ADB:Ploetz, Karl
Meineke war. Hier legte P. in den 6 Jahren von 1833–39 den soliden Grund seiner classisch-humanistischen Bildung. Er verließ das Gymnasium, von einem unbestimmten Triebe ins Weite geleitet, mit dem damals ganz ungewöhnlichen Plane, moderne Sprachen zu studiren, indem er sich die Mittel dafür durch Unterrichtgeben erwarb. Nach einem Jahre der Vorstudien in Berlin zog er im März 1840 nach Paris. Bald fand er Freunde, Gönner und Beschäftigung, so daß er mit deutschen Stunden und Correspondenzen für Berliner Zeitungen die Mittel des Unterhalts erwerben konnte. Er studirte an der Sorbonne, sein Hauptstudium aber blieb die französische Sprache. Im April 1843 übernahm er die Begleitung eines reichen Amerikaners durch Deutschland, löste jedoch in Leipzig dies Verhältniß wieder und kehrte nach Berlin zurück. Hier beendigte er nun seine philologischen Studien, ward zugleich Hauslehrer beim Grafen Königsmarck, erwarb 1845 den philosophischen Doctor, bestand im Jahre danach das Oberlehrerexamen und absolvirte sein Probejahr beim französischen Gymnasium. Im März 1848 als Collaborator und französischer Lehrer an das Lübecker Gymnasium berufen, gründete er zugleich einen eigenen Hausstand in glücklicher Ehe, aus der drei Söhne und eine Tochter entsproßen. Inzwischen war bereits 1847 bei Herbig das erste seiner französischen Schulbücher erschienen: das „Vocabulaire systématique“[WS 1] (1879 in 16. Auflage gedruckt); 1884 folgten das „Elementarbuch der französischen Sprache“, die Schulgrammatik, das „Petit vocabulaire français“ und 1851 die Chrestomathie. Der Erfolg überstieg all seine Erwartungen. Ueberall an den Schulen wie in Privatkreisen durch ganz Deutschland fanden seine in der That ausgezeichneten Arbeiten Eingang. Es war zum ersten Male, daß die Methode des französischen Unterrichtes mit dem Geiste classisch-philologischer Schulung durchdrungen und doch dabei der Fehler vermieden wurde, die Methode des Unterrichtes der alten Sprachen äußerlich auf die moderne anzuwenden. Sein Ziel ist nicht die formale Schulung des Geistes am Sprachstoff, sondern die Einführung in das innerste Wesen der Sprache zum Zweck des Sprechens aus dem Geiste der Sprache heraus. Seine Methode folgt der Analogie des Unterweisens in der Kunst. So sehr er dadurch in der That der Regenerator [318] des Unterrichtes in den lebenden Sprachen und ohne Frage der erste französische Sprachmeister seiner Zeit geworden ist, so nahm doch er selbst bescheidener Weise nur das Verdienst in Anspruch, die Seidenstücker’sche Grammatik vervollkommnet zu haben. Er arbeitete unausgesetzt fort an seinem Werke; jede neue Auflage eines Buches brachte eine neue Durcharbeitung des Stoffes. Auch ließ er es sich nicht verdrießen, bei erkannten Mängeln älterer Werke sie durch vollständig neue zu ersetzen. So sind allmählich 28 Werke in zahlreichen Auflagen erschienen. Das Lehrbuch der französischen Sprache z. B. erschien 1880 in 33. Auflage und ist in mehr als einer Million Exemplaren verbreitet.
Ploetz: Karl Julius P., der Verfasser der Lehrbücher der französischen Sprache, ward in Berlin als Sohn eines Wachtmeisters bei den Garde-Ulanen am 8. Juli 1819 geboren. Der Vater erlangte für den geistig begabten und strebsamen Knaben eine Freistelle im Alumnat des Joachimsthaler Gymnasiums in Berlin, dessen Director damalsAls Bericht über eine im J. 1852 unternommene Reise nach Paris veröffentlichte P. seine oft aufgelegte „Voyage à Paris“. In den Jahren 1857 und 1858 machte er eine längere Reise über Paris, Rom, Süditalien, Athen, zurück über Italien nach Paris, London und in die Schweiz. Im J. 1852 als vierter Lehrer ans französische Gymnasium in Berlin berufen, rückte er 1858 mit dem Titel Professor in die dritte Lehrerstelle vor. Ein Streit jedoch mit dem Consistorialrath Fournier, welcher den Religionsunterricht am Gymnasium gab und dem gegenüber P. seiner Ansicht nach nicht volle Genugthuung erlangte, veranlaßte ihn 1859, seinen Abschied zu nehmen. Stets thätig fortarbeitend, indem er seine Methode jetzt auch auf lateinische und geschichtliche Lehrbücher anwandte, lebte er nun zuerst in Charlottenburg, dann seit 1864 – doch mit Ausnahme der Kriegszeit von 1870 und 1871 – in Paris. Auf einer Reise in Wiesbaden 1879 von einem schweren Schlaganfall betroffen, siedelte er noch mit der Familie nach Görlitz über, erlag aber hier am 6. Februar 1881 einem zweiten Schlaganfall.
- G. v. Loeper, Professor Karl Ploetz, Berlin 1881.
Anmerkungen (Wikisource)
- ↑ Vorlage: „Vocabulaires ystématique“