ADB:Quarin, Joseph Freiherr von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Quarin, Joseph Freiherr von“ von Julius Pagel in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 25–26, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Quarin,_Joseph_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 13:13 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 27 (1888), S. 25–26 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Joseph von Quarin in der Wikipedia
Joseph de Quarin in Wikidata
GND-Nummer 11631754X
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|27|25|26|Quarin, Joseph Freiherr von|Julius Pagel|ADB:Quarin, Joseph Freiherr von}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=11631754X}}    

Quarin: Joseph Freiherr v. Q., hervorragender Arzt und erster Director des Allgemeinen Krankenhauses zu Wien, ist daselbst am 19. November 1733 geboren. Sein Vater war der Arzt Peter Q., Verfasser einiger kleinerer anatomischer Schriften und bis 1754 Mitglied des Lehrkörpers der medicinischen Facultät der Wiener Hochschule. – Nachdem er schon im Alter von 15 Jahren Dr. phil. geworden war, studirte er in Freiburg im Breisgau Medicin, promovirte daselbst 1751 zum Dr. med. und begab sich hierauf nach Wien, zunächst um daselbst zu seiner weiteren Ausbildung van Swieten’s Vorträge anzuhören. Später ließ er sich hier als pract. Arzt nieder, nachdem er sich 1752 zu diesem Zwecke dem „Actus repetitionis“ unterzogen hatte. 1754 habilitirte er sich, speciell auf den Rath van Swieten’s, als Docent für Anatomie, begann auch Vorlesungen über Arzneimittellehre und med. Praxis am Hospital der Barmherzigen Brüder in der Leopoldstadt zu halten, versah im Jahre 1756 während der Krankheit Melchior Störck’s die Professur der theoretischen Medicin und erhielt nicht lange danach die Stelle eines Physicus am genannten Hospital als Nachfolger seines Vaters. Seine Vorlesungen erfreuten sich einer gewissen Beliebtheit insbesondere wegen des ruhigen Eklecticismus, mit dem Q. die verschiedenen Heilmethoden erörterte. Nebenher fungirte er seit 1758 als Sanitätsreferent der Regierung von Niederösterreich mit dem Titel eines k. k. Regierungs- und Sanitätsraths und beschäftigte sich vielfach schriftstellerisch. So verfaßte er u. A. eine Schrift über die Wirkungen des Schierlings (Wien 1761) zu Gunsten der Ansichten von Störck, welcher damals in einen litterarischen Streit über diesen Gegenstand verwickelt war, ferner ein Buch über die Behandlung der Fieber und der Entzündung in lateinischer Sprache, das mehrere Auflagen erlebte, auch ins Deutsche, Französische, Englische und Italienische übersetzt wurde, sowie einen Aufsatz über die Krankheiten der Augen. Auf Wunsch der Kaiserin Maria Theresia begab er sich 1777 nach Mailand zur Behandlung des daselbst erkrankten Erzherzogs Ferdinand, wurde zu dessen Leibarzt ernannt und nach seiner Rückkehr nach Wien mit derselben Stellung am Kaiserlichen Hofe betraut. Bald nach seiner Thronbesteigung hatte Kaiser Joseph II. den Plan der Vereinigung der verschiedenen kleinen Krankenhäuser Wiens zu einer einzigen großen Anstalt gefaßt und speciell die Verwandlung des „Groß-Armenhauses“ in ein „Allgemeines Krankenhaus“ beschlossen. Zum Director dieser Anstalt wurde Q., dessen Einrichtungsvorschläge als die zweckmäßigsten angesehen wurden, am 6. Februar 1783 ernannt. Er bezog in dieser Eigenschaft einen Jahresgehalt von 3000 Gulden, wurde 1790 wenige Wochen vor dem Tode Joseph’s II. von diesem in den Freiherrnstand erhoben, später auch zum Hofrath vom Kaiser Leopold II. ernannt, legte aber 1791 die Direction des Allgemeinen Krankenhauses nieder, da er mit verschiedenen Reformvorschlägen bezüglich der genannten Anstalt nicht durchgedrungen und dieser Stellung überdrüssig geworden war. Er blieb darauf in Wien als sehr beschäftigter Praktiker thätig, wurde auch Leibarzt des Kaisers Franz und bekleidete sechsmal die Würde eines Rector magnificus der Universität. Er starb am 19. März 1814 und hinterließ den größten Theil seines Vermögens humanitären Anstalten. Q. ist weniger wegen seiner litterarischen Leistungen in der Medicin als wegen der großen Verdienste bemerkenswerth, die er sich um die Einrichtung, Verwaltung [26] und Leitung der ihm unterstellten Krankenanstalt, speciell auch um die Benutzung derselben für den medicinischen Unterricht erworben hat. Er widmete sich seiner Stellung als Director mit großer Begeisterung, bereiste eigens zum Studium der verschiedenen Hospitäler Italien, Frankreich und England und publicirte über seine diesbezüglichen Erfahrungen, sowie über die Einrichtung des Allgemeinen Krankenhauses eine kleine Schrift (Wien 1784). – Von seinen Schriften darf sein Hauptwerk nicht unerwähnt bleiben, das den Titel: „Animadversiones practicae in diversos morbos“ (2 Bände, Wien 1786; 4. Auflage: Ebendaselbst 1808) führt und eine Fülle trefflicher Beobachtungen und Erfahrungen aus Quarin’s sehr bedeutender, meist consultativer ärztlicher Praxis enthält.

Biographisches Lexicon hervorragender Aerzte etc. herausgegeb. von A. Hirsch, Bd. IV S. 647. – Th. Puschmann, Die Medicin in Wien während der letzten 100 Jahre, Wien 1884. S. 71 u. 114–116.