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ADB:Rödern, Friedrich Freiherr von

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Artikel „Redern, Friedrich Freiherr von“ von Colmar Grünhagen in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 518–521, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:R%C3%B6dern,_Friedrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 23. Dezember 2024, 02:31 Uhr UTC)
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Redern: Friedrich Freiherr v. R., der erste Präsident der schlesischen Kammer, † 1564. Aus einem alten schlesischen Adelsgeschlechte stammend, ist er der Sohn des Christoph v. R. auf (Markt) Bohrau, zugleich Herren von Warkotsch, Jenkwitz und Schönfeld. Sein Geburtsjahr ist unbekannt und sicher nicht das traditionelle 1524, wie die nachfolgenden Zahlen deutlich zeigen. Sein Vater scheint bereits 1533 gestorben zu sein, in welchem Jahre er urkundlich als Herr zu Bohrau auftritt. 1535 erfolgt eine Sonderung unter den aus den beiden Ehen Christoph’s hinterlassenen Kindern. 1539 heirathet Friedrich Salome, die Tochter des als Kriegsmann bekannten Georg v. Schönaich. 1540 wird ihm das erste der acht Kinder geboren, welche er aus dieser Ehe gewinnt. In diesem Jahre und 1542 wird Friedrich v. R. auf Bohrau (nicht auf Guhrau wie vielfach gedruckt zu lesen) urkundlich als Schloßhauptmann des Gröditzberges erwähnt. Nachdem bereits 1541 durch den Tod ihres kinderlosen Vatersbruders Georg er und seine Brüder die Ruppersdorfer Güter ererbt, erwirbt er dann 1546 noch käuflich das im Strehlenschen gelegene Dorf Mückendorf nebst einem andern seitdem anscheinend untergegangenen Gute Namens Baude. Die Hauptmannschaft des Gröditzberges hat er um diese Zeit schon nicht mehr verwaltet (bereits 1545 begegnet uns urkundlich ein anderer Name), sondern auf seinen Gütern bei Strehlen gelebt, und etwa 1549 eine schwere Krankheit überstanden, von der genesen er dann im Anfange des Jahres 1550 seiner Gemahlin eine neue Verschreibung macht, zum Dank für die von ihr genossene Pflege. Wahrscheinlich hat Redern’s Ruf als erfahrener Landwirth und eine darauf gegründete Empfehlung des Landeshauptmanns Bischof Balthasar’s von Breslau, König Ferdinand bewogen, 1551 Jenen mit unter die Commissarien zu berufen, welche in des Königs Auftrage die Uebernahme des aus der Pfandschaft zu lösenden Fürstenthums Oppeln vorzunehmen und dabei nun aller Orten etwaige vorgenommene [519] Melioriationen oder auch Vernachlässigungen zu veranschlagen hatten. Offenbar hat man bei dieser Sendung nun noch weitere Talente als die blos ökonomischen bei R. wahrgenommen, und im J. 1552 erscheint derselbe nicht nur wiederum bei der Abschätzung der königlichen Einkünfte im Fürstenthum Oppeln, wozu jetzt auch noch das Fürstenthum Ratibor kam, beschäftigt, sondern zugleich auch als Diplomat bei der Königin Isabella von Ungarn, der er die Erträge der beiden schlesischen Fürstenthümer in so günstigem Lichte darzustellen vermochte, daß sie zu Ferdinand’s großer Freude (Ende des Jahres 1552) darein willigte, diese schlesischen Lande gegen ihr siebenbürgisches Erbe einzutauschen. Wohl schien sie dann noch einmal andern Sinnes werden zu wollen, und R. hatte im Februar 1553 eine neue Instruction erhalten, mit dem von Reinsperg und seinem nachmaligen Collegen Dr. Kindler zu neuen Veranschlagungen in das Fürstenthum Ratibor zu gehen, als die Königin endlich weiteren Widerstand aufgeben zu wollen erklärte, worauf dann allerdings noch einmal im April 1553 R. als Gesandter an Isabella gesandt ward, um sie noch weiter für seines Königs Interesse zu gewinnen. Wenngleich das ganze Tauschgeschäft manche bedenklichen Seiten hatte, so war es doch im Großen und Ganzen für König Ferdinand so vortheilhaft, daß wir es begreifen, wenn wir den Letzteren beflissen sehen, den