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ADB:Pirch, Johann Ernst von

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Artikel „Pirch, Johann Ernst von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 26 (1888), S. 173–175, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pirch,_Johann_Ernst_von&oldid=- (Version vom 19. November 2024, 23:07 Uhr UTC)
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Pirch: Johann Ernst v. P., französischer Oberst, geb. 1744 und wie seine Brüder George Lorenz und Franz Otto (s. d.) in Dresden erzogen, wurde 1760 Leibpage Friedrichs des Großen, in dessen Gefolge er den drei letzten Feldzügen des siebenjährigen Krieges beiwohnte, und gehörte zu denen, von welchen der König sagte: „Ich habe jetzt ein paar Pagen, die in allen Fächern gebraucht werden können“; auch ist er derjenige Page, welchem, als ihm am 24. September 1762 vor Schweidnitz das Pferd erschossen war, wobei er mit den Rippen derart auf das Gefäß des Degens gefallen war, daß dieses sich krumm gebogen hatte, und er mit schmerzerfüllter Gebärde davon eilen wollte, um ein anderes Pferd zu [174] suchen, der König mit ernster Stimme zurief: „Will Er wol den Sattel mitnehmen“ (Preuß, Friedrich der Große, II, 331, Berlin 1833). 1765 fiel P. in Ungnade; daß er nicht zur Stelle gewesen war, als der König ihn verschicken wollte, war der Scheingrund, die eigentliche Ursache war die Gunst, in welcher P. beim Kronprinzen stand; jenes Versehen bildete den Vorwand für seine Versetzung zur Alten Grenadiergarde, bei welcher er als Freicorporal eintrat. Erst 1767 wurde er Fähnrich. Daß er den Kronprinzen zu einem vom Prinzen Heinrich gegebenen Balle begleitet hatte, trug ihm eine weitere Kränkung und Schädigung ein, nämlich die Versetzung zum Regiment Jung-Stutterheim in Magdeburg. Daß man ihn auch hier tüchtig erfand, wird durch seine baldige Ernennung zum Adjutanten bewiesen. Trotzdem waren die Aussichten für P., in nächster Zeit eine seinen Fähigkeiten und seinem Ehrgeize entsprechende Thätigkeit angewiesen zu erhalten, gering; das Gefühl seiner Kraft und die Ueberzeugung, ungerecht behandelt zu sein, riefen den Entschluß in ihm hervor, den preußischen Dienst zu verlassen. Es galt nun den Abschied zu erhalten, was ihm dadurch gelang, daß er neun Monate lang den Kranken spielte. Der König sagte freilich: „Es ist nicht wahr, er betrügt Euch, er führt Euch alle über den Gänsedreck,“ aber Aerzte und Vorgesetzte ließen sich täuschen und so erfolgte im Juni 1771 endlich die Entlassung. Vom Kronprinzen unterstützt und empfohlen, wandte P. sich nach Frankreich, vervollkommnete sich zunächst in der französischen Sprache und ward im September 1772 als Rittmeister bei der korsischen Legion angestellt. Die Wahrnehmungen, welche er in Beziehung auf das französische Heerwesen machte, veranlaßten ihn, dem Kriegsminister Monteynard eine Denkschrift zu überreichen, welche mannigfachen Tadel der bestehenden Einrichtungen und Vorschläge zu deren Verbesserung enthielt. Die Folge davon war seine Ernennung zum Major beim Infanterieregiment Anhalt, und der Auftrag, dieses, sowie das Regiment Champagne, welches mit jenem die Garnison von Landau bildete, nach seinen Ansichten in den Waffen zu üben. Sein Verfahren hatte den vollen Beifall Monteynard’s, welcher eine Anzahl höherer Officiere nach Landau sandte, um dasselbe zu prüfen. Da sie sich zustimmend ausgesprochen, ertheilte er P. den Auftrag, ein Reglement auszuarbeiten, welches 1776 unter dem Titel: „Instruction que le roi a fait expédier pour régler l’excercice de ses troupes d’infanterie“ zur Einführung gelangte. Der neue Kriegsminister Graf Saint-Germain fand in P. einen brauchbaren Gehülfen für seine auf zeitgemäße Umgestaltung der Heereseinrichtungen abzielenden Pläne und wendete ihm, wie sein Vorgänger, volle Gunst zu; bei Uebersendung des Ludwigs-Ordens gab er dieser beredten Ausdruck (20. December 1776); 1777 wurde P. Oberstlieutenant, 1778 zweiter Oberst beim Regiment Royal-Bavière. Als Ende des letzteren Jahres der Chef des Regiments, der Kurfürst von Baiern, gestorben war, wurde P. zum Landgrafen von Hessen-Darmstadt nach Pirmasens gesandt, um diesen Fürsten zu vermögen, daß er an des Kurfürsten Stelle jenes Regiment übernehme; durch Vermittelung des Schwiegersohnes des Landgrafen, des Kronprinzen von Preußen, seines Gönners, welcher ihm gelegentlich eines durch diese Sendung herbeigeführten Zusammenseins neue Beweise seiner unveränderten Gnade und vermuthlich auch Versprechungen für die Zukunft gab, erreichte er seinen Zweck und wurde in Anerkennung davon 1779 commandirender Oberst des Regiments. Ein weiteres Zeichen der Huld König Ludwig’s XV. war die Erlaubniß mit dem Könige zu jagen, ein Vorzug, welcher in einer besonderen Bestallung ausgesprochen wurde. Der nordamerikanische Befreiungskampf eröffnete P. die Aussicht, seine Fähigkeiten auch dem Feinde gegenüber erweisen zu können, aber ehe er mit seinem Regimente an Ort und Stelle gelangte, ward Friede geschlossen und er selbst starb unterwegs am 20. Februar 1783 im Lager [175] von Santa-Maria bei Cadix. Mit einer Französin verheirathet, hinterließ er einen einzigen Sohn Ernst, welchen der Kronprinz, später König Friedrich Wilhelm II., erziehen ließ und zum Officier ernannte. Nach dem Frieden von Tilsit trat dieser in das französische Regiment des Prinzen Ysenburg und ward deshalb cassirt.

Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges, 100. Band, S. 123, Berlin 1857.