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ADB:Salm-Reifferscheid, Joseph Fürst und Altgraf zu

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Artikel „Salm-Reifferscheid, Josef Fürst und Altgraf zu“ von Ernst Wunschmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 255–257, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Salm-Reifferscheid,_Joseph_F%C3%BCrst_und_Altgraf_zu&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 11:54 Uhr UTC)
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Salm-Reifferscheid: Josef Maria Franz Anton Hubert Ignaz, Fürst und Altgraf zu Salm-Reifferscheid-Dyck, geboren auf dem Stammgute Schloß Dyck bei Neuß im Regierungsbezirk Düsseldorf am 4. September 1773, † zu Nizza am 21. März 1861, hat sich als Pflanzenliebhaber und botanischer Schriftsteller verdient gemacht. Nach frühzeitigem Verlust des Vaters, durch die Mutter, eine geborene Gräfin von Zeil-Wurzach, aufs sorgfältigste erzogen, genoß der junge Graf einen strengen, aber vortrefflichen Unterricht auf dem Jesuitencollegium zu Köln und bildete sich durch Privatstudien in Wien, Brüssel und Paris wissenschaftlich weiter aus. Nachdem er im achtzehnten Lebensjahre für mündig erklärt worden war, vermählte er sich alsbald mit der Gräfin Marie Therese von Hatzfeld, löste indessen nach 10 Jahren diese Ehe wieder und ging 1803 [256] eine neue Verbindung ein mit der geistreichen Wittwe des Chirurgen Pipelet, einer geborenen Marie Constance de Théis. Inzwischen hatten die Stürme der französischen Revolution, sowie die Besitznahme der Rheinprovinz seitens der französischen Republik, das Souveränetätsrecht des Grafen über die Herrschaft Dyck aufgehoben; jedoch blieb ihm, Dank günstiger Umstände, sein Besitzstand erhalten, wenn er auch zur Wahrung seiner Interessen wiederholte Reisen nach Paris machen mußte. Den Aufenthalt daselbst benutzte er jedesmal auch zu wissenschaftlichen Zwecken, trat mit den Botanikern Desfontaines, den beiden Jussieu, mit Thouin und Thuillier in persönlichen Verkehr und betheiligte sich namentlich fleißig an den Excursionen des letzteren in die Umgegend von Paris. Durch seine zweite Gemahlin, die selbst schriftstellerisch thätig war und der zu Liebe er während der ersten 20 Jahre dieses Jahrhunderts die Winter in Paris verlebte, wurde sein Haus der Sammelpunkt der gelehrten und künstlerisch gebildeten Welt. Das Erscheinen des ersten Heftes von Aug. Pyr. de Candolle’s: Plantarum historia succulentarum im J. 1799, zu welchem der berühmte Cabinetsmaler Ludwig’s XVI., Pierre Jos. Redouté die Zeichnungen geliefert, erweckte in Salm-R. die Neigung, sich mit der eigenthümlichen Gruppe der Fettpflanzen eingehender zu beschäftigen. Er trat zu diesem Zwecke nicht allein mit dem Verfasser des Werkes, der damals in Paris lebte, in Beziehung, sondern nahm selbst noch bei Redouté Unterricht im Zeichnen und Malen der Pflanzen und brachte es in dieser Kunst zu hoher Fertigkeit. Nach seinem Stammschlosse Dyck zurückgekehrt, ließ er Gewächshäuser bauen für die Cultur seiner Lieblingspflanzen und scheute weder Kosten noch Mühe, um Material für seine Studien, lebendes wie getrocknetes, von woher nur immer zu erwerben, so daß seine Sammlungen succulenter Gewächse mit der Zeit nicht nur zu den umfassendsten des Continents heranwuchsen, sondern zugleich durch die Fülle von Originalpflanzen den Rang authentischer Quellen für Forschungen auf diesem Gebiete einnahmen. Salm’s litterarische Thätigkeit hat denn auch die erwähnten Gewächse zur ausschließlichen Grundlage. In Anerkennung seiner wissenschaftlichen Verdienste wurde ihm die Mitglied- und Ehrenmitgliedschaft vieler gelehrter Gesellschaften zu Theil, auch bleibt sein Name durch die Gattung Dyckia aus der Familie der Bromeliaceae in der Wissenschaft erhalten. Seine militärische Laufbahn schloß für ihn ab mit der Erwerbung des Charakters als preußischer Generalmajor. In den erblichen Fürstenstand erhob ihn König Friedrich Wilhelm III. im Jahre 1816. In seinen letzten Lebensjahren nöthigte den Fürsten ein hartnäckiger Katarrh, das mildere Klima Südeuropas aufzusuchen. Eine Kur in einigen Badeorten der Pyrenäen hatte nicht die gehoffte Wirkung; dagegen that ihm der Aufenthalt in Nizza, wohin er 1860 ging, so wohl, daß er mit dem Plane umging hier dauernden Wohnsitz zu fassen, zumal er hoffte, hier, wo Agaven, Aloën und Mesembryanthemen, wenigstens verwildert, schon im Freien wachsen, die Cultur dieser Pflanzen unter den günstigsten Bedingungen studiren zu können. Inmitten dieser Pläne und Gedanken ereilte ihn der Tod im 88. Jahre seines Lebens. Die sterbliche Hülle des Fürsten wurde nach der Familiengruft zu St. Nicolas bei seinem Stammschlosse Dyck übergeführt und da beigesetzt, wo die von ihm gegründete Ackerbauschule und agriculturchemische Versuchsanstalt Zeugniß ablegen für die hochherzige Gesinnung eines Mannes, der, auch als Mensch hochgeehrt, ein Fürst war in allem, was er dachte und that.

Die Reihe seiner wissenschaftlichen Arbeiten eröffnete S.-R. 1817 mit einem deutsch und französisch geschriebenen: „Verzeichniß der verschiedenen Arten und Abarten des Geschlechtes Aloë, welche von Willdenow, Haworth, de Candolle und Jacquin beschrieben worden, oder noch unbeschrieben in den Gärten Deutschlands, [257] Frankreichs und der Niederlande sich befinden.“ Darauf folgten mehrere kleinere Abhandlungen, welche Beobachtungen an lebenden Pflanzen seines Gartens enthalten, so die in drei Fascikeln 1820–22 erschienenen: „Observationes botanicae in horto Dyckensi notatae“ und aus den Jahren 1822 und 1829 je ein „Index plantarum succulentarum in horto Dyckensi cultarum“. Gelegentlich seiner Aufnahme in die Leopoldina 1819 veröffentlichte er im 2. Theil des zehnten Bandes der Verhandl. dieser Körperschaft eine mit einer selbstgefertigten Abbildung versehene Abhandlung über eine neue Amaryllis (A. principis), welcher Prinz Max v. Neuwied einen Nachtrag hinzufügte. Die erste größere Arbeit erschien 1834 unter dem Titel: „Hortus Dyckensis, ou catalogue des plantes cultivées dans les jardins de Dyck“. Das Werk zerfällt in zwei Theile. Der erste größere ist, obwol nur ein Namensverzeichniß, doch wegen der Reichhaltigkeit seines Inhalts, da er gegen 1500 Fettpflanzen aufführt, und wegen der mit größter Sachkenntniß geübten Kritik von Wichtigkeit, während der zweite Theil, Annotationes botanicae, Monographien und Beschreibungen neuer Arten der Gattungen Aloë, Cactus, Mesembryanthemum, Stapelia und Paeonia, sowie berichtigende Bemerkungen zu einzelnen schon bekannten Arten enthält. Beigefügt sind ein Gartenplan und auf vier Tafeln sauber ausgeführte Abbildungen. Die fortschreitende Cultur der Cactus-Gewächse in seinem Garten gab S. Veranlassung, eine Reihe von Katalogen über dieselben in den Jahren 1841, 1845 und 1849 herauszugeben, die indessen nicht bloße Namensverzeichnisse darstellen, sondern genaue systematische Uebersichten über Tribus, Familie, Gattung und Arten dieser Pflanzengruppe geben, deren Studium um deßwillen so schwierig ist, weil es nur an lebendem Material mit Erfolg vorgenommen werden kann. Aus diesem Grunde sind jene Arbeiten Salm’s von grundlegender Bedeutung, zumal der Verf. es sich hat angelegen sein lassen, der Nomenclatur und Synonymie die größte Sorgfalt zuzuwenden. Das letzte der genannten Verzeichnisse führt einschließlich der Varietäten gegen 700 Nummern auf und gibt sich als Supplement zu Ludwig Pfeiffer’s: „Enumeratio diagnostica Cactearum“ aus (s. A. D. B. XXV, 644), worauf bei der Artenbeschreibung Bezug genommen wird, während es bei allen seit 1837, dem Publicationsjahre von Pfeiffer’s Arbeit, bekannt gewordenen neuen Arten genaue Beschreibungen hinzufügt. Daß infolge der langjährigen Beschäftigung mit den succulenten Gewächsen S. den Plan faßte, das reiche, ihm zu Gebote stehende Material auch monographisch zu bearbeiten, lag auf der Hand. Nachdem er zu diesem Zweck einen geschickten Pflanzenzeichner und Lithographen in seinen Dienst genommen, unternahm er die Bearbeitung der Gattungen Aloë und Mesembryanthemum, welche durch ihre Artenzahl und Verbreitung in den Gärten ein besonderes Interesse beanspruchen und außerdem durch die Aehnlichkeit ihrer Formen der wissenschaftlichen Unterscheidung große Schwierigkeiten bieten. Das Werk erschien unter dem Titel: „Monographia generum Aloës et Mesembryanthemi“ in 7 Fascikeln in den Jahren 1836–63 und umfaßt 377 Tafeln mit Abbildungen nebst begleitendem Text in Kleinfolio. Tafeln wie Textblätter sind nicht numerirt und erlauben dadurch eine spätere systematische Zusammenstellung, zu welcher die Anleitung auf jedem Blatte angedeutet ist. Beschreibungen sind in lateinischer Sprache, die Tafeln schwarz, nur eine Blüthe und ein Theil eines Blattes colorirt. Der letzte Fascikel erschien nach dem Tode des Fürsten auf Grund des handschriftlichen Nachlasses. Noch heute ist das Werk Quellenwerk für das Studium der Fettpflanzen und durch keine neue größere Arbeit über diesen Gegenstand überholt. Kleinere Abhandlungen über die Agaven und Cacteen veröffentlichte Salm in der Zeitschrift Bonplandia vom Jahre 1854 und 1859.

Bonplandia, IX, 1861. – Pritzel, thes. lit. bot.