ADB:Puchner, Anton Freiherr von
König Ferdinand III. am 11. Juli 1657 zuerst den ungarischen Adel.
Puchner: Anton Freiherr von P. wurde am 11. November 1779 zu Schemnitz in Ungarn als Sohn des Bergkammersecretärs und Beisitzers der Gerichtstafel Gottfried v. Puchner geboren. Die Familie Puchner, die schon seit langer Zeit in den ungarischen Bergstädten seßhaft war, stammte ursprünglich aus Sachsen und erhielten Samuel und Simon v. Puchner vonSeine Jugend brachte P. in Schemnitz zu, wo er im Hause des dortigen ersten Bergarztes Dr. G. Hoffinger, mit dessen Söhnen er sehr befreundet war, rege verkehrte. Hier wurde auch sein Sinn für die Natur und deren Schönheiten geweckt, den er sich sein ganzes Leben hindurch bewahrte. Am 1. September 1799, im Alter von 20 Jahren, wurde er als Unterlieutenant bei der ungarischen, adeligen Leibgarde in Wien eingetheilt. Am 21. März 1801 erfolgte seine Transferirung zum Chevauxlegers-Regiment Nr. 5 (jetzt Dragonerregiment Nr. 10) und am 1. September 1805 seine Beförderung zum Oberlieutenant. Er machte mit seinem Regimente den Feldzug 1805 in Deutschland mit und hatte bald Gelegenheit die Aufmerksamkeit auf sich zu lenken, indem er durch einen Ueberfall auf das Kloster Kirchheim die Vereinigung eines französischen Corps verhinderte.
Im J. 1809 finden wir P. als Rittmeister dem Herzoge von Braunschweig-Oels zur Mitwirkung bei dem um Nachod zu errichtenden Corps beigegeben. In der Schlacht bei Znaim am 11. Juli zeichnete er sich durch einen gelungenen Flankenangriff auf den Feind aus.
Das Jahr 1813 sollte dem jungen, von Ehrgeiz erfüllten Officier Gelegenheit bieten, sich die höchste militärische Auszeichnung, den Maria-Theresienorden, auf dem Schlachtfelde zu verdienen. Nachdem er sich mit seiner Escadron und 2 Compagnien Kroaten in dem Recognoscirungsgefechte bei Dippoldiswalde am 15. September ausgezeichnet hatte, wurde er dem Corps des Ataman Platof zugetheilt, und glückte es ihm am 22. September, eine feindliche Abtheilung bei Frauenstein zu überfallen. Im Gefechte bei Altenburg und Zeitz am 28. September gelang es ihm, durch Niederwerfung der feindlichen Infanterie und Reiterei den Rückzug des feindlichen Flügels zu erreichen und durch sein Eindringen in Zeitz ermöglichte er die weitere Verfolgung der Franzosen bis an die Saale. Bei dieser Gelegenheit wurden auch zwei feindliche Geschütze erbeutet. Für diese That wurde ihm durch Capitelbeschluß vom Jahre 1815 das Ritterkreuz des Maria-Theresienordens verliehen und erfolgte am 19. Februar 1830 seine Erhebung in den Freiherrnstand.
Im weiteren Verlaufe des Feldzuges zeichnete er sich noch bei Chemnitz am 4. October aus, wo er mit einer russischen Batterie und zwei Escadronen dem General Lauriston in den Rücken fiel; am 16. October unternahm er, um die Ralliirung der Cavallerie der Verbündeten zu erleichtern, eine erfolgreiche Attacke.
Als gegen Ende des Jahres 1813 die österreichisch-deutsche Legion, auch westfälische genannt, errichtet wurde, erhielt P. am 1. November d. J. seine Eintheilung dorthin, avancirte am 26. Januar 1814 zum Major und wurde nach der Auflösung dieses Corps am 31. August 1814 zum Cürassierregiment Nr. 7 (jetzt Dragonerregiment Nr. 7) transferirt.
Im Feldzuge 1815 war er bei den Prinzen Ferdinand und Clemens von Sachsen im Hauptquartier in Verwendung. Am 1. Januar 1816 erfolgte [140] seine Uebersetzung zum Chevauxlegers-Regiment Nr. 1 (jetzt Ulanenregiment Nr. 6), avancirte am 10. August 1821 zum Oberstlieutenant und machte mit dem Regimente die Occupation von Neapel mit. Hier blieb er bis zu dem Zeitpunkte, wo die kaiserlichen Truppen Neapel wieder verließen. Am 2. October 1824 wurde er zum Obersten und Regimentscommandanten bei seinem Regimente ernannt, welche Stellung er bis zu seiner am 12. Mai 1832 erfolgten Ernennung zum Generalmajor innehatte; während dieser Zeit war er in Avensa, Padua und Mailand in Garnison, befehligte als General eine Brigade und kam im J. 1834 als Commandant der österreichischen Truppen im Kirchenstaate nach Bologna; auf diesem äußerst schwierigen Posten, auf welchem er auch diplomatische Geschicklichkeit entwickelte, blieb er bis zum Jahre 1839 und kam dann als Feldmarschalllieutenant mit der Zutheilung zum Hofkriegsrathe nach Wien, da ihm durch einige Todesfälle in seiner Familie der Aufenthalt in Italien verleidet war. Sechs Jahre blieb er in dieser verantwortungsvollen Stellung in angestrengtester Thätigkeit, um dieselbe im J. 1846 mit der eines commandirenden Generals in Siebenbürgen zu vertauschen. Die Verhältnisse, die FML. Freiherr v. P. daselbst vorfand, waren die denkbar schwierigsten zu nennen, und es ist ein Beweis seiner schon so oft bewährten Tüchtigkeit, daß er sich in kurzer Zeit die Liebe und das Vertrauen der Soldaten sowohl, als auch jenes der Bevölkerung zu erwerben verstanden hat. Dieser Umstand erklärt es auch, daß es ihm möglich war, mit einer verhältnißmäßig geringen Truppenmacht der tobenden Revolution Widerstand zu leisten. Sobald P. von den revolutionären Vorgängen in Ungarn Nachricht erhalten hatte, brach er auf eigene Verantwortung sofort jede Verbindung mit Ungarn ab und griff zu den Waffen, um die aufständischen Szekler und Magyaren Siebenbürgens zu unterwerfen. In zwei Schlachten, bei Hermannstadt (am 21. Januar 1849) und Salzburg (4. Februar 1849), führte der greise General seine Truppen zu glänzenden Siegen gegen Bem, den Führer der Revolutionsarmee, und nur sein leidender Zustand, sowie der Mangel an Verstärkungen hinderten ihn, weitere Erfolge zu erringen.
