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ADB:Riedinger, Ludwig August

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Artikel „Riedinger, Ludwig August“ von Wilhelm Vogt in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 28 (1889), S. 534–535, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Riedinger,_Ludwig_August&oldid=- (Version vom 20. Dezember 2024, 22:48 Uhr UTC)
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Riedinger: Ludwig August R., einer der bedeutendsten Industriellen in Süddeutschland, wurde am 19. November 1809 zu Schwaigern, einem württembergischen Städtlein im Oberamt Brackenheim, geboren. Seine mittellosen Eltern verlor er bald, nachdem er kaum das Schreinergewerbe zu lernen begonnen hatte. Nach bestandener Lehrzeit arbeitete er zunächst in Ludwigsburg und fand hierauf Beschäftigung als Modellschreiner in der Baumwollspinnerei der Gebrüder Hartmann in Heidenheim an der Brenz. Der begabte und umsichtige Jüngling eignete sich hier rasch die vollständigste Kenntniß dieses damals neuen Industriezweiges an, so zwar, daß all sein Denken schon in jener Zeit – ein wesentlicher Zug seiner Natur – darauf gerichtet war, im Betrieb verbesserte Instrumente und Maschinen herzustellen. Seine Anstrengung blieb auch nicht ohne Erfolg. Als es ihm gelang eine neue brauchbare Maschine zu erfinden, lenkte sich die Aufmerksamkeit weiterer Kreise auf ihn. Nach mehrjähriger Thätigkeit als Werkmeister in der neugegründeten Spinnerei Herbrechtingen, wurde er als Spinnmeister, 30 Jahre alt, für die neuerrichtete Mechanische Baumwollspinnerei und Weberei in Augsburg gewonnen. Mit der erweiterten Aufgabe wuchsen seine Kräfte. Solche Tüchtigkeit legte er hier an den Tag, daß er bereits nach drei Jahren zum Director der ganzen Fabrik ernannt wurde. Er entfaltete in dieser Stellung eine umfassende Thätigkeit, die nicht nur die Blüthe der ihm unterstellten Fabrik im raschen Zuge herbeiführte, sondern es sich vor allem auch zur Aufgabe machte, für die mit ihm schaffende und gewinnende Arbeiterwelt in wahrhaft väterlicher Weise zu sorgen. Er gründete Kranken- und Versorgungscassen für seine zeitweilig oder dauernd unfähig gewordenen Arbeiter, er errichtete Anstalten, in denen außer der Arbeitszeit sich dieselben [535] erholen, unterhalten und belehren konnten. Wenn im stürmischen Jahre 1848 sich die Augsburger Arbeiterbevölkerung trotz der naheliegenden Versuchungen ruhig verhielt, so war dies ein Verdienst der vorausschauenden Fürsorge Riedinger’s. Für den lebhaften Geist, den R. besaß, genügte aber für die Dauer trotz allem diese Stellung und Thätigkeit in einem gewiesenen Dienste nicht. Seine außerordentlichen Kräfte wollten sich freier entfalten und nach eigener Bestimmung rühren. Gelegenheit dazu bot ihm die seit geraumer Zeit Techniker und Industrielle in Athem erhaltende Beleuchtungsfrage d. h. das Problem, aus welchem Material, ob Steinkohlen, Oel oder Holz, das Gas herzustellen sei. Pettenkofer plaidirte für das Holzgas als das billigste und brauchbarste unter allen Gasarten bei den damaligen Verhältnissen. Der Gelehrte brauchte aber einen Praktiker zur Durchführung seiner Ideen. Als einziger wurde ihm von Dingler R. bezeichnet, „ein ebenso klarer wie energischer Kopf“. Diese Andeutung bestimmte Pettenkofer, sich mit R. in Verbindung zu setzen und letzterer wurde dadurch veranlaßt, sich selbständig zu machen. Er legte seine Stelle als Fabrikdirector nieder und „gründete auf dem Eisenhammer eine Fabrik zur Erzeugung von Gasapparaten und sah sich in Kurzem im Stande Gasanstalten in jedem Umfange, vom gewaltigen Sammelgasbehälter an, bis zum Brenner, mit eigenen Fabrikaten auszurüsten. Das Geschäft wuchs riesenhaft“. In ganz Deutschland, am Pontus und an der Adria, an der Newa, in der Schweiz und in Ungarn entstanden seine mustergültigen Gaswerke; es waren gegen 70. Daneben vervollkommnete er unablässig seine Fabrikerzeugnisse und seine Fabrik. Alle Arten von Leuchtern (Gaslustres und Candelaber) wurden in vollkommenster Weise von ihm ausgeführt. Seine mechanische Werkstätte erweiterte sich zu einer großartigen Maschinenfabrik mit einer eigenen Eisengießerei, in welcher besonders auch die Brauereieinrichtungen in der höchsten technischen Vollendung hergestellt wurden. Rastlos arbeitete R. Für sich baute er ein palastgleiches Wohnhaus mitten in der Stadt, auf seinen Antrieb zumeist hin wurde in Augsburg der altberühmte Gasthof zu den drei Mohren in ein modernes Hotel ersten Ranges, das bald nach der Vollendung in seinen Besitz überging, umgebaut. R. freute sich deshalb mit Recht eines außerordentlichen, weithin verbreiteten Ansehens. Was er geworden war, verdankte er seinem Fleiß und seinem Talent. Die Arbeit war sein Lebenselement. Rastlos schaffend wollte er nie ruhen oder nur stehen bleiben. Sein klarer Blick beherrschte, wie dies selten im gleichen Maaße der Fall ist, das weite Gebiet der modernen Technik. Er war ein Führer und Denker auf demselben. Dabei blieb er trotz Anerkennung und Reichthum ein schlichter und einfacher Mann, ein rechter Bürger, der nie vergaß, woher er stammte und der für die Sorgen und Leiden der untern Stände und besonders der Arbeiterbevölkerung ein warmes Herz hatte. Was er in diesem Geiste gethan hat, erwarb ihm die Liebe und den Dank ungezählter Verehrer. Am 20. April 1879 machte ein Schlaganfall seinem Leben ein jähes Ende. Seine Fabriken übernahmen zwei Söhne.

Privatmittheilungen. – Schilling, Zur Geschichte der Gasbeleuchtung in Baiern. München 1887.