Mann, der an dem glücklichen Abschlusse jenes Vertrages einen hervorragenden Antheil hatte, reich zu belohnen. So erhielt Friedrich v. R. im J. 1553 die oberschlesischen Städtchen Tost und Peißkretscham (1554) sammt ihren königlichen Gefällen in Pfandbesitz, für eine Summe, die ihm immer noch eine sehr erwünschte Verzinsung in Aussicht stellte. Ungleich bedeutungsvoller aber wurde es noch, daß der König R., den er bereits während jener diplomatischen Verhandlungen zu seinem Rath ernannt und an den Hof nach Wien gezogen hatte, für einen neu zu schaffenden Posten in Aussicht nahm, auf welchem derselbe die gesammte Vertretung der landesherrlichen fiscalischen Interessen in allen Theilen Schlesiens auszuüben haben sollte. Es war nämlich Schlesien seit dem Tode des energischen Ungarkönigs Mathias Corvinus 1490 einer ständischen Regierung anheimgefallen, an deren Spitze ein aus den schlesischen Fürsten zu wählender Oberlandeshauptmann stand. Es war erklärlich, wenn Ferdinand bei dieser Einrichtung seine besonderen fiscalischen Interessen, auf welche er bei seinen beständigen Geldnöthen großes Gewicht legte, nicht hinreichend gewahrt fand. Er hatte sich zwar dadurch helfen zu können geglaubt, daß er die Landeshauptmannschaft nur den Breslauer Bischöfen anvertraute in der Hoffnung, daß diese zum Danke für den sichern Rückhalt, den ihnen der Oberlandesherr gegenüber dem fast ganz der neuen Lehre zugefallenen Lande gewährte, einen besondern Eifer für dessen eigenste Interessen an den Tag legen würden. Aber Bischof Balthasar v. Promnitz (1539–62) hatte in seiner milden und nicht sehr energischen Art diese Erwartungen getäuscht und speciell im J. 1553 nicht verhütet, daß die Fürsten und Stände durch einen Berechnungsmodus den Werth der dem König bewilligten Jahressumme um fast ein Dritttheil herabgemindert hatten. Da entschloß sich der König schnell, diese Interessen einem besonderen Beamten anzuvertrauen und nun eben Friedrich v. R. als Vitzthum (vicedominus) mit einem Jahresgehalt von 700 Thalern nach Schlesien zu schicken, dem zugleich Wohnung und Amtslocale in der alten königlichen Burg zu Breslau (an der Stelle der heutigen Universität) eingeräumt wurden. R. wußte sehr genau, wozu er eigentlich hierher gesandt worden und ging ohne irgendwelche Rücksichten an das Werk, dem Könige die Gefälle aus den landesherrlichen Regalien, auch wo dieselben etwa im Laufe der Zeit aus der Uebung gekommen, zurückzuerobern und der allgemein in Brauch gekommenen stillschweigenden Umwandlung der Lehne in Allodien entgegenzutreten. Sehr vieler Orten wurden Rechte, die in [520] gutem Glauben ausgeübt worden waren, mit einem Mal in Frage gestellt und für solche urkundliche Beweise verlangt und ebenso häufig Gefälle oder Leistungen, die längst außer Brauch gekommen, wieder aufs neue in Uebung gebracht. Ganz besonders waren es auch die Städte, das mächtige und selbstbewußte Breslau nicht ausgeschlossen, welche ihre Privilegien und deren hergebrachte Auslegung einer wenig wohlwollenden Kritik unterziehen lassen mußten und ebenso so manches durch Gewohnheit erworbene Recht jetzt streng erweisen sollten, deren Handel auch durch die vielfach neu eingeführten Zölle gehemmt und gestört ward, und welche deshalb den Urheber aller dieser Neuerungen mit sehr feindlichen Augen ansahen, während dieser herrisch und trotzig allen Gegenvorstellungen sich versagte, sicher von dem Könige geschützt zu werden, den er noch dazu durch wiederholte Vorschüsse sich verpflichtet hatte. Es schienen die Zeiten des so übel beleumundeten Georg von Stein unter König Mathias wiederkehren zu sollen. Mit welchem glühenden Hasse der damalige breslauer Stadtschreiber Franz Faber gegen R. erfüllt war, ist geradezu erstaunlich. In seinem Heldengedichte Sabothus sive Silesia, welches in lateinischen Hexametern die ältere Geschichte