Was P. unter diesen schwierigen Verhältnissen zu leisten vermochte, hat er gethan, und wenn auch schließlich dem an Zahl überlegenen Gegner das Feld geräumt werden mußte, so geschah dies erst, als jede Möglichkeit eines Widerstandes gewichen und P. selbst physisch gebrochen war. Einen klaren Einblick der Verhältnisse des Feldzuges 1849 in Siebenbürgen erhält man aus einem Briefe Puchner’s vom 28. Mai 1849 an den damaligen Obersten Urban. Infolge seine leidenden Zustandes übergab P., wie er ihm darin mittheilt, das Commando des Corps erst dem General Balliani, später dem FML. Malkofsky und nahm daher an der letzten Katastrophe des Feldzuges gar keinen Antheil; viel Schuld gibt P. seinen unterstellten Commandanten und nennt Urban den einzigen, der unablässig weckte und durch sein energisches Wesen zur Erfüllung seiner Absichten beitrug.
Im übrigen wurden die verdienstlichen Leistungen Puchner’s in diesem Feldzuge von Seite des Monarchen durch Beförderung zum General der Cavallerie und durch Verleihung des Commandeurkreuzes des Maria-Theresienordens sowie des Ordens der Eisernen Krone 2. Classe anerkannt, und ebenso gerecht wird auch einst die Geschichte sein Wirken zu jener Zeit zu würdigen wissen.
Im September 1849 zum zweiten Capitän der Arcièrenleibgarde ernannt, wurde ihm im folgenden Monate die Stelle eines Civil- und Militär-Gouverneurs in Venedig verliehen; infolge seines leidenden Zustandes, der sich seit dem letzten Feldzuge noch verschlechtert hatte, bat er jedoch von dieser [141] Dienstesbestimmung abzusehen, was ihm auch bewilligt wurde, und so verbrachte er die letzten Jahre seines Lebens theils in Wien, theils auf seiner Besitzung in Fünfkirchen in Ungarn, bis ein wiederholter Schlagfluß das thatenreiche Leben dieses, vom strengsten Pflichtgefühl erfüllten Generals am 28. December 1852 in Wien endete. Am Sylvesterabende wurde er auf seinem Gute Bikál bei Fünfkirchen beigesetzt.
Freiherr v. P. war seit dem Jahre 1840 zweiter Inhaber des Infanterieregiments Nr. 3 und besaß noch das Comthurkreuz des Leopoldordens und das Militärverdienstkreuz. Von ausländischen Dekorationen besaß er den russischen St. Wladimirorden 4. Cl. und den St. Georgsorden 4. Cl.; ferner das Commandeurkreuz des sicilianischen Militärverdienstordens St. Georgio della Riunione.
P. war von hoher Gestalt, hager, aber dabei sehnig; infolge eines bedeutenden physischen Gebrechens konnte er nur selten ein Pferd besteigen und marschirte stundenlang mit seinen Truppen. Voll persönlicher Tapferkeit, setzte er sich dem dichtesten Kugelregen aus, ohne auch nur einen Moment seine Ruhe zu verlieren. Groß war seine Sorge für seine Untergebenen, und stets war er um das Wohlergehen der ihm unterstellten Truppen mehr besorgt, als um sein eigenes, was ihn manchmal dazu verleitete, der Truppe weniger zuzumuthen, als sie wirklich zu leisten im Stande gewesen wäre.
Freiherr v. P. war zwei Mal verheirathet. Das erste Mal vermählte er sich am 8. Mai 1811 mit Antonie Stelzl, aus welcher Ehe er vier Kinder hatte, von denen alle bis auf einen Sohn, den späteren Generalmajor Hannibal Freiherr v. P., vor ihm starben. Seine erste Frau ging ihm am 4. Mai 1822 in Italien im Tode voran. Seine zweite Frau, Lucretia Reichsgräfin Salis-Zizas, heirathete er am 4. Januar 1851 und pflegte ihn dieselbe mit seltener Selbstaufopferung bis zu seinem Tode.
- Wurzbach, Biographisches Lexikon. – Kneschke, Adeliges Lexikon. – Dr. Hirtenfeld, Der militärische Maria-Theresienorden u. seine Mitglieder. – Schweigerd, Oesterreichs Helden und Heerführer. – Hirtenfeld, Oesterreichischer Militärkalender 1854. – Czetz, Bem’s Feldzug in Siebenbürgen 1848/49. – Hirtenfeld, Militärzeitung 1861. – Feldacte und hofkriegsräthliche Acte und sonstige authentische Behelfe des Kriegsarchivs.