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ADB:Schmidt, Isaac Jacob

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Artikel „Schmidt, Isaac Jacob“ von Richard Hoche in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 31 (1890), S. 750–751, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schmidt,_Isaac_Jacob&oldid=- (Version vom 18. November 2024, 06:40 Uhr UTC)
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Band 31 (1890), S. 750–751 (Quelle).
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Schmidt: Isaac Jacob S., hervorragender Kenner der ostasiatischen Sprachen, 1779–1847. Er wurde in Amsterdam – nicht in Rostock, wie Brockhaus’ Conv.-Lex. angiebt – als der Sohn eines reichen dortigen Bürgers und Kaufmanns am 14. October 1779 geboren, wurde als sechsjähriger Knabe in die Erziehungsanstalt der Brüdergemeinde in Neuwied gebracht und blieb dort bis 1791, wo die durch die französische Revolution am Rhein hervorgerufenen Beunruhigungen den Vater veranlaßten, den Sohn nach Amsterdam zurückzuholen und ihn hier von Privatlehrern weiter bilden zu lassen. Da das elterliche Vermögen durch die politischen Verhältnisse empfindlich geschädigt war, mußte sich der Vater entschließen, eine ihm gebotene Beamtenstellung in Java anzunehmen, der Sohn dagegen wandte sich 1798 als neunzehnjähriger Jüngling – „meo usus consilio“ – nach Petersburg und ging von dort nach Sarepta an der Wolga. Hier erhielt er eine Stellung in dem Handelsgeschäfte der Brüdergemeinde und fand dadurch Gelegenheit, mit den Völkerschaften der benachbarten asiatischen Gegenden, vorzugsweise mit den Kalmüken, bekannt zu werden. Nachdem er deren Sprache, zu deren Erlernung es litterarische Hülfsmittel damals noch nicht gab, sich angeeignet, hat er drei Jahre hindurch – 1804–1806 – bei verschiedenen Horden sich aufgehalten, mit diesen die Steppen zwischen Wolga, Don und Kaukasus durchwandert und sich so eine gründliche Kenntniß dieses Volkes, seiner Sitten, Anschauungen und Sprache erworben. Im J. 1807 stellte die Brüdergemeinde S. an die Spitze ihrer Handelsniederlassung in Saratow, versetzte ihn aber bereits 1811 in die gleiche Stellung nach Moskau. Der Brand von 1812 vernichtete auch das Geschäftshaus der Herrnhuter, traf aber S. besonders hart, da seine sämmtlichen, mit unablässigem Eifer, großer Mühe und vielen Kosten zusammengebrachten Sammlungen auf dem Gebiete der mongolischen Völker- und Sprachenkunde verloren gingen und nur zum Theil allmählich ersetzt werden konnten. Da S. in Petersburg, wohin er sich mit seiner Gattin geflüchtet hatte, zu bleiben wünschte, so stellte ihn die Sareptanische Brüdergemeinde an die Spitze des dortigen Handelsgeschäftes; bald darauf wurde er auch in den Vorstand der damals in Rußland begründeten Bibelgesellschaften gewählt. Diese Stellung, in der er auch das ganze Kassenwesen zu leiten hatte, gab ihm den nächsten Anlaß, eine Uebersetzung des neuen Testamentes in die kalmükische und mongolische Sprache zu unternehmen. Bereits 1815 erschien das „Evangelium St. Matthaei in linguam Calmucco-Mongolicam translatum“, dessen Druck unter seiner unmittelbaren persönlichen Leitung und Aufsicht hergestellt war, 1817 folgte eine „Kurze Darstellung der christlichen Glaubenslehre in kalmükischer Sprache“, 1818 „Zwei religiöse Traktätchen in mongolischer Sprache verfaßt“. – Um sich ausschließlich diesen Studien widmen zu können, trat S. 1819 von der kaufmännischen Thätigkeit ganz zurück; die Herstellung des Druckes des ganzen neuen Testamentes in beiden genannten Sprachen, zu welcher erst neue Typen nach Schmidt’s Anleitung hatten angefertigt werden müssen, war fast vollendet, als die russische Regierung die Bibelgesellschaften aufhob und damit auch das große Unternehmen Schmidt’s zum Stillstand brachte, wenigstens das Erscheinen der Bibelübersetzung vorläufig unmöglich machte. Erst 1827 haben die beiden Uebersetzungen ausgegeben werden können. – Vom Jahre 1824 an veröffentlichte S. in zahlreichen Einzelschriften und Abhandlungen in Zeitschriften die Ergebnisse seiner asiatischen Studien; hervorzuheben sind hier die „Forschungen im Gebiete der älteren religiösen, politischen und litterarischen Bildungsgeschichteder Völker Mittelasiens, vorzüglich der Mongolen und Tibeter“ (1824); „Philologisch-kritische Zugabe zu den von … Rémusat bekannt gemachten … Originalbriefen der Könige von Persien, Argun und Oldhäitu an Philipp den Schönen“ (1824); ferner die Ausgabe und [751] Uebersetzung der 1662 von dem mongolischen Chan Ssanang-Ssetsen-Changtaidschi verfaßten Geschichte der Ostmongolen (1829), die „Grammatik der mongolischen Sprache“ (1831), sowie ein Wörterbuch derselben (1835). Eine Ausgabe der mongolischen Heldengedichte „Die Thaten Gesser-Chan’s“ erschien 1836, deutsch 1839, die „Grammatik der tibetischen Sprache“ 1839, das „Wörterbuch der tibetischen Sprache“ 1841. Von besonderem Werthe für das Studium der tibetischen Sprache ist „Der Weise und der Thor“, Original und deutsche Uebersetzung 1848, das erste in tibetischer Sprache in Europa gedruckte Buch, und der „Inder des Kandjur“ 1845. – Die Fortsetzung dieser werthvollen Arbeiten, welche S. zu einem weit bekannten und anerkannten Manne machten, wurde leider durch ein von 1842 an sich ausbildendes Augenleiden unmöglich gemacht. Er erblindete auf beiden Augen, erlangte zwar nach zweijähriger Entbehrung des Augenlichts durch eine glückliche Operation die Sehkraft des einen Auges wieder, kränkelte aber dann fortwährend, bis er am 8. September (27. August a. St.) 1847 in Petersburg starb. Seine wissenschaftlichen Verdienste waren in Rußland durch seine Ernennung zum Mitgliede der Petersburger Akademie und zum wirklichen Staatsrathe, sowie durch vielfache Ordensverleihungen anerkannt; die Doctorwürde hatte ihm die Universität Rostock 1827 verliehen, die verschiedensten europäischen und asiatischen gelehrten Institute (London, Paris, Calcutta u. a.) hatten ihm ihre höchsten Ehren zugewendet. – Die zahlreichen, oben nicht genannten kleineren Schriften Schmidt’s befinden sich fast sämmtlich in den Bulletins der historisch-philologischen Klasse der Petersburger Akademie.

Eine Biographie Schmidt’s giebt es nicht. Für die vorstehenden Mittheilungen ist die Hauptquelle der von ihm selbst der Universität Rostock 1827 eingereichte Lebensabriß (im dortigen Univ.-Archiv). Einiges enthält auch der Nachruf von Fuß im Bulletin de la classe historico-philologique de l’acad. de St. Petersbourg, Tom. V 1848 (Sitzung vom 28. December 1847 a. St.). – Kurze Notizen im Nekrolog d. D. f. 1847 II, 951, in der Allgemeinen Zeitung von 1847, Nr. 268 und in Brockhaus’ Conv.-Lex. (s. jedoch oben).