ADB:Saltet, Johann Bernhard

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Artikel „Saltet, Johann Bernhard“ von Karl Friedrich Ledderhose in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 283–285, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Saltet,_Johann_Bernhard&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 11:30 Uhr UTC)
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Saltet: Johann Bernhard S., Basler Missionar, geboren zu Niederwesel am Rhein am 30. November 1792, † am 20. August 1830 zu Neu-Tiflis, Abkömmling einer französischen Familie, die nach Aufhebung des Edicts von Nantes aus Frankreich ausgewandert ist. Wenn auch von Kind auf schwächlich und nicht ausgezeichnet begabt, wie es schien, hatte S. ein tiefes Gemüth und war für Eindrücke des Göttlichen sehr empfänglich. Eine fromme Mutter legte in sein Herz die ersten Grundlagen der Wahrheit. Mit dem Wunsche Theologie zu studiren, durchlief er die Classen des Gymnasiums, aber durch große Verluste um sein ansehnliches Vermögen gekommen, war der Vater nicht im Stande, neben einem andern studirenden Sohne für die Kosten des akademischen Studiums auch seines Bernhard aufzukommen. Er mußte im Jahre 1808 in die Lehre zu einem Kaufmanne treten. Der Tod seiner Mutter und im J. 1812 seines Vaters ging ihm sehr nahe, und wenn er nun auch seinem kaufmännischen Berufe oblag, so fühlte er doch immer wieder, daß er dazu bestimmt sei, das Evangelium zu verkündigen. Da fielen ihm die Basler Missionsberichte in die Hände, er las sie mit großem Interesse und Eifer, und es wurde ihm immer eindrücklicher, daß sein Beruf ihm in der Mission gegeben sei. Er wandte sich an das Comité zu Basel mit der Bitte um Aufnahme. Die Darlegung seiner Gründe zeugte von seinem tief gegründeten Gemüthe. „Wo ist ein Geschäft seliger auf Erden und im Himmel, als Verkündiger seines gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Heilandes zu sein? Daß mich keine andern Beweggründe treiben, finde ich zu meinem Troste“, sagt er in seiner Eingabe. Ein reich erfahrner Christ schrieb nach Basel: „Ich habe nur einen Schmerz, daß wir solches Licht und Salz zu andern Völkern senden müssen.“ So kam er denn am 1. November 1819 im Missionshause in Basel an und widmete sich den vorgeschriebenen Studien mit besonderem Fleiße. Er war noch kein Jahr in der Anstalt, da erging schon der Ruf an ihn, den verlorenen Schafen vom Hause Israel mit dem seligmachenden Evangelium zu dienen. Die deutschen Colonien in Südrußlaud, sowie die tiefe Versunkenheit der Juden in Rußland und Polen erforderten nach einer Darstellung des berühmten Dr. Pinkerton und andrer Männer Hülfe. Nach erhaltener Ordination reisten die beiden Missionare S. und Betzner nach Odessa ab. Das ihnen angewiesene Arbeitsfeld war sehr entmuthigend. Die Juden in Rußland und Polen waren theils ungläubige Reformer, theils unwissende und abergläubige Werkheilige, theils verschrobene Talmudisten. Unter den letzteren fand S. die empfänglichsten. Die polnischen Juden gehörten fast durchschnittlich zu der Secte der Chasidim, d. h. der Heiligen, die einen bedeutenden Einfluß ausübten. Es war schwer für S. und seinen Mitarbeiter, unter den Juden zu wirken, schon das unverständliche Judendeutsch, das [284] sie redeten, machte den Missionaren nicht geringe Schwierigkeiten. Sie fanden aber auch unlautere Absichten unter denen, welche sich näherten. In Odessa konnten sie sich nicht halten, weil ein einflußreicher Mann ihnen entgegenstand. Sie zogen sich nach Nordwesten im Jahre 1821. In Kiew fanden sie die Herzen der Juden verschlossen. Auch in Berdetschew in Polen, wo 2500 Juden wohnten, wollte das Evangelium keinen Eindruck machen. In den Ostseeprovinzen machten sie erfreuliche Erfahrungen. Und dennoch sind die Briefe Saltet’s aus jener Zeit voll von Wehklagen über die Juden. „Ihre Ohren sind dick, die Herzen verstockt und den Weg der Wahrheit wollen sie nicht erkennen.“ Dazu kam der Schmerz, daß Betzner sich von der Mitarbeit zurückzog. Doch erlebte S. die Freude, zwei junge Israeliten in Petersburg taufen zu können, die sich auch späterhin bewährt haben. Obwohl man ihn im Norden zu halten suchte, da seine Predigten tiefen Eindruck machten, so ging das Basler Comité doch nicht darauf ein, sondern wies ihm seine Arbeit unter den deutschen Colonisten im Süden Rußlands an.