Schlesiens skizzirt, kommt er immer von neuem auf die Unthaten des Faunus (welchen Namen als den einer den Städten feindlichen ländlichen Gottheit er für R. gewählt hat), besonders gegenüber der Budorgis (Breslau) zurück, und was er hier an Verunglimpfungen jenes Mannes geleistet, wird noch unendlich übertroffen durch ein anderes handschriftlich in mehreren Abschriften erhaltenes Gedicht unter dem Titel Faunus sideratus, in welchem er auf die Nachricht von dessen plötzlichem Tode noch einige hundert lateinische Hexameter zur Unehre des Todten verfaßt, ohne dabei doch eigentlich bestimmte greifbare Thatsachen anzuführen. Umsomehr war aber König Ferdinand mit ihm zufrieden; er verlieh ihm als Zeichen besonderer Gnade 1558 gegen eine Geldsumme von 40000 Thlr. die nach dem kinderlosen Tode Christoph’s von Biberstein heimgefallene ansehnliche oberlausitzer Herrschaft Seidenberg „als ein Erblehn männlichen Geschlechts“, auf welcher sich F. v. R. seinen Unterthanen als ein milder, wohlwollender auch der Reformation freundlich gesinnter Herr bewiesen hat; die Herrschaft ist dann seinem Enkel nach der Schlacht am weißen Berge genommen worden. Eben weil Ferdinand mit der Thätigkeit seines Vitzthums äußerst zufrieden war, fiel es nicht schwer ihn zu überzeugen, daß für das hier neu eröffnete Feld der Wirksamkeit mehr Arbeitskräfte nöthig seien, und im J. 1557 entsprang aus seinen Berathungen mit seinem Sohn Erzherzog Ferdinand der Plan, jenes Amt zu einer eigentlichen Behörde zu erweitern und neben der böhmischen Kammer eine besondere schlesische Kammer zu schaffen, welche dann auch 1558 eingeführt ward, und bei welcher unter Friedrich v. R. als Vorsitzendem noch drei Räthe, nämlich Hans Schaffgotsch, H. v. Hoberg und Dr. Fabian Kindler zu arbeiten hatten. Wie die Breslauer über die neue Behörde dachten, mochte man daraus erkennen, daß es den neuen Kammerräthen geraume Zeit nicht gelingen wollte, trotz aller Geldanerbietungen in Bürgerhäusern der Stadt Wohnungen zu erlangen. Aus der von Ferdinand für die neue schlesische Kammer entworfenen Instruction ersehen wir, daß derselbe weit über den Rahmen einer blos fiscalischen Interessenvertretung hinaus hier eine politische Aufsichtsbehörde für das ganze Land zu schaffen beabsichtigt hat, in einem so umfassenden Sinne, wie das sonst jener Zeit nicht geläufig war, und ohne nachweisen zu können, daß diesen Absichten vollständig entsprochen worden ist, sehen wir doch dann nach den verschiedensten Seiten hin auch bei den Ständeverhandlungen Friedrich v. R. thätig, und es ward z. B. auch jener bekannte viele Jahre hindurch fortgespielte Proceß wegen der Tarnowitzer Bergwerke auf Grund eines von ihm verfaßten ausführlichen Gutachtens 1560 begonnen; während er daneben doch auch, wie uns glaubhaft [521] berichtet wird, noch mehrmals von dem Kaiser zu diplomatischen Sendungen an einige Seestädte und ebenso auch an einige Fürsten des Reiches verwendet worden ist. Am 8. März 1564 ist er in der königlichen Burg zu Breslau eines plötzlichen Todes gestorben. Ob und inwieweit er den Haß, mit dem er von mancher Seite verfolgt worden ist, verdient hat, darüber mit Sicherheit zu entscheiden, fehlt es an geeignetem Material; eigentlich substantiirt erscheinen die Vorwürfe nirgends, und von allgemeinem Standpunkte aus wird man immer hervorheben dürfen, daß die organisatorische Thätigkeit Ferdinand’s I. im Großen und Ganzen, schon insofern sie dem zersplitterten Lande eine gewisse einheitliche Zusammenfassung gab, für Schlesien förderlich gewesen, und daß Friedrich v. R. unzweifelhaft für Ferdinand’s bedeutendsten Minister in Schlesien gelten darf.

Der Hauptsache nach aus archivalischem Material. Einzelnes aus Kürschner, Die Errichtung der kgl. Kammer in Schlesien. Schlesische Zeitschr. XI, 1. – Knothe, Gesch. des oberlausitz. Adels S. 448.