ADB:Roderique, Johann Ignaz
Beringer, Professor der Medicin, bereitete er hier eine Mystification, die seinen Charakter in ein wenig vortheilhaftes Licht stellt. Er hatte nämlich eine Anzahl Kalksteine mit den wunderlichsten Figuren von Thieren, Pflanzen und Himmelskörpern in Verbindung mit Schriftzügen mühsam und mit Kunstfertigkeit versehen und dieselben dann hin und wieder in den Steinbrüchen bei Eibelstadt zerstreut, wo sie von den Arbeitern aufgefunden und dem eifrigen Sammler und Archäologen Beringer zugetragen und verkauft wurden. Die Täuschung gelang so vollkommen, daß Beringer diese Funde in einer mit großer Gelehrsamkeit verfaßten und mit vielen Kupfertafeln illustrirten Gelegenheitsschrift zur Promotion des Dr. G. L. Hüber mit dem Titel: „Lithographia Wirceburgensis“ 1726 durch den Druck bekannt machte. Bald von dem bösen Streiche unterrichtet, suchte Beringer alle ihm zugänglichen Exemplare zurückzukaufen, und die ganze Auflage möglichst zu unterdrücken. Nach verschiedenen Reisen durch Frankreich kam R. endlich, jedoch nicht in den besten finanziellen Umständen, nach Köln. Hier verheirathete er sich. Das Copulationsbuch der St. Peterspfarre meldet am 10. März 1731: „copulati sunt Praenobilis et Clarissimus dominus Joannes Ignatius Roderique et Honoratissima domina Sybilla Catharina Topsius vidua Pöner.“ Durch diese Heirath wurde seiner Thätigkeit eine neue Richtung gegeben. Seine Frau besaß ein kaiserliches Privilegium für die Herausgabe einer politischen Zeitung in französischer Sprache unter dem Titel „Gazette de Cologne“, wovon sie jedoch bis dahin nur wenig Vortheil zu ziehen verstanden hatte. R. wandte diesem Gegenstande seine volle Kraft zu und sein Genie und vielseitiges gelehrtes Wissen brachten bald das französische Blatt in der Stadt und im Auslande in die beste Aufnahme. Der im J. 1740 ausgebrochene österreichische Erbfolgekrieg und der sich anschließende siebenjährige Krieg waren ihm dabei besonders günstig. Er hatte in den Hauptquartieren sowol als in den Cabineten Freunde, die ihm die wichtigsten und zuverlässigsten Mittheilungen zukommen ließen, wovon er einen äußerst klugen und behutsamen Gebrauch zu machen wußte. Neben diesem in Druck herausgegebenen politischen Blatte, worin er die wichtigsten und geheimsten Nachrichten gleichsam nur durchschimmern ließ, verfaßte er für gewisse vornehme und vertraute Personen noch geheime handschriftliche Bulletins, bei deren Abfassung er sich offener und freimüthiger ausdrückte. Mehrmal zog dieses Treiben dem Rath von Köln die peinlichsten Verlegenheiten zu. So klagte im J. 1740 die hannoversche Regierung über die Bosheit und Verwegenheit des Professors R., der geschriebene Zeitungen nach Wien und an andere Orte geschickt habe, deren grundfalscher und injuriöser Inhalt Widerwillen und Feindschaft zu erwecken bestimmt sei. Der König forderte die Auslieferung Roderique’s, sonst werde er sich auf anderm Wege Satisfaction zu verschaffen wissen. Erst nach einer Reihe der demüthigendsten Erklärungen von Seiten des Raths und des angeschuldigten Publicisten gelang es, die Forderung der Auslieferung zu beseitigen. Da R. im Interesse der österreichisen Politik schrieb, so zog er sich das Mißfallen König Friedrich’s II. von Preußen zu, der sich nicht damit begnügte, den verhaßten Zeitungsschreiber zu wiederholten Malen vom Kölner Rath zu Widerruf und Abbitte zwingen zu lassen, sondern der preußische Resident bestellte einmal einige handfeste Kerle, die gegen einen Lohn von 50 Rthlrn. den armen R. auf offener Straße tüchtig [23] durchprügelten. Als feiner Politiker war er im Auslande so bekannt, daß sogar der in den Niederlanden commandirende österreichische General Prinz Karl von Lothringen, bevor 1748 der Friede zu Aachen geschlossen wurde, ihn über die politischen Verhältnisse Europa’s zu Rathe zog. Durch seine Zeitung und seine Correspondenzen gewann er jährlich ein beträchtliches Einkommen. Er besaß eine vortreffliche Bibliothek, und in seiner schönen Wohnung in der Glockengasse hielt er zu seiner Erholung fast alle Abende gelehrte Gesellschaft. Dort fand auch der die Künste und Wissenschaften pflegende und mit einiger Empfehlung versehene Ausländer nicht nur die höflichste Aufnahme, sondern auch die angenehmste, witzigste und lehrreichste Unterhaltung. Er starb kinderlos und wurde im Umgange des am Neumarkt gelegenen Klosters der Armen Klarissen, dessen besonderer Wohlthäter er gewesen, beerdigt. Ein Epitaph mit Inschrift war an der Mauer bei seinem Grabe aufgestellt. Seine Schriften sind: „Disceptationes de Abbatibus, origine, primaeva et hodierna constitutione abbatiarum inter se unitarum Malmundariensis et Stabulensis“. Wirceburgi 1727. – Auf eine Gegenschrift Edmund Martene’s folgte: „Ignatii Roderique de Abbatibus monasteriorum Malmundariensis et Stabulensis Desceptatio tertia“. Colon. 1730. – In einer litterarischen Fehde mit dem gelehrten Jesuiten Jos. Hartzheim verfaßte er die Abhandlung: „S. Coloniensis Ecclesiae de suae Metropoleos origine traditio vindicata“. Coloniae 1731. „Historiae universalis institutiones.“ Lovanii 1734. Auch redigirte er 1743 die „Correspondence des Savans“, eine sehr selten gewordene Zeitschrift.
Roderique: Johann Ignaz de R., geboren 1697 zu Malmedy, † am 4. April 1756 zu Köln, wurde einer der einflußreichsten Publicisten seiner Zeit. 1717 trat er in den Jesuitenorden, aus dem er jedoch 1725 wieder ausschied, wobei man ihm die Absicht schuld gab, daß er sich nur von dem inneren Organismus des Ordens habe Kenntniß verschaffen wollen. In demselben Jahre erhielt er eine Berufung an die Universität Würzburg als Professor der Geographie, Algebra und Analysis. Seinem Collegen- Hartzheim, Biblioth. Colon. – v. Bianco, Die alte Universität Köln, 1. Theil, 1. Abtheil. – Ennen, Gesch. d. Stadt Köln, Volksausgabe.