ADB:Pestel, Friedrich Wilhelm
David P., zuletzt (1662) Professor des Codex und des Lehenrechtes zu Rinteln, wohnte 1648 als gräfl. bückeburgischer Gesandter dem westphälischen Friedensschlusse bei, und starb am 20. December 1684 im 82. Lebensjahre als Senior der Universität. Er verfaßte 23 Dissertationen, die bei Rotermund Bd. V, S. 1974 aufgezählt sind. – Davids Enkel, der Vater unseres Gelehrten, Friedrich Ulrich P., geb. am 25. Januar 1691 in Rinteln, wurde nach dem Besuche der dortigen Universität, dann jener zu Frankfurt a. O. und zu Leyden auf Anregung seines Onkels, des Propstes P., Universitätsprofessor; erhielt in Rinteln Ende 1716 die Professur der Moral, später 1727 – nachdem er am 21. Mai 1722 als Doctor juris promovirt hatte, – jene für Pandecten, und starb – seit 1730 Primarius seiner Facultät – hochgeschätzt am 3. November 1764 mit Hinterlassung einer großen Anzahl von Dissertationen und Programmen, welche bei Meusel Bd. X, S. 325 und bei Strieder Bd. I S. 291 sehr ausführlich aufgezählt sind. Aus seiner am 22. Mai 1722 mit der Bürgermeisterstochter Elisabeth Helene Lenderking aus Rinteln abgeschlossenen Ehe stammen zwei Söhne.
Pestel: Friedrich Wilhelm P., Rechtsgelehrter, geb. am 7. Januar 1724 in Rinteln; † 16. October 1805 in Leyden. Die Familie lebte früher in England. Samson P., ein Ahnherr Friedrich Wilhelms, floh während der Protestantenverfolgung unter Königin Maria aus England nach Holland, wo er als Hauptmann und Commandant des Schlosses Duisburg sein Leben endete. Dessen Nachfolger wählten insgesammt die juristische Laufbahn, und hielten sich im Hessischen oder in den benachbarten Bezirken auf. Samson’s Sohn (der Ur-Urgroßvater Friedrich Wilhelms), Johannes P., war Rathsherr in preußisch Minden; dessen Sohn (Urgroßvater Friedrich Wilhelms)Friedrich Wilhelm, der ältere von beiden, ist am 7. Januar 1724 geboren, kam schon 1739 auf die Hochschule seiner Vaterstadt Rinteln, und bezog sodann Göttingen. Dort versah er zugleich bei dem ältesten Sohne des Geheimrathes Philipp Adolph v. Münchhausen die Dienste eines Hofmeisters. Dank seinem Fleiße und rastlosem Ehrgeize erwarb P. in Göttingen gediegene Kenntnisse; 1745 wurde er Licentiat, 1747 Doctor beider Rechte und Professor der Moral in Rinteln, nachdem sein Vater, Friedrich Ulrich, zu Gunsten des Sohnes auf diese Professur verzichtet hatte; dann im folgenden Jahre (1748) außerdem ordentlicher Professor der Rechte, sohin ein Specialcollege seines Vaters, welcher den Lehrstuhl für Pandecten inne hatte. 1763 folgte Friedrich Wilhelm dem Rufe als Professor des natürlichen und deutschen Staatsrechtes mit ansehnlichem Gehalte nach Leyden; 1769 erhielt er zugleich das Secretariat des Stolpischen Legates für Studierende. Als eifriger Anhänger des Erbstatthalters und der Oranienpartei verlor er während der Revolutionsperiode seine Stelle und lebte in ziemlich knappen Verhältnissen bei seinem Onkel, dem Oberappellationsgerichtsrathe Justin Ferdinand Friedrich P. in Celle. – Einige Jahre später [462] wurde er jedoch wieder in seine Stelle eingesetzt, welche er bis zu seinem Tode (16. October 1805) versah. Der Verstorbene war auch litterarisch thätig. Von seinen – meist kleineren – Schriften, fanden die „Fundamenta jurisprudentiae naturalis“ (Leidae 1773) vielen Anklang und erlebten mehrere Auflagen (2. Leid. 1774; 3. Ultraj. 1775; 4. Leid. 1788). Nach der 2. Auflage erschien eine französische Uebersetzung (Utrecht 1775), nach der dritten eine holländische des Advocaten Friedrich van Breda (Utrecht 1783), endlich 1806 eine deutsche von Konrad Friedrich P. (Leiden). Auch seine „Commentarii de Republ. Batava“ (Leidae 1782) wurden unter dem Titel: „Vollständige Nachrichten von der Republik Holland“ (Berlin 1784) von Regierungsrath Mebes ins Deutsche übertragen. Strieder liefert im 10. Bd. seiner hessischen Gelehrtengeschichte S. 302 bis 308 ein erschöpfendes Verzeichniß sämmtlicher Schriften nebst Angabe der einschlägigen Recensionen. Von seinen Söhnen studirten Friedrich Franz Ludwig und Karl Ferdinand Friedrich, Rechtswissenschaft, und erwarben 1786 bezw. 1789 (letzterer unter seines Vaters Vorsitz) den Doctorgrad.
- Jöcher, III, 1417 u. ff. – Rotermund V, 1971–1975. – Strieder, hess. Gel-Gesch. X, 283–308. – Intell. Bl. d. Lpzg. Liter.Zt. 1806, S. 122. – Ueber Friedr. Ulr. P. noch besond. Meusel X, 324–828 und die daselbst Genannten.