1860 in der 115. Hauptversammlung der Oberlaus. Ges. der Wiss. Angefügt ist ein Verzeichniß aller litterarischen Arbeiten Pescheck’s, z. Th. nach seiner eigenen Niederschrift. – H. Kaemmel, De vita studiisque Christiani Adolphi Pescheccii. Oratio in gymnasio Zittaviensi habita 22. Decbr. 1859, beides im „Neuen Lausitz. Magazin“ Bd. 37, 1860. – Album des Gymnasiums zu Zittau, hrsgeg. von O. Friedrich (1886) S. 110. 30. Einzelnes nach Familienmittheilungen und eignen Erinnerungen.