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ADB:Schmalz, Friedrich

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Artikel „Schmalz, Johann Leberecht Friedrich“ von Ludwig Stieda in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 621–624, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmalz,_Friedrich&oldid=- (Version vom 26. November 2024, 18:02 Uhr UTC)
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Schmalz: Johann Leberecht Friedrich S., hervorragender Landwirth, wurde am 25. Juni 1781 in Wildenborn bei Zeitz geboren; sein Vater war daselbst Pächter eines Ritterguts. Nachdem der Knabe die erste Erziehung im elterlichen Hause erhalten, besuchte er eine Zeit lang das Gymnasium zu Gera, woselbst der Pfarrer Thamerus sich seiner wohlwollend annahm und ihn in den Naturwissenschaften unterrichtete. Daneben wurde der junge S. in seinen Mußestunden zu allerlei landwirthschaftlichen Arbeiten angehalten: vor allem mußte er den Blumen-, Obst- und Gemüsegarten des Pfarrers besorgen und die Aecker, [622] sowie die Brennerei und Brauerei beaufsichtigen. Im J. 1795 kam er auf das Gut eines Oheims, um daselbst die Landwirthschaft praktisch zu erlernen; doch mußte er bereits nach einem halben Jahre in sein elterliches Haus zurückkehren; sein Vater war gestorben und er sollte die Mutter in der Leitung des Pachtgutes unterstützen. Allein die Mutter mußte bald ihre Pachtung aufgeben, weil das Gut verkauft wurde und der junge S. zog nun zu einem Verwandten auf ein Landgut bei Meißen. Während er sich hier in der praktischen Landwirthschaft weiter ausbildete. studirte er gleichzeitig unter Anleitung des Artillerieofficiers Kühlemann (oder Rühlmann?) Mathematik und trieb landwirthschaftliche Baukunde. In der Folge wurde er veranlaßt, im Auftrage des Hausmarschalls v. Berlepsch auf dessen Gute Proschwitz bei Meißen mehrere Gebäude aufzuführen und verschiedene Pläne zur Aufbesserung der Wirthschaft und zur Vervollkommnung der ausgedehnten Gartenanlagen anzufertigen. Sehr lehrreich war es für S., daß der Herr v. Berlepsch ihn auf eine Reise mitnahm, bei der Berlin, Potsdam, Dessau und Wörlitz besucht wurden. Nachdem S. den Dienst des Herrn v. Berlepsch verlassen hatte, verlebte er den folgenden Winter in Dresden und beschäftigte sich namentlich mit Technologie unter Anleitung des Architekten Speck. Dann wandte er sich nach Jena und hörte daselbst kurze Zeit Vorlesungen über Chemie bei Göttling. Ein halbes Jahr war er auf dem Rittergut Breitenfeld bei Leipzig als Verwalter thätig und trat dann in den Dienst des Grafen Marcolini, des damaligen Günstlings des Kurfürsten. Er mußte vor dem schwarzen Thore bei Friedrichstadt-Dresden ein kleines Vorwerk mit Gartenanlagen versehen und zugleich eine kleine Wirthschaft beaufsichtigen; es blieb ihm Zeit genug übrig, um dabei die Thierarzneischule zu Dresden zu besuchen und auf der Bibliothek sehr eifrig alles zu lesen, was auf englische Landwirthschaft sich bezog. 1803 gab er die Stelle beim Grafen Marcolini auf und wurde Inspector eines großen Gutes im sächsischen Erzgebirge, doch konnte er hier aus Mangel an Geldmitteln nicht hinreichend wirken. Er sehnte sich nach einer selbständigen Stellung und fand eine solche, indem er mit Unterstützung einiger Freunde 1804 das Rittergut Zangenberg bei Zeitz pachtete; als dasselbe schon nach 2 Jahren verkauft wurde, nahm er das Gut Ponitz bei Altenburg in Pacht. Hier in Ponitz ging es ihm im ganzen gut; er verbrachte daselbst die Zeit von 1806–1811; er nahm junge Leute zu sich, um sie in der Landwirthschaft auszubilden; zu seiner Unterstützung im Unterricht kam aus Altenburg der Chemiker Gleitsmann regelmäß1g allwöchentlich einen Tag nach Ponitz und hielt daselbst Vorträge über Agriculturchemie. Leider wurde S. durch die politischen Wirren des Jahres 1811 genöthigt, seine Pacht mit Verlust aufzugeben: er zog nun nach Dresden und benutzte die unfreiwillige Muße, um einige litterarische Arbeiten auszuführen, die ihm den Weg zu fernerem Fortschritte bahnen sollten. Er veröffentlichte den ersten Band „Erfahrungen im Gebiete der Landwirthschaft“, Leipzig 1813 und erwarb sich dadurch sofort allgemeine Anerkennung in landwirthschaftlichen Kreisen; bisher hatte er nur einzelne Aufsätze in Thaer’s Annalen des Ackerbaus und in Schnee’s landwirthschaftlicher Zeitung erscheinen lassen. Im J. 1812 zog er nach Preußen und übernahm die Güter Kussen und Neuweide bei Gumbinnen. Ob er die Güter auf eine Aufforderung der preußischen Regierung in Pacht nahm, wie der Biograph im N. Nekrolog der Deutschen berichtet oder ob er die Güter kaufte (Recke-Napiersky), ist unentschieden. Hier ging es ihm sehr schlecht: infolge der unruhigen politischen Zustände – im Sommer 1812 zog die sog. große Armee der Franzosen durch Preußen nach Rußland – erlitt er schwere Verluste; er verlor den größten Theil seiner in Sachsen zurückgelassenen Merinoheerde. Allein es gelang ihm durch Energie, Fleiß und praktische Erfahrung das Gut doch in die Höhe zu bringen: er führte Sommerstallfütterung des Rindviehes ein, gründete [623] eine echte Merinoschäferei nebst Schäfereischule, richtete eine gute Brennerei ein u. s. w. In einer besonderen Schrift: „Landwirthschaftliche Berichte aus Kussen“. I. Bd., 1. Stück. Gumbinnen 1814 und „Ueber meine Wirthschaften in Kassen und Neuweide“ (Gumbinnen 1829) berichtete er über die glücklich durchgeführten Verbesserungen. Durch seine landwirthschaftlichen Schriften, durch seine Schäfereischule und durch sein Beispiel wirkte S. anregend auf die Landwirthschaft in Ostpreußen; als 1821 die landwirthschaftliche Gesellschaft in Littauen gestiftet wurde, wurde S. zum Secretär gewählt; er blieb in dieser Stellung, bis 1829 der Ruf aus Dorpat an ihn gelangte. Nachdem an der 1802 gegründeten Universität zu Dorpat der bisherige Professor der Architektur, Oekonomie und Technologie Krause gestorben war, wurde die Architektur von den andern beiden Fächern getrennt und für dieselbe eine neue außerordentliche Professur gestiftet, während für die Oekonomie und Technologie S. berufen wurde, weil derselbe – wie es in der Präsentationsschrift heißt – nicht nur als praktischer Oekönom in ausgezeichnetem Rufe stehe, sondern sich auch vielfach schriftstellerisch thätig erwiesen habe. Obgleich der Landstallmeister Burgsdorf, sein Freund, außerordentlich sich bemühte, ihn in Preußen zurückzuhalten, so nahm er doch den Ruf an, in der sicheren Ueberzeugung, daß sich ihm in Dorpat als akademischem Lehrer ein weiteres Feld der Wirksamkeit eröffne, als bisher ihm beschieden gewesen war. Kurz vor seiner Uebersiedelung nach Dorpat hatte er von der Universität zu Jena den Grad eines Dr. phil. erhalten. Am 24. October 1829 traf S. in Dorpat ein; er hatte am 11./23. October Kussen verlassen und die Reise – für die damalige Zeit charakteristisch – in eigener Equipage zurückgelegt. In Dorpat wurde S. sehr bald einheimisch. Er ist ein außerordentlich thätiges und fleißiges M1tglied der Universität gewesen und hat als Schriftsteller, als Lehrer, als praktischer Landwirth, als Verwaltungsbeamter durchweg mit Erfolg gearbeitet und Anerkennung gefunden. Er blieb in Dorpat bis zum Jahre 1845. Er war wiederholt Decan, war Mitglied der Baucommission, hielt neben seinen ihm als Professor der Landwirthschaft zustehenden akademischen Vorlesungen noch weitere über landwirthschaftliche Baukunst, sowie populäre Vorträge über Technologie. Besonderes Verdienst erwarb sich S. um die Gründung einer landwirthschaftlichen Lehranstalt 2 Meilen von Dorpat auf dem Gute Kusthof; die Anstalt wurde am 2./14. Mai 1834 feierlich eröffnet. S. verlebte den Sommer von Anfang Mai bis Ende September alljährlich in der Anstalt, um die daselbst zahlreich Studirenden praktisch zu unterrichten; neben ihm war sein Sohn Hermann als Inspector angestellt. Die Anstalt bestand nur bis zum Jahre 1839 und wurde dann aufgehoben. S. machte wiederholt von Dorpat aus Reisen in’s Innere des russischen Reiches, um sich mit der russischen Landwirthschaft bekannt zu machen, so im Sommer 1834. Ein Bericht darüber ist gedruckt in Andrée’s öconomischen Neuigkeiten und Verhandlungen, 1836, Nr. 5 (Bemerkungen auf einer Reise durch das Innere Rußlands), ferner ein Auszug aus seinem Reisetagebuch im (russischen) Journal des Ministeriums des Innern, 1837, Nr. 9 (S. 475–506). Im Sommer 1837 bereiste er Südrußland und die Krim, um dort Schafzucht, Anbau von Wein, Oliven, Baumwolle, Thee u. a. zu studiren. Im J. 1839 bereiste er Süddeutschland und machte wiederholt Reisen nach Preußen, um sein Landgut Kussen zu besuchen. Im J. 1845 nahm S. seinen Abschied und verließ mit einer Pension für 15jährigen Dienst im Mai Dorpat und zog sich nach seinem Gute Kussen zurück, um dasselbe selbst zu bewirthschaften. Im April 1847 reiste er mit seiner jüngsten Tochter Clara zu seinem Bruder Wilhelm, um dessen goldenes Hochzeitsfest in Glaubitz bei Großenhain zu feiern. Von hier besuchte er seinen anderen Bruder K. Gustav, der als prakt. Arzt in Dresden lebte, erkrankte in dessen [624] Hause an einem gastrisch-nervösen Fieber und starb daselbst am 11./23. Mai; beerdigt wurde er in Glaubitz. Seine Frau Amalie Auguste geborene Klunze aus Kaina bei Zeitz war bereits am 22. September 1843 in Dorpat gestorben, wurde aber in Kussen bestattet. Er hinterließ 6 Kinder, zwei Söhne und vier Töchter. Der eine Sohn, Hermann, war kaiserl. russ. Domainenrath in St. Petersburg, der andere, Gustav, bewirthschaftete das Gut Neuweide, von seinen vier Töchtern wurden drei in Rußland, eine in Sachsen verheirathet. S. war neben seiner praktischen Beschäftigung als Landwirth und Lehrer außerordentlich thätig als Schriftsteller und wirkte als solcher nicht nur belehrend, sondern auch anregend. Von seinen Werken seien hier noch ferner genannt: „Erfahrungen im Gebiete der Landwirthschaft“, 7 Bände, Leipzig 1818–1842; „Mittheilungen aus dem Gebiete der Landwirthschaft“, 3 Bände, Leipzig 1828 (in Gemeinschaft mit Koppe, Schweitzer und Teichmann); ferner: „Anleitung zur Zucht, Pflege und Wartung edler und unveredelter Schafe“, 2 Aufl., Königsberg 1833; „Thierveredlungskunst“. Mit einem Atlas. Königsberg 1837; „Jahrbuch der Preuß. Landwirthschaft“, 3 Bde. (Bartenstein 1819, Tilsit 1820 u. 21); „Landwirthschaftliche Mittheilungen“, 5 Bände. Gumbinnen, Königsberg und Dorpat 1824–1830. Außerdem hat er eine große Menge einzelner Abhandlungen in verschiedenen Journalen veröffentlicht. Ein vollständiges Verzeichniß seiner Schriften findet sich in Recke-Napiersky, 4. Bd., S. 91–99 und in Beise’s Nachträgen, 2. Bd., S. 175–177.

Neuer Nekrolog der Deutschen, 25. Jahrgang 1847, I. Th. Weimar 1849 (S. 378–382); dieser Nekrolog ist dann auch in andere Bücher übergegangen, z. B. in W. Löbe’s Abriß der Geschichte der deutschen Landwirthschaft. Berlin 1873, S. 106–111.