Zum Inhalt springen

ADB:Schiemer, Leonhard

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schiemer v. Vöcklasbruck, Leonhard“ von Ludwig Keller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 183–184, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schiemer,_Leonhard&oldid=- (Version vom 27. Dezember 2024, 05:09 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Schiegg, Ulrich
Band 31 (1890), S. 183–184 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Leonhard Schiemer in der Wikipedia
Leonhard Schiemer in Wikidata
GND-Nummer 129494143
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|31|183|184|Schiemer v. Vöcklasbruck, Leonhard|Ludwig Keller|ADB:Schiemer, Leonhard}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=129494143}}    

Schiemer: Leonhard S. v. Vöcklasbruck (auch Leonhard v. Pruck genannt) war Täuferbischof in Oberösterreich, wurde enthauptet und verbrannt zu Rattenberg am Inn den 14. Jan. 1528. Seine Schriften und Lieder sind Jahrhunderte lang unter den Täufern in Ansehen gewesen. Er war der Sohn achtbarer Eltern, von denen er, wie er selbst erzählt, auf die Ehre und Furcht Gottes erzogen und fleißig in die Schule geschickt wurde. Er studirte zu Wien und an anderen Orten, um Geistlicher zu werden; nach Vollendung seiner Ausbildung trat er in das Franciscanerkloster zu Judenburg. Nachdem er sechs Jahre Mönch gewesen, verließ er unter den Eindrücken der beginnenden religiösen Bewegung sein Kloster und ging nach Nürnberg. In den Jahren 1523 oder 1524 kam er dort an, mithin zu einer Zeit, wo die religiöse Umwälzung der alten Reichsstadt sich vorbereitete und wo unter Anderen sein österreichischer Landsmann Hans Schlaffer (s. diesen), Johann Denck, Hans Hut, Ludwig Hätzer und andere nachmalige Führer der Täufer dauernd oder vorübergehend sich dort aufhielten. In Nürnberg erlernte er ein Handwerk und begab sich dann auf die Wanderschaft; in Nikolsburg hörte er die Predigt Hubmaier’s, der damals (1526) weit und breit bekannt war; in Wien empfing er von Oswald Glaidt die Spättaufe und ward alsdann wegen der gelehrten Vorbildung, die er empfangen hatte, bald zum Prediger und Lehrer gewählt und durch Handauflegung bestätigt; das geschah im Frühjahr 1527 zu Steyer. Nachdem er an vielen Orten in Oesterreich und Baiern gelehrt und getauft hatte, nahm er an der Täuferversammlung theil, die im August 1527 unter Denck’s und Hut’s Vorsitz zu Augsburg stattfand. Dort wurde er zum Wanderprediger erwählt und zog nach Baiern und Tirol. Hier fiel er am 25. Nov. 1527 im Rothenburger Gericht dem Richter in die Hände und ward nach Rattenberg ins Gefängniß abgeliefert. Der dortige Stadt- und Landrichter Barth. Angst ward angewiesen, ihm das Malefizgericht anzusetzen und „damit der gemeine Mann ein Ebenbild empfahe, sich der bösen, verführerischen Sekte und ketzerischen Lehre desto baß zu hüten“ das Recht über ihn ergehen zu lassen. Die Sache erregte Aufsehen und die Herzöge von Baiern verlangten seine Auslieferung. Die Regierung zu Innsbruck schlug dies Verlangen ab und am 14. Januar 1528 erfolgte, wie bemerkt, die Hinrichtung. – Von S. sind vier Sendschreiben, Episteln und Trostbriefe, eine „Verantwortung“ und ein „Bekenntniß,“ im ganzen also sechs kleine Schriften und ein Lied erhalten. Das letztere ist schon im 16. Jahrh. wiederholt gedruckt worden, die übrigen Tractate scheinen nur handschriftlich in den Täufergemeinden verbreitet worden zu sein.

v. Braght, Martelaarspiegel etc. 1685, II, S. 12 ff – Ottius, Annales Anabapt. 1672, S. 46. – Beck, Geschichtsbücher der Wiedertäufer u. s. w. 1883, S. 61 f. – Andr. Fischer, Taubenkobel der Wiedertäufer u. s. w. S. 40. – Zeitschrift der hist. Ver. f. Schwaben u. Neuburg I, S. 225. – [184] Keller, die Reformation u. s. w. 1885 S. 427. – J. Jäkel im 47. Jahresbericht des Museum Francisco-Carolinum zu Linz (1889) S. 29 u. S. 45 ff.