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ADB:Ramsay, Jakob Freiherr von

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Artikel „Ramsay, Jakob Freiherr von“ von Bernhard von Poten in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 27 (1888), S. 220–222, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Ramsay,_Jakob_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 06:15 Uhr UTC)
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Ramsay: Jakob Freiherr von R., zum Unterschiede von drei gleichnamigen Vettern, der schwarze oder der schöne R. genannt, seiner Herkunft nach ein Schotte und 1589 in Schottland geboren, hat sich durch seine mannhafte Vertheidigung der Stadt Hanau im dreißigjährigen Kriege einen Namen gemacht. Im Simplicissimus erscheint er als der Oheim des Helden und als ein tüchtiger, tapferer Soldat. Nachdem er zuvor in englischen Diensten gestanden hatte, kam er 1630 mit General Hamilton nach Deutschland, ward in schwedischen Diensten General, focht mit Auszeichnung bei Breitenfeld, führte, als unter dem Feuer der Feste Marienberg von den Truppen der Evangelischen bei Würzburg der Uebergang über den Main erzwungen wurde, eine Sturmcolonne über die nothdürftig hergestellte Brücke und erhielt bei dieser Gelegenheit eine schwere Schußwunde in den Arm. Der Lohn für seine That war ein Schenkungsbrief über drei mecklenburgische Güter. Vier Tage nach der Nördlinger Schlacht ward er durch Herzog Bernhard von Sachsen-Weimar zum Gouverneur oder ersten Commandanten der Stadt Hanau ernannt; am 2. October 1634 rückte er an der Spitze von schwedischen und hessischen Truppen dort ein; Graf Philipp Moritz von Hanau, der Herr der Stadt, dessen zweifelhafte Haltung den Besitz des Platzes um so wichtiger machte, bestätigte ihn in seinem Amte; die treue und tapfere Wahrnehmung desselben hat R. für alle Zeiten einen ehrenvollen Namen in der Geschichte des großen deutschen Krieges gesichert. Diese Verhältnisse werden rechtfertigen, daß dem eigentlich in schwedischen Diensten stehenden Schotten ein Platz in der Deutschen Biographie eingeräumt ist. – R. traf sofort Vorkehrungen zu hartnäckiger Vertheidigung und schon bald nachher bethätigte er seine Willenskraft und seine Entschiedenheit, indem er den schwedischen Commandanten, welcher am 9. December Friedberg ohne Noth an den kaiserlichen General v. Bönnighausen gegen freien Abzug ohne Obergewehr übergeben hatte, als er in Hanau eingerückt war, am folgenden Morgen, dem 14. December, hinrichten ließ. Von vornherein beschränkte er sich nicht auf die einfache Abwehr des Feindes, der etwa vor den Mauern der Stadt erscheinen würde, sondern unternahm es mit Geschick und Erfolg, den kleinen Krieg gegen feindliche Abtheilungen zu führen, welche sich in erreichbarer Nähe zeigten, bis seit dem April 1635 die Rücksicht auf die allgemeine politische und kriegerische Lage, welche ihm keinen Ersatz an persönlichen und sachlichen Streitmitteln in Aussicht stellte, ihn veranlaßte, mit seinen Kräften haushälterischer zu Werke zu gehen. Bald hatte er auch mit Hunger, Krankheit und Geldmangel zu kämpfen und im Juni erschien der kaiserliche General Götz in der Gegend von Hanau. Dieser bezweckte hauptsächlich die Ernten zu zerstören, wobei R. ihm thätig entgegentrat, und zog Anfang August wieder ab, kehrte aber am 11. September zurück und wurde bald darauf durch General Lamboy verstärkt, welcher 3000 Mann heranführte, während Götz 10 schwache Reiterregimenter befehligt hatte. Letzterer wurde dann [221] abberufen und Lamboy erhielt das Commando, benahm sich aber dem thatkräftigen R. gegenüber sehr vorsichtig, indem er zur Sicherung seiner eigenen Truppen die Stadt in weitem Umkreise mit Verschanzungen umgab. Seine Macht betrug etwa 3000–3500 Mann zu Fuß und 1500 Mann zu Pferde; zu einem ernstlichen Angriff auf Hanau fehlten ihm jedoch die Mittel; er setzte seine Hoffnung auf die Zeit. R. machte kräftige Ausfälle, bis Schlappen, welche er dabei erlitt, namentlich ein mißglücktes Unternehmen vom 10. November, ihn veranlaßten, seine Mittel mehr zu Rathe zu halten. Lamboy’s Beschießungsversuche blieben wirkungslos, weil es diesem an dem nöthigen Geschütz mangelte. Unterhandlungen Ramsay’s mit dem Kaiser und mit dem Landgrafen Georg von Hessen-Darmstadt führten schon deshalb zu keinem Ziele, weil er selbst sie gar nicht ernst meinte und höhnisch bat er Lamboy, indem er ihm ein Schwein zum Geschenk machte, um Zeitungen, aus denen er zu erfahren wünschte, ob an dem Gerüchte, daß Hanau belagert würde, Wahres sei, aber trotzdem war seine Lage fast hoffnungslos im Juni 1636 hatte er nur noch 400 bis 500 Soldaten und dazu bereitete ihm die Haltung von Besatzung und Bürgerschaft manche Schwierigkeiten. Lamboy’s Zögern mit einem Sturmversuche rettete ihn: Landgraf Wilhelm von Hessen-Cassel kündigte den Kaiserlichen den Waffenstillstand; er und Leslie mit schwedischem Volke nahten zum Entsatz. Am 23. Juni 1636 erfolgte ihr Angriff, vor welchem Lamboy leicht das Feld räumte; der Landgraf zog in die Stadt ein, einige Unterführer leisteten noch Widerstand, aber am 24. war Hanau von seinen Bedrängern vollständig befreit. R. richtete zunächst sein Augenmerk darauf, seine Kräfte in jeder Richtung wieder auf einen achtunggebietenden Standpunkt zu bringen; da er aber keinen unmittelbaren Angriff zu fürchten hatte, so drängte es ihn bald, seinen Nachbarn in Darmstadt, Mainz und Frankfurt, die während der Belagerung ihm mancherlei Unbilden zugefügt hatten, mit Gleichem zu vergelten und durch weit ausgedehnte Streifzüge seine Cassen und Vorrathsräume aus ihrem Eigenthum zu füllen. Dann trug er sich mit weitgehenden Anschlägen, so erbot er sich, Karl I. von England gegenüber, für dessen Neffen, den Kurprinzen Karl Ludwig, die Pfalz zurückzuerobern, wenn man ihm 6000 Mann geben wolle. Aber trotz dieser Verbesserung seiner Lage und obgleich ihm glückte, einige andere in dieser Zeit auf den Besitz von Hanau hinzielende Anschläge zu vereiteln, war ihm dieser Besitz keineswegs sicher. Er ließ sich daher auf Verhandlungen ein, welche am 31. August 1637 zu einem in Mainz von ihm selbst und Graf Philipp Moritz mit Kurmainz, Hessen-Darmstadt und Frankfurt abgeschlossenen Vertrage führten. Auf Grund desselben sollte Hanau seinem rechtmäßigen Herrn, dem Grafen Philipp Moritz, wieder ausgeantwortet und dieser zur Theilnahme am Prager Frieden zugelassen werden; R. sollte für seine Person an baarem Gelde und in liegenden Gründen ein ganz Beträchtliches erhalten. Der Kaiser genehmigte das Abkommen am 14. September, R. aber zögerte, dasselbe in Kraft treten zu lassen, zumal die Gegenpartei keine Miene machte, die von ihr übernommenen Verpflichtungen zu erfüllen und dazu auch wol gar nicht im Stande war. Philipp Moritz aber, welcher am 25. December nach Hanau zurückgekehrt war, wünschte dringend, R. zu entfernen und wieder Herr in seiner eigenen Stadt zu sein. Ein Verwandter, Graf Ludwig Heinrich von Nassau-Dillenburg, bot ihm seinen Beistand an; ein Officier der Besatzung von Hanau, Major Winter, ward zum Verräther. Mit Hilfe des letzteren bemächtigte sich Graf Nassau am 22. Februar 1638 der Altstadt und am folgenden Tage, nachdem R. im Kampfe schwer verwundet war, auch der Neustadt und der Person des letzteren. R. ward nach Dillenburg gebracht und in unwürdiger Gefangenschaft gehalten; vergeblich bot er aus seinem fürstlichen Vermögen ein ansehnliches Lösegeld; der Kaiser untersagte darauf einzugehen, [222] weil er einen so gefährlichen Gegner nicht auf freiem Fuße wissen wollte, und R. starb infolge seiner Wunde am 29. Juni 1639 zu Dillenburg.

R. Wille, Hanau im dreißigjährigen Kriege, Hanau 1886.