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ADB:Rynmann, Johannes

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Artikel „Rynmann, Johannes“ von Karl Steiff in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 657–660, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rynmann,_Johannes&oldid=- (Version vom 20. November 2024, 10:25 Uhr UTC)
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Rynmann: Johannes R., einer der bedeutendsten Buchhändler, ja vielleicht der bedeutendste, aus der Wendezeit des 15. Jahrhunderts, † 1522. (Sein Name erscheint in den verschiedensten Formen: Rynnmann, Rymann, Rymmann, dann auch mit i, ie, ei, ey und eh, st, y und mit n, st. nn, aber auch und zwar sowohl in Leipziger als in Basler Urkunden abgeschliffen bezw. [658] gekürzt in Ryemen, Riemen, Rymer, Rym, Ryem, Ryhm, Rem und Reme, wobei zu bemerken, daß die Beziehung auf unsern Buchhändler theils durch den abwechselnden Gebrauch der ungekürzten Form, theils durch den Beisatz: von Oringen, Oringaw ganz gesichert, also namentlich auch die Deutung auf ein Glied der Augsburger Familie Rem ausgeschlossen ist.) von Oehringen stammend – einmal heißt er auch de canna et Oringen, ein Beisatz, den wir nicht zu deuten vermögen – kaufte R. sich 1498 von seinen Verpflichtungen gegen den Landesherrn, den Grafen von Hohenlohe, und gegen die Vaterstadt um 800 Gulden los, um seinen Handel „desto statlicher geuben“ (üben) zu können. Er hat diesen aber keineswegs bis 1498 (oder gar bis 1502) in Oehringen getrieben, wie man gewöhnlich annimmt. Schon aus der betreffenden Urkunde ergibt sich das Gegentheil und ohnedies kommt R. schon 1475 in den Augsburger Steuerbüchern vor und zwar als Goldschmied. Aus der letzteren Thatsache erhellt zugleich, daß die Annahme, er sei vom Kaufmann aus zum Buchhandel gekommen, falsch ist. Vom Goldschmied ausgehend ist er, wie mancher andere seiner Kunstgenossen, vermuthlich zuerst Stempelschneider bezw. Schriftgießer und Buchdrucker und erst von hier aus Buchhändler geworden. Jedenfalls verstand er das Fertigen der Lettern; denn er heißt in dem Druck: Rysichei in laudem Sancti Hyvonis oratio, Aug. Vind. 1502: Characterum Venetorum opifex et ingeniosus et exercitatus, wobei übrigens unter den „Characteres Veneti“ nicht die Aldinische Cursiv-, sondern eine schmale gothische Type zu verstehen ist (vgl. Bern. de Bustis, Rosarium, Hagenow 1503, P. II, Schlußschrift). Und wie R. die Herstellung der Typen ausübte, so auch den Buchdruck. Denn anders kann man es kaum deuten, wenn es in dem obgenannten Augsburger Druck von 1502 und in einem anderen, von 1504, heißt: impressit Johannes Rynmannus. Damit wird es auch wahrscheinlich, daß der Hanns Reynman, der 1485 mit der Bezeichnung als Buchdrucker unter die Bürger Nürnbergs aufgenommen wird, unser R. ist. Ob er aber je selbständig und in einer ihm (ausschließlich) gehörigen Werkstatt gedruckt hat? Wohl heißt er auch später noch in einem Basler Actenstück von 1509 „Buchtrucker“, wohl trägt auch die Epistel Tengler’s an R. in der ersten Ausgabe seines Layen-Spiegels, Augsb. 1509, Bl. 7 die Ueberschrift: „Ep. an den Druckerherrn“, aber doch kommt er weder in dem einen noch in dem andern Falle als Buchdrucker in Betracht, sondern beide Male als Verleger; denn auch das obengenannte Werk ist nicht von R., sondern, wie die Schlußschrift besagt, von Joh. Otmar gedruckt worden, der ja sicher nicht nur ein Angestellter Rynmann’s war, sondern selbständiger Meister. Immerhin aber mögen obige Stellen wie noch anderes darauf hinweisen, daß R. für diesen Drucker und dann namentlich auch für Heinr. Gran in Hagenau (s. u.) nicht nur der Auftraggeber war, sondern zu ihrem Geschäft in einem engeren, noch nicht näher aufgeklärten Verhältniß stand. Sicher ist aber, daß Rynmann’s eigentliche Bedeutung nicht in seinem Bücherdruck, sondern einzig in seiner Thätigkeit als Buchhändler liegt. Als solcher erscheint er erstmals in den Steuerbüchern von Augsburg, – wo er mindestens von da an seinen bleibenden Wohnsitz hat – im Jahre 1495. Schon zwei bis drei Jahre nachher heißt es in seinem Oehringer Loskaufbrief, daß er „ein Henndel vnnd gewerb mit gedruckten buchern vnnd anderm In vßwendig konnigreichen vnd Nationen auch in Nidern vnd Hohen Teutzschen landen gefurt, vnnd alle Jar gross vnnd weyte reyßen getan.“ Dies Zeugniß geht augenscheinlich auf Rynmann’s eigene Aussage zurück und er hat seinen Landsleuten gegenüber den Mund vielleicht etwas voll genommen, aber so viel ist doch wohl daraus zu entnehmen, daß sein Bücherhandel nicht nur auf weite Gebiete Deutschlands, sondern auch [659] über dessen Grenzen hinaus sich erstreckt hat. Genaueres weiß man von demselben zur Zeit leider nicht und nur einmal noch fällt ein Schlaglicht auf diese Seite von Rynmann’s Thätigkeit durch eine Urkunde vom 19. September 1504, wornach er und Andreas Grindelhart damals und schon seit langer Zeit die Universität Heidelberg mit Büchern versorgten. Ungleich mehr weiß man von der Verlegerthätigkeit dieses Buchhändlers; denn von ihr geben sowohl die Acten als namentlich auch die Schlußschriften seiner Verlagswerke Kunde. Darnach hat er seit 1497 die Presse Heinrich Gran’s in Hagenau nahezu ausschließlich und daneben von 1503 bezw. 1502 an die Otmar’sche Druckerei in Augsburg in weitgehendem Umfang mit seinen Aufträgen beschäftigt. Auch Basler Drucker, wie Jacob (Wolf) von Pforzheim und Adam Petri erhielten des öfteren Bestellungen; dagegen hat es nur einen zufälligen Grund, wenn auch auf dem einen oder andern Druck von Hieronymus Hölzel und von Georg Stuchs, beide in Nürnberg, von Renatus Beck in Straßburg und Petrus Liechtenstein in Venedig sein Name als der des Verlegers erscheint. Im ganzen kennt man zur Zeit ca. 200 Verlagswerke von R., ihre wirkliche Zahl ist aber jedenfalls noch größer. Die meisten dienen den Zwecken der (Gelehrten) Schule und vor allem der Kirche. Die der letzteren Gattung bilden sogar nahezu zwei Drittel des gesammten Verlags. Meßbücher, Evangeliare, Breviere, lateinische Predigtsammlungen, das ist es, was uns vorzugsweise begegnet. Doch finden wir auch Bücher, denen eine weitergehende Bedeutung zukommt; es seien nur die beiden Ausgaben der deutschen Bibel von 1507 und 1518 erwähnt, die man als die 13. und 14. der vorlutherischen deutschen Bibeln zählt, und Tengler’s Layen-Spiegel von 1509, 11 und 12. Wie diese letzteren, so hat R. noch manch andere seiner Verlagswerke mit bildlichem Schmuck ausgestattet und es ist sicher mehr als ein Künstler, den er ins Brot gesetzt hat. Nimmt man Alles zusammen, so begreift man den Stolz, mit dem sich R. auf vielen seiner Verlagswerke Archibibliopola oder „der teutschen Nation nahmhafftigsten Buchführer“ nennt. Aus seinen letzten Lebensjahren kennt man freilich nur noch wenige Drucke mit seinem Namen. Ob dies Zufall ist, ob seine Kraft erlahmte, ob die neue Zeit, die mit dem Jahre 1517 anbrach, sich geltend machte, muß dahin gestellt bleiben. Sein letztes Verlagswerk ist vom Februar 1522; nicht lange nach diesem Zeitpunkt muß er gestorben sein, im folgenden Jahre war er jedenfalls nicht mehr am Leben. (Daß er gegen das Ende seines Lebens nach Oehringen gezogen ist und dort begraben liegt, entbehrt zunächst ausreichender Begründungen.) In Rynmann’s Nachfolge trat sein Schwiegersohn Wolfg. Präunlin und Hans Herfart, jener wie es scheint, für den Verlag, dieser für den Bücherhandel, keiner aber auch nur mit annäherndem Erfolg. Nur durch diese Nachfolger Rynmann’s ist dessen Geschäftsmarke auf uns gekommen: ein Kreuz, mit dessen Stamm, nach rechts gewendet, ein R verschlungen ist, während der vom Fuß des Stammes nach links aufstrebende Strich vielleicht das I des Vornamens bedeuten soll. (S. die Abbildung in dem unten zu nennenden Archiv Bd. VIII, 1883, S. 294, womit Bd. XIV, 1891, S. 354 zu vergleichen ist.)

Vgl. A. Kirchhoff, Beiträge zur Geschichte des deutschen Buchhandels I, 1851, S. 8–40 (auch mit kleinen Aenderungen besonders herausgegeben: Joh. Rynmann, Buchhändler in Augsburg 1497–1522, Leipzig o. J.). – Archiv für Geschichte des deutschen Buchhandels (s. das Register zu I–XX, 1898, S. 266). – Geschichte des deutschen Buchhandels I, 1886, (s. Reg.). – Wibel, Hohenlohische Kyrchen- und Reformations-Historie (I), 1752, S. 300 bis 304 und III, (1754), S. 215–219. – Anzeiger für Kunde der deutschen Vorzeit N. F. VII, 1860, Sp. 120. Das von Kirchhoff gegebene Verzeichniß [660] von Rynmann’s Verlagswerken (146) wird ergänzt durch die von Panzer, Annales typographici XI, p. 416–425 zu T. VII gegebenen, von Kirchhoff übersehenen Nachträge (34), durch Burger’s Index zu Hain, durch Weller, Repertorium typographicum 459, 485. Weale, Bibliographia liturgica, 1886, (Reg.) und Proctor, Index to the early printed books in the British Museum Part II, Sect. I, 1903, p. 177 f.