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ADB:Schliephake, Theodor

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Artikel „Schliephake, Theodor“ von Eduard Ausfeld in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 519–520, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schliephake,_Theodor&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 23:15 Uhr UTC)
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Schliephake: Theodor S., Philosoph und Geschichtsschreiber, am 28. April 1808 in dem hannöverschen Dorfe Dörnten bei Goslar als Sohn des dortigen Pfarrers geboren, erhielt seine Gymnasialbildung zu Wolfenbüttel. Auf der Universität Göttingen widmete er sich von seinem 18. Lebensjahre ab vorzüglich philosophischen Studien. Der Verkehr mit dem damals dort lebenden Philosophen K. Chr. Fr. Krause übte eine mächtige Wirkung aus S. aus und es scheint ihn gerade dieser Umgang ganz für das Studium der Philosophie gewonnen zu haben. Zu seinen Studien- und Gesinnungsgenossen, namentlich als Anhänger Krause’s, gehörten in Göttingen u. a, die späteren Professoren Herm. Freiherr v. Leonhardi, K. Röder und H. Ahrens. Nach erlangter Promotion – die Dissertation behandelte die Pythagoreische Philosophie – lag S. in Dresden Kunststudien ob, um alsdann eine Lehrerstelle an der Zipf’schen Erziehungsanstalt in Hanau zu übernehmen. Als Hauslehrer später öfters in Heidelberg verweilend, war es ihm so willkommen, daselbst reiche geistige Nahrung zu finden, daß er sich entschloß, sich ganz hier niederzulassen und als Lehrer in dem Kayser’schen Institute einzutreten. Im J. 1837 als außerordentlicher Professor der Geschichte der Philosophie nach Brüssel berufen, wirkte er dort zugleich mit seinem Studienfreunde Ahrens fünf Jahre lang und gab sich weiteren eifrigen Forschungen auf dem Gebiete der griechischen Philosophie hin. Jedoch entsagte S. der akademischen Laufbahn im J. 1843, als die Aufforderung an ihn erging, Lehrer und Erzieher der Kinder zweiter Ehe des 1839 verstorbenen Herzogs Wilhelm von Nassau zu werden. Er siedelte nach Wiesbaden über, um hier in treuer Ausübung seines Berufes, die ihm den Titel eines herzogl. geheimen Hofrathes eintrug, bis zum Jahre 1856 zu leben und dann eine Stellung als Director der nassauischen Staatsarchive am Sitze des Centralarchivs in Idstein anzutreten. Nicht ganz zwei Jahre blieb S. in Idstein; es ist wohl keine Frage, daß er sich aus engen Verhältnissen heraus nach einer Thätigkeit sehnte, die ihm gestatten würde, als Mensch auf Menschen zu wirken, wie er es früher als Lehrer der Philosophie gekonnt. An der Heidelberger Universität hoffte er den gewünschten Wirkungskreis zu finden. Eine außerordentliche Professur der Philosophie daselbst ward ihm 1857 angetragen; bald eine ordentliche zu erlangen hatte er, wie es scheint, begründete Hoffnung, die sich aber, wohl infolge lebhafter Gegenströmungen, nicht erfüllen sollte. Was an ihm war, that er indessen redlich, um seinen Zuhörerkreis mit den Lehren seiner Wissenschaft im weitesten Umfange vertraut zu machen; es ist bezeugt, daß seine Lehrgabe seinem gründlichen Wissen entsprach. In Heidelberg starb S. am 8. September 1871, aufrichtig betrauert von einer großen Schaar warmer Freunde und Verehrer.

Schliephake’s eigentliches Arbeitsfeld war, wie aus dem oben Gesagten hervorgeht, die Philosophie. Außer Aufsätzen in verschiedenen Zeitschriften („Die Neue Zeit“. „Heidelberger Jahrbücher der Literatur“. Fichte bezw, Ulrici „Zeitschrift für Philosophie“ etc.) hat er zwei philosophische Schriften: „Die Grundlagen des sittlichen Lebens“ (1855), und „Einleitung in das System der Philosophie“ (1856) veröffentlicht, in welchen er sich vorzugsweise an seinen Lehrer Krause anschließt, ohne jedoch den selbständigen klaren Forscher zu verleugnen. [520] Während seines Aufenthalts in Wiesbaden und Idstein war S. auch dem Gebiete der nassauischen Geschichte nahe getreten. Die herzogliche Regierung beauftragte ihn, die Geschichte des Landes und der Landesherrn, insbesondere der Walramischen, später herzoglichen Hauptlinie des Hauses Nassau zu schreiben, und er unterzog sich dieser Aufgabe nicht nur mit größter Gewissenhaftigkeit, sondern auch mit höchst anerkennenswerthem Geschick, wie es von allen denen gewürdigt worden ist, die sich einen Begriff von der Schwierigkeit des Unternehmens machen konnten. Der Geist, in welchem S. arbeitete, spricht sich am besten in seiner Vorrede zum ersten Bande seiner „Geschichte von Nassau“ (1866) aus: „Das Bekenntniß des Geschichtsschreibers ist ein ganz einfaches, es lautet auf aufrichtige vaterländische Gesinnung“. Daß er nicht in Nassau geboren und aufgewachsen war, verminderte nicht die treue Hingebung an seine Arbeit und die herzogliche Regierung vertraute ihm mit Recht, „er werde sich in seiner Geschichtsbehandlung einzig und allein an die Wahrheit der Thatsachen halten“. Leider sollte S. sein Geschichtswerk nicht zu Ende führen: noch ehe das Manuscript des vierten Bandes, bis zum Jahre 1355 reichend, gedruckt war, starb er. Professor Karl Menzel in Bonn übernahm jedoch die Herausgabe dieses Bandes und vollendete in vortrefflicher Weise das Werk, indem er in weiteren drei Bänden die Geschichte Nassaus bis zum Jahre 1816 fortführte.

Beilage der Augsb. Allgem. Zeitung Nr. 259 vom 16. Septbr. 1871. – Familiennachrichten.