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ADB:Schimmelmann, Heinrich Carl Graf von

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Artikel „Schimmelmann, Heinrich Karl“ von Gottfried Heinrich Handelmann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 269–271, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schimmelmann,_Heinrich_Carl_Graf_von&oldid=- (Version vom 21. November 2024, 19:53 Uhr UTC)
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Schimmelmann: Heinrich Karl S., geboren zu Demmin in Pommern am 13. Juli 1724, war der Sohn des Kaufmanns und Rathsherrn Dietrich Jakob S. daselbst und widmete sich dem väterlichen Berufe. Nachdem er in Stettin die Handlung erlernt hatte, begab er sich nach Ausbruch des zweiten schlesischen Krieges zur preußischen Armee und erwarb durch allerlei Geschäfte einige tausend Thaler, welche bei seiner Gefangennahme durch sächsische Ulanen wieder verloren gingen. Nach dem Dresdener Frieden erhielt er durch die Gunst des sächsischen Ministers Graf v. Brühl eine theilweise Entschädigung und etablirte darauf in Dresden eine Materialhandlung, welche er aber bald wieder aufgab. In Verbindung mit dem Geh. Kriegsrath Graf Bolza (s. A. D. B. III, 116) pachtete er 1755 die Einkünfte der Generalaccise in ganz Kursachsen (bis auf Leipzig, Langensalza und Forste); und als bei der nach Ausbruch des Siebenjährigen Krieges erfolgten preußischen Occupation diese Pachtung ein Ende nahm, wußte S. durch seine Kenntniß und Geschicklichkeit im Steuerfach sich bei dem preußischen Kriegscommissariat nutzbar und beliebt zu machen und übernahm zusammen mit F. B. Schönbergk v. Brenkenhoff (s. A. D. B. III, 307) die Hauptgetreidelieferungen für die preußische Armee. Als Friedrich II. die Vorräthe der Meißener Porcellanfabrik confiscirte und Kaufmann Wegeli in Berlin [270] dies ihm angetragene Geschäft ablehnte, überließ der König dasselbe an S., welcher um 1760 sich in Hamburg etablirte und dort Jahrelang das Meißener Porcellan verauctionirte. Auch bezog der preußische König seine englischen Subsidien durch S., nicht minder viele Armeevorräthe aus und über Hamburg. Gleichzeitig pachtete S. die Münze zu Plön in Holstein und ließ (wie viele andere Speculanten nach dem Vorbilde des großen Königs) durch den Münzmeister Sylm daselbst sehr geringhaltiges Geld unter anhalt-zerbstischem Stempel prägen, welcher Münzsorte durch Rescript vom 18. November 1761 der Eingang in Preußen verwehrt wurde. Inzwischen hatte S., dessen Vermögen bereits nach Millionen zählte, Verbindungen in Dänemark angeknüpft, wo sich ihm eine glänzende Laufbahn eröffnete. Er wurde von dem dänischen Könige Friedrich V. 1761 zum General-Commerz-Intendanten und zum Gesandten im niedersächsischen Kreise ernannt; am 17. April 1762 in den dänischen Freiherrnstand erhoben und mit dem Danebrogorden beliehen; 1764–65 auch mit dem Titel eines königlichen Schatzmeisters und Geheimen Raths. Unter dem Nachfolger Friedrich’s V., König Christian VII., welchen S. auf seiner Reise ins Ausland 1768 begleitet hatte, erhielt er den Elephantenorden am 16. November 1773 und den Grafentitel am 8. April 1779. In Hamburg, wo S. sein Comtoir und seinen Wohnsitz als Gesandter behielt, vermittelte er 1762 die erzwungene Anleihe von 1 Million Banko-Species Thaler an Dänemark und unterhandelte zusammen mit dem großfürstlichen Minister Kaspar v. Saldern (s. A. D. B. XXX, 213) den Gottorper Vertrag vom 27. Mai 1768, durch welchen die Reichsfreiheit der Stadt seitens des Gesammthauses Holstein definitiv anerkannt wurde. In Schleswig-Holstein pflegte man S. als den Haupturheber der Anlage des schleswig-holsteinischen Canals zwischen Nordsee und Ostsee zu betrachten, dessen völlige Ausführung er allerdings nicht erlebte, und der auch die daran geknüpften Hoffnungen für den Handelsverkehr nicht erfüllt hat. S. erwarb allmählich in verschiedenen Theilen der dänischen Monarchie großen Grundbesitz: in Dänemark die Baronie (nachmals Grafschaft) Lindenborg und die bisher königliche Gewehrfabrik bei Kronborg, in Holstein die Güter Ahrensburg und Wandsbeck, außerdem die bisher königlichen Plantagen auf den dänisch-westindischen Inseln u. s. w. Was die Finanzwirthschaft Schimmelmann’s anbetrifft, so sind darüber schon zu seiner Zeit sehr verschiedene Urtheile laut geworden, und man hat ihn wohl am treffendsten geschildert als einen einsichtsvollen, erfinderischen, unverdrossenen, ehrliebenden, dreisten, standhaften und glücklichen Mann, der seinen eigenen Vortheil mit dem der Staatskasse zu verbinden wußte und am Ende ein Vermögen von 7–8 Millionen Reichsthaler hinterließ. In seiner Doppelstellung als hamburgischer Kaufmann und dänischer Staatsmann hatte er den steigenden und fallenden Cours des dänischen Papiergeldes (Bankozettel) in Händen. Er fühlte, daß er viel wagen konnte, weil ihn keiner von seinen Neidern an Einsicht in seinem Fache übertraf und weil er im stande war, durch seinen Reichthum den Credit des Staates zu unterstützen. So behauptete er bis an seinen Tod (23. Januar 1782) sein Ansehen und seinen Einfluß. Manche der von ihm veranlaßten Maßregeln: die sogenannte Kopfsteuer (1 Rthlr. jährlich die Person ohne Unterschied des Standes und Vermögens), die Umwandlung der Kopenhagener Privatbank in eine königliche und die danach folgende beliebige Vermehrung des Papiergeldes, die theilweise oder gänzliche Entwerthung kupferner Scheidemünze, welche in Kopenhagen und Hamburg Aufläufe hervorrief, die Zahlenlotterie in Kopenhagen, Wandsbeck und Altona dürften nicht allein von heutigen Gesichtspunkten aus bedenklich erscheinen. Doch wird andererseits nicht zu läugnen sein, daß Schimmelmann’s Beispiel und Capital wesentlich zur Hebung des Handels und Gewerbfleißes mitgewirkt haben. Ein bei der Kopenhagener [271] Börse projectirtes Marmordenkmal Schimmelmann’s kam nicht zu Stande.

G. P. Petersen, Neue Schleswig-Holsteinische Provinzialberichte, 1814, S. 229–255 (aus dem Dänischen des J. Kragh Höst übersetzt, mit Schlußbemerkung des Herausgebers). – H. Petrich, Pommersche Lebens- und Landesbilder, I, 277 ff., 418, Hamburg 1880.

Graf Ernst Heinrich Schimmelmann, geboren zu Dresden am 4. Dec. 1747, † zu Kopenhagen am 9. Febr. 1831 kinderlos, war der älteste Sohn des Vorigen. Nach beendigter Erziehung kam er zu seiner weiteren Ausbildung nach Genf und Lausanne und machte eine größere Reise durch die Schweiz, Oberitalien, Frankreich, Deutschland und England. Der Einfluß seines Vaters bahnte ihm den frühen und erfolgreichen Eintritt in den Staatsdienst: er wurde Conferenzrath, am 16. Februar 1768 Kammerherr und avancirte allmählich weiter bis zum Commerzminister 1782 und Finanzminister 1784, in welcher Stellung er bis 1814 blieb. Nach dem Tode seines Vaters erbte er die Grafschaft Lindenborg und die Kopenhagener Besitzungen, während die westindischen Plantagen im ungetheilten Besitze der Familie blieben. 1788 wurde er Mitglied des geheimen Staatsrathis und am 30. Juli 1790 Ritter des Elephantenordens. An der Verordnung vom 16. März 1792, wodurch die Sklaveneinfuhr nach den dänisch-westindischen Inseln und der Sklavenhandel mit Ende des Jahres 1802 abgeschafft wurden, sowie an der Verbesserung des Zustandes der Negersklaven hat S. als Staatsmann und Plantagenbesitzer den hervorragendsten Antheil gehabt. Auch sonst betheiligte er sich gern und vielfach an wohlthätigen und humanen Bestrebungen und förderte Litteratur und Wissenschaft. Am berühmtesten ward sein Name, als er gemeinsam mit dem Herzoge Friedrich Christian von Schleswig-Holstein-Sonderburg-Augustenburg („zwei Freunde, durch Weltbürgersinn mit einander verbunden“) durch Schreiben vom 27. November 1792 dem kränkelnden Dichter Friedrich Schiller auf drei Jahre ein jährliches Geschenk von 1000 Thalern widmete. Was Schimmelmann’s Finanzpolitik anbetrifft, so ist der schwerste Vorwurf, daß er – als die bewaffnete Neutralität und nachher der Krieg die größten Anforderungen stellten – der maßlosen Vermehrung des unfundirten Papiergeldes (Bankozettel), wozu die seit 1773 königliche Bank eine allzu bequeme Handhabe bot, sich nicht widersetzte. Diese Zettelschuld stieg in den Jahren 1800–1814 von 10½ Millionen auf 142 Mill. Thaler und verfiel am Ende einer vollständigen Entwerthung. Auch die Stiftung der Reichsbank 1813, zu deren Fundirung alles Grundeigenthum mit einer Abgabe von 6 Prozent des Werthes belegt wurde, erfuhr mit Recht bitteren Tadel. Als S. 1814 das Finanzministerium niederlegte, konnte man ihm nur seine Uneigennützigkeit und seine eigenen großen Verluste nachrühmen. Während der dänische König Friedrich VI. und sein Minister Rosenkranz zum Wiener Congreß (1814–15) waren, wurde S. mit dem Ministerium des Auswärtigen betraut. Nach Rosenkranz’ Tode übernahm er dasselbe Ministerium und behielt es bis an seinen Tod (1824–31), aus welcher Periode insbesondere die Handelstractate Anerkennung verdienen.

Vgl. die Aufsätze von H. C. Oersted und J. Möller in Falck’s Neuem staatsbürgerlichen Magazin, Bd. I (1833), S. 413–39 und Bd. II (1834), S. 406–436. – Rud. Schleiden, Jugenderinnerungen eines Schleswig-Holsteiners, S. 58 f.