Der Eingang, welchen S. in Grusien fand, war ein so günstiger, daß die Colonisten in Tiflis und Alexandersdorf ihn um sein Bleiben bei ihnen baten. Es waren aber noch mehrere Gemeinden, die er zu bedienen hatte. Da mußte er denn oft unterwegs sein und machte manche betrübende Erfahrungen über den geistlichen Zustand der Gemeinden. Dagegen erfreute er sich über das lebendige Christenthum in den Gemeinden Annenfeld und Helenendorf. Weil aber von dem Consistorium in Petersburg ein Pastor Hahn nach Tiflis und in die dortigen Gemeinden gesandt worden war, so glaubte S. hier überflüssig zu sein, und nahm schweren Abschied von den bisher von ihm gepflegten Gemeinden, die sich unter großer Traurigkeit von ihm trennten. Er zog sich nach der hochgelegenen Bergstadt Schuschi zurück, wo Basler Missionare, namentlich Zaremba, wirkten. Die Ruhe that ihm wohl, aber sie sollte ihm nicht lange zu Theil werden, denn als die überraschende Nachricht von dem Tode Hahn’s eintraf, und als nun Gesandte von Tiflis und Helenendorf eintrafen, war es ihm, als hörte er die Worte: „Ziehe mit ihnen!“ Mitte Januar 1826 traf er zur Freude der Gemeinde in Tiflis ein und faßte seine Arbeit da wieder auf, wo er sie gelassen hatte. Zu thun gab es aber genug, besonders in Katharinenfeld, wo 24 Familien im Begriffe standen, sich von der Gemeinde zu trennen. Namentlich war es die Kindertaufe, an welcher sich diese Leute stießen. S. gab sich alle Mühe, sie von dem Ungrund ihrer Zweifel zu überzeugen. Aber separatistische Geister lassen sich schwer gewinnen, und doch kehrten allmählich die meisten zur Kirche zurück. Er durfte auch die Freude erleben, daß sich hochgestellte Personen seinen Gottesdiensten anschlossen, aber schon im Sommer dieses Jahres kamen Tage über die Colonistengemeinden, die er mit Recht Schreckenstage nennt. Die Perser fielen nämlich kriegerisch in Georgien ein. Saltet’s Tagebuch ist im Auszuge gedruckt. Den Persern machten die Tataren, die unter russischer Herrschaft standen, überall Bahn. S. that, was in seinen Kräften stand, das Elend zu mildern. Die Perser in großer Anzahl wurden schließlich von einer viel kleineren russischen Truppenmacht geschlagen, daß sie sich wieder in ihre Grenzen zurückzogen. Und nun erlebte S. die Freude, daß von den Geraubten und Verlorengeglaubten manche zurückkehrten oder losgekauft wurden. Aber die Lasten des Amtes häuften sich jetzt so, daß er einmal in der Aufregung schreibt, er möchte sein Amt gern gegen eines Sandschiebers Beruf vertauschen.

Seine Stellung in Tiflis und in den übrigen Gemeinden in Grusien erhielt jetzt eine feste Grundlage durch die kaiserlich russische Regierung, indem sie ihn zum Pfarrer von Tiflis und zugleich zum Oberhirten der übrigen Gemeinden ernannte. „Also hat der Herr die meinen hiesigen Wirkungskreis bis dahin umgebenden [285] Dunkel herrlich aufgehellt, Ihm gebührt die Ehre“, schreibt er damals. Auf seinen Visitationsreisen, die er in den ihm unterstellten Gemeinden vornahm, fand er liebevolles Entgegenkommen. Die Gemeinden waren großen Theils mit Zöglingen des Basler Missionshauses und mit Schullehrern von Beuggen versehen und entwickelten sich meistens auf erfreuliche Weise, und das war wohl auch ihrem Oberhirten zu danken. Im Sommer 1830 aber wurde Tiflis von der Cholera heimgesucht und S. besuchte die Cholerakranken als treuer Seelsorger. Da ergriff auch ihn die Krankheit; alle angewandten Mittel wollten nicht helfen. Gegen Morgen des 28. August sagte er mit leiser Stimme: „Christus ist mein Leben und Sterben mein Gewinn.“ Nach 16stündigem Leiden hatte er vollendet.

Der Lebenslauf Saltet’s, bearbeitet von Dr. Lechler, steht im Basler Missionsmagazin 1853 II. und III. Heft.