ADB:Roderich
König Witika (697–710, s. d. Artikel) ein König jenes Namens folgte, der in der Schlacht bei Xerez de la Frontera am Guadalete (25./26. Juli 711) gegen die Mauren Tarek’s Sieg und Leben – im Kampf oder auf der Flucht – verlor. Alles was sich sonst an diesen Namen knüpft, ist sehr früh umrankt worden von dem ebenso reizenden als undurchdringlichen Schlinggewächs spanisch-christlicher und maurischer Volkssage und Kunstdichtung. Wie frische Waldblumen zu gemachten Flitterkränzen verhält sich jene Poesie zu den gelehrt ausgediftelten Abstammungsfabeln, welche später die Eitelkeit mit dem staubigen Aufbau gefälschter Stammbäume um die beiden letzten Gothenkönige geheftet hat. Hiernach soll R. der Sohn gewesen sein des tapfern Herzogs Theodifred, eines Sprößlings Königs Kindaswinth (s. A. D. B. XV, 745), welchen Witika grausam und ungerecht mit Blendung bestraft habe. Nach Witika’s Tod schwingt sich R. mit Ausschließung der Söhne dieses Königs auf den Thron; diese und der gothische Statthalter in Afrika (die Gothen hatten aber damals gar keine Besitzungen jenseit der Meerenge!) Graf Julian, den R. durch Verführung seiner schönen Tochter Cava (oder Florinda) zu tödtlicher Rache getrieben, rufen insgeheim die Araber ins Land und gehen in der Entscheidungsschlacht auf beiden Flügeln des Gothenheeres zu den Feinden über. Schlacht und Reich der Gothen gehen verloren: König R. verschwindet. Im Schilf am Flusse findet man seine goldenen Schuhe. All’ das ist Sage oder absichtliche Erfindung: der ruhmlose Untergang des Reiches sollte durch Verrath entschuldigt werden.
Roderich, letzter König der Westgothen, 710–711 (25. Juli), gehört der Geschichte fast nur mit seinem Namen an: d. h. es steht fest, daß auf- Dahn, Könige V. Würzburg 1870 und insbesondere Könige VI. 2. Auflage Leipzig 1885, wo im Anhang die gesammte ältere und zumal auch die seit 1870 nachgewachsene spanische Litteratur eingehend gewürdigt ist; seither ist erschienen: August Müller, Geschichte des Islams I, Berlin 1886, dessen trefflicher Untersuchung einzuräumen ist, daß ein byzantinischer (nicht gothischer) Graf Julian in Ceuta immerhin gelebt haben mag.