ADB:Pranckh, Sigmund Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Pranckh, Sigmund Freiherr von“ von Carl von Landmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 105–106, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Pranckh,_Sigmund_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 30. April 2024, 09:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Potthast, August
Nächster>>>
Prantl, Karl
Band 53 (1907), S. 105–106 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Siegmund von Pranckh in der Wikipedia
Siegmund von Pranckh in Wikidata
GND-Nummer 116280328
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|53|105|106|Pranckh, Sigmund Freiherr von|Carl von Landmann|ADB:Pranckh, Sigmund Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=116280328}}    

Pranckh: Sigmund Freiherr von P., bairischer General der Infanterie und Kriegsminister, geboren am 5. December 1821 zu Altötting, † am 8. Mai 1888 zu München, entstammte einer altadligen Familie aus Steiermark und war der Sohn eines Oberstlieutenants in bairischen Diensten. Er erhielt seine Schulbildung im Cadettencorps, das er 1848 mit der 1. Note verließ, um als Junker im Infanterie-Leibregiment einzutreten. Mit der Beförderung zum Lieutenant wurde er jedoch seinem Wunsche entsprechend zum Ingenieurcorps versetzt und machte dann in dem von dem tüchtigen Oberst Lüder befehligten Geniebataillon eine vortreffliche militärische Schule durch. Seine Vorgesetzten erkannten in ihm einen Officier von hervorragenden Fähigkeiten, und als Lüder Kriegsminister geworden war, wurde P. alsbald (1849) zum Dienst im Kriegsministerium einberufen. Dieser neuen Stellung, in der er sich vortrefflich bewährte, verdankte er eine vielseitige Verwendung und eine ausnehmend rasche Laufbahn. Das Jahr 1863 brachte dem 42jährigen die Beförderung zum Oberst im 3. Infanterieregiment, dessen Commando er 1865 mit dem des Infanterie-Leibregiments vertauschte. Als Commandeur dieses Regiments marschierte er im Kriege 1866 aus und leistete Hervorragendes im Gefecht bei Kissingen. Dieser Krieg hatte offen dargethan, daß die bairischen Heereseinrichtungen den Forderungen der Zeit nicht mehr entsprachen, und als es sich darum handelte, wer die Neuorganisation der Armee vornehmen könnte, fiel die Wahl König Ludwig’s II. unter Nichtberücksichtigung sämmtlicher bairischen Generale auf den Oberst Freiherrn v. P. Er wurde von der mobilen Armee abberufen und als Generalmajor zum Kriegsminister ernannt. Damit war er vor eine Aufgabe gestellt, die ein außerordentliches Maaß von Umsicht und Thatkraft, von Vaterlandsliebe und staatsmännischem Takt erforderte. Trotz des Widerstandes der Mehrheit in der Abgeordnetenkammer setzte er durch, daß eine auf ausnahmsloser allgemeiner Wehrpflicht beruhende Wehrverfassung, die auch die gebildeten und vermögenden Bevölkerungsklassen zum Waffendienste heranzog, zur Einführung kam. Zugleich erfolgten eine Reihe zeitgemäßer Neuerungen insbesondere in Bezug auf Hebung der wissenschaftlichen Bildung der Officiere und die taktische Ausbildung der Truppen, die durch regelmäßige Abhaltung von Uebungen in gemischten Verbänden gefördert wurde; durch die Einführung von Rückladegewehren, Ersatz der noch vorhandenen glatten Geschütze durch gezogene und ausgedehnte Vornahme von [106] Schießübungen erhielt die Leistungsfähigkeit der Truppen eine wesentliche Steigerung, während deren Schlagfertigkeit durch Annahme des bewährten preußischen Verfahrens hinsichtlich der alljährlichen Regelung der Mobilmachung sehr bedeutend gehoben wurde. So machte P. es möglich, daß Baiern im J. 1870 rechtzeitig mit zwei vollzähligen und kriegsmäßig ausgebildeten Armeecorps bereit stand. Er trug damals auch viel dazu bei, daß der Kriegsfall gegen Frankreich bairischerseits als gegeben erachtet wurde, und ebenso gebührt ihm an der raschen Mobilmachung des Heeres und an dessen Erfolgen im Kriege gegen Frankreich ein Hauptverdienst. Zum Abschluß der Versailler Verträge in das große Hauptquartier der deutschen Armee beordert, hat er mitgeholfen, die Grundlagen für das neue Deutsche Reich zu schaffen. Er wurde gleich den commandirenden Generalen mit einer Ehrendotation aus französischen Kriegsentschädigungsgeldern belohnt. Nach dem Kriege arbeitete P. mit aller Kraft an der Wiederinstandsetzung des Heeres und an den zur Ausführung der Versaillesr Verträge erforderlichen weiteren Neuerungen, nicht ohne abermals mannichfachen Widerstand bei der Volksvertretung zu finden, deren allzu conservativer Sinn sich mitunter vom Hergebrachten nicht trennen wollte. Im J. 1875 auf Nachsuchen seines Amtes als Kriegsminister enthoben, erhielt er im Jahre nachher die Ehrenstelle eines Generalcapitäns der Leibgarde der Hartschiere, die er bis zu seinem Tode bekleidete.

In seinem ganzen Wesen ruhig und ernst, einfach und bedürfnißlos, kurz in der Rede, ein Vornehmer, offener und thatkräftiger Charakter, unerschütterlich gerecht und wenn nöthig streng, gehört P. zu den bedeutenden Männern der großen Zeit, in der das neue Deutsche Reich erstanden ist.

Erhard, Reichsfreiherr Sigmund von Pranckh. München 1890. – Königliches Kriegsarchiv